Finanzierung der Guerilla

Mal wieder gab es mediale Debatten darüber, dass die aufständische Bewegung eine revolutionäre Finanzierungspolitik in den Regionen betreibt, wo sie mehr oder weniger ihre politisch-militärische Macht ausübt. Vor weg gilt die Frage, wir hatten dies in den letzten Jahren häufig in unseren Artikeln gestellt, welche legale Finanzierungspolitik soll eine illegalisierte aufständische Organisation denn betreiben? Demzufolge sind in einer illegalen Organisation alle Tätigkeiten illegal, nicht nur die der politischen Arbeit und Rekrutierung, sondern eben auch die der Finanzierung.

Im konservativen Huila, eine zentralen Provinz in Kolumbien, die jedoch eine wichtige geostrategische Rolle der aufständischen Bewegung spielt und die an ihren Rändern mit den Kordilleren bedacht ist, ein wichtiges Rückzugsgebiet der FARC-EP und zugleich Korridor zwischen den verschiedene Strukturen der Guerilla, ereifert man sich wieder einmal an der revolutionären Praxis zu Finanzierung. Im Mittelpunkt steht das Gebiet rund um die Gemeinde Villavieja, kontrolliert durch die Front Darío Gutiérrez, die dem Ostblock Jorge Suárez Briceño unter dem Zentralen Generalstab der FARC-EP zugehörig ist.

Hier werden seit einiger Zeit bestimmt Händler, Transportunternehmen und Wirtschaftsleute mit einer Revolutionssteuer bedacht, die sich an dem Gewinn des jeweiligen Unternehmens orientieren. Darunter fallen durchaus bekannte Transportunternehmen, die auch am Tourismus der nahen Sehenswürdigkeit der Tatacoa-Wüste verdienen, sowie reiche Viehhändler und Wirtschaftsunternehmen. Die einfache lokale Bevölkerung ist von der Revolutionssteuer ausgenommen, was soll bei dem Ärmsten der Armen auch geholt werden?

Angewiesen werden die diejenigen Personen, die von der Revolutionssteuer betroffen sind, häufig mittels persönlicher Ansprache oder durch Mitteilungen in Form von Anschreiben, um an einem Treffen mit weiteren Informationen teilzunehmen: „Freunde, ihr sprecht mit Cristian von der hiesigen Front Darío Gutierrez der Farc Ep. Ich schreibe ihnen, um sie darüber zu informieren, dass wir sie brauchen, um an einem Treffen teilzunehmen, wie es jeder tut. Der Grund des Treffens ist, damit sie uns kennen und wissen, dass wir hier sind und das andere ist, um das Thema der jährlichen Steuer zu besprechen.“

In den Treffen stellt sich dann häufig einer der Kommandierenden der Front vor, erklärt die Präsenz einer Struktur und die Modalitäten der Regeln des Zusammenlebens, aber eben auch der Möglichkeiten der Bezahlung der Steuer, so zum Beispiel in Raten. Es sind natürlich je nach Umsatz unterschiedliche Summen. Im Fall der Front Darío Gutierrez stellte sich der Kommandierende Sergio Carvajal vor, in Anwesenheit von rund 20 Guerilleros. Zudem gab es Gespräche mit dem Finanzverantwortlichen, der ebenfalls anwesend war.

Die FARC-EP haben es seit den 1980er Jahren geschafft, eine Finanzpolitik zu strukturieren, in der sie selbst eine Reihe von Regeln und Verhaltensweisen für die Erreichung, Kontrolle, Ausgaben und Investitionen festgelegt haben, eingebettet in einem Gesamtplan. Die Mittelbeschaffung auf der Grundlage der zentralen Planung und Verwaltung wurde vom höchsten Gremium der FARC-EP, ab den 1990er Jahren vom Sekretariat des Zentralen Generalstabs, festgelegt. Darin enthalten waren jährliche Mindestziele für jede Front, je nach eigener Kraft und Region, die sehr unterschiedlich gestaltet waren.

Vor allem in den 1990er Jahren, mit dem großen Wachstum der aufständischen Bewegung, entwickelte sich eine Praxis der Gefangennahme von reichen Personen, die sich später nur noch auf eine politische Ebene bezog. Gefangene reiche Personen mussten freigekauft werden. Später wurde dieses Prinzip als Strategie zur Freilassung eigener Kämpfer bzw. zu einem Gefangenenaustausch genutzt. Diese Praxis wurde jedoch eingestellt, gefangengenommene Personen, vor allem der staatlichen Sicherheitskräfte, werden regelmäßig in humanitären Missionen freigelassen.

Andere Formen der auch derzeit bestehenden Finanzierung sind neben der Revolutionssteuer auch die Besteuerung von Koka und anderen Rauschmitteln, je nach Menge. Weiterhin werden, je nach Region, auch Ländereien über Mittelspersonen gekauft, die sich im Besitz der Guerilla befinden. Neben der klassischen Landwirtschaft wird so auch eigener Viehhandel betrieben. Zuletzt machten die FARC-EP, wir berichteten in einem Artikel, wieder einen Angriff auf eine Filiale der kolumbianischen Agrarbank, eine Praxis, die früher wesentlich häufiger ausgeübt wurde.

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Friedensgesten trotz Militäroffensive

Trotz der immensen Offensive von Militär und Polizei in der Provinz Cauca gegen die Strukturen des Zentralen Generalstabs der FARC-EP, im Besonderen gegen die Front Carlos Patiño und die Front Jaime Martínez, gibt es nun von Seiten der aufständischen Bewegung den Friedenswillen du die Bereitschaft zum Waffenstillstand. Nachdem der Zentrale Generalstab bereits in einem Kommuniqué den Friedenswillen verdeutlichte, wir berichteten, erklären nun auch die Fronten aus den umkämpften Gebieten ihre Bereitschaft für eine Deeskalation. Dies ist ein bedeutender Schritt, wenn man sich der letzten Wochen verdeutlicht, in dem die staatlichen Sicherheitskräfte massiv gegen die Guerilla vorgegangen sind.

So erklärte die Front Jaime Martínez, eine Struktur aus dem Norden der Provinz Cauca in einem am Montag veröffentlichten Video, dass sie die nationale Direktive zur Einstellung von Angriffen auf die staatlichen Sicherheitskräfte einhalten werde. Sie behalte sich aber „das Recht auf legitime Selbstverteidigung“ im Falle von Angriffen der Gegenseite vor. Die Front Dagobert Ramos übergab unterdessen den Soldaten Juan David Estrada Suárez an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), der am 12. August zwischen den Gemeinden Santander de Quilichao und Caloto im Norden Caucas gefangengenommen wurde. Auch die Fronten Franco Benavides (Nariño) und Ismael Ruíz (Huila und Tolima) schlossen sich den Erklärungen an.

Im Osten des Landes, in der Provinz Arauca, erklärten die Kommandierenden der Mitglieder des Gemeinsamen Ost-Kommandos mit den Fronten 10, 28 und 45 ebenso den Waffenstillstand. Sie forderten ihre Einheiten auf, bewaffnete Aktionen einzustellen und nichts zu unternehmen, was dazu beitragen könnte, „die Entwicklung der Wahlkampagnen zu behindern.“ In Kolumbien finden im Oktober Kommunalwahlen statt. Zudem ließen sie acht Mitglieder der ELN frei, die sie bei Kämpfen in der Gemeinde Tame am 3. September festgesetzt hatten. Diese wurden ebenso dem Roten Kreuz übergeben, was als Friedensgeste verstanden werden kann.

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Kommuniqué: Waffenstillstand der FARC-EP

Anbei übersetzen wir ein Kommuniqué des Zentralen Generalstabs der FARC-EP unter dem Kommando von Iván Mordico zur Fehlereinsicht nach einem Bombenangriff auf eine Polizeistation und einem sofortigen Waffenstillstand:

WENN WIR FRIEDEN WOLLEN, SOLLTEN WIR ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN UND DEN KRIEG BEENDEN.

Berge und Städte in Kolumbien, 22. September 2022

Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens Volksarmee FARC-EP folgen dem Aufruf der Völker, Gemeinden, Anführer, soziale Organisationen und der Menschenrechtsorganisationen, den Krieg zu beenden und informieren:

Dass es auf Seiten der FARC-EP einen groß angelegten militärischen Plan gibt, der sich gegen unser Kommando richtet, unter der Leitung des Verteidigungsministeriums, und dass wir als Antwort auf diesen Plan unsere defensiven und offensiven Aktionen gegen die staatlichen Kräfte entwickeln.

Wir bedauern zutiefst die Ereignisse, die sich im Dorf Timba Cauca, im Rahmen einer Kriegshandlung gegen die Polizeistation ereignet haben, die sich inmitten der Zivilbevölkerung zwischen einer Schule und einem Krankenhaus befindet, was einen Verstoß gegen die Normen des humanitären Völkerrechts darstellt.

Wir erkennen die Ungenauigkeit dieser Militäraktion, bei der zwei Zivilisten getötet und fünf verwundet wurden, als Fehler an, wir fühlen mit ihren Familien und Freunden, wir wissen, dass die Wunden des Krieges schwer zu heilen sind, egal wie viel wir sagen oder tun. In dieser gemeinsamen Verantwortung müssen wir das Andenken von Herrn Ardany Alvarez und Professor Luz Estela Balanta ehren.

Die jüngsten Erklärungen von General Torres Escalante vor der JEP [Friedensgerichtsbarkeit], in denen er General Mario Montoya und Guillermo Quiñones als Förderer staatlicher Verbrechen beschuldigt, die fälschlicherweise als „falsche positive“ bezeichnet werden, sowie die jüngsten Ereignisse in Tierra Alta Córdoba und die Allianzen zwischen den Sicherheitskräften und paramilitärischen Gruppen in verschiedenen Regionen des Landes fordern uns auf, unermüdlich daran zu arbeiten, die militärische und paramilitärische Doktrin, die die Militär- und Polizeikräfte auffrisst, zu diskutieren und abzubauen.

Angesichts dieses Panoramas bieten wir als Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens Volksarmee FARC-EP dem kolumbianischen Volk als Sofortmaßnahme zur Verringerung der Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, die inmitten des Krieges stattfinden, an DIE EINSTELLUNG DER OFFENSIVAKTIONEN GEGEN DIE MILITÄR- UND POLIZEIKRÄFTE IM GESAMTEN STAATSGEBIET UND DIE GARANTIEN FÜR ALLE POLITISCHEN KRÄFTE, DEN LAUFENDEN WAHLPROZESS IN TRANSPARENTER UND KORRUPTIONSFREIER WEISE DURCHZUFÜHREN.

IN ÜBEREINSTIMMUNG DAMIT ORDNEN WIR AN, DASS ALLE FRONTEN, KOLONNEN UND KOMPANIEN, DIE DER FARC-EP ANGEHÖREN, OFFENSIVE AKTIONEN AUF DEM GESAMTEN NATIONALEN TERRITORIUM GEGEN DIE ÖFFENTLICHE GEWALT AUSZUSETZEN: NATIONALE POLIZEI, NATIONALE ARMEE, NATIONALES HEER UND NATIONALE FLIEGERKRÄFTE AB DEM HEUTIGEN 22. SEPTEMBER BIS ZUM 8. OKTOBER, WENN DAS DEKRET ÜBER DEN WAFFENSTILLSTAND IN KRAFT TRETEN SOLL.

Angesichts der militärischen Pläne gegen die FARC-EP und in dem Bewusstsein, dass es keinen vorübergehenden bilateralen Waffenstillstand nationaler und territorialer Art gibt, behalten wir uns das Recht auf legitime Selbstverteidigung vor. Wir fordern den Präsidenten der Republik, Senior Gustavo Petro, auf, eine ähnliche militärische und polizeiliche Maßnahme anzuordnen. Wenn wir Frieden wollen, sollten wir Entscheidungen treffen und den Krieg beenden.

Volk und Würde, Manuel Marulanda lebt der Kampf geht weiter!

ZENTRALER GENERALSTAB

REVOLUTIONÄRE STREITKRÄFTE KOLUMBIENS VOLKSARMEE

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Offensive von Militär in Cauca wird mit Angriffen der Guerilla beantwortet

Auf die weiterhin bestehende Offensive der staatlichen Sicherheitskräfte antwortet die FARC-EP mit ihrem Westblock Kommandant Jacobo Arenas und den unterschiedlichen Fronten. So sind zeitgleich Angriffe auf Polizei und Militär in den nördlichen Gemeinden wie Suárez, Santander de Quilichao, Corinto und Buenos Aires passiert. Im Dorf Timba zerstörten Guerilleros die lokale Polizeistation. Bei der Explosion eines mit Sprengstoff beladenen Fahrzeuges zerstörte die ausgelöste Druckwelle auch das kleine Krankenhaus und einige zivile Häuser. Mehrere Polizisten wurden dabei verletzt.

Es ist ein weitreichendes Problem, dass Polizei- und auch Militärstationen teilweise in den Dörfern und Städten eingerichtet werden, auch aus Sicherheitsaspekten für Polizisten und Soldaten. In einem Bürgerkriegsland als staatliche Sicherheitskräfte so zu agieren, setzt die Inkaufnahme von Verletzten und Toten in der lokalen Bevölkerung voraus. Die aufständische Bewegung und auch zivile Organisationen weisen seit Jahren darauf hin, dass damit die Genfer Konventionen außer Kraft gesetzt werden.

Auch im Dorf Turbina, Gemeinde Suárez, wurde ein mit Sprengstoff belandener Lieferwagen aktiviert, der sich der Nähe eines Militärstützpunktes befand. Es wurden auch Angriffe auf Polizeistreifen in der Gemeinde Santander de Quilichao gemeldet. Diese wurden aus den Armenvierteln heraus angegriffen, wo Milizionäre der Front Jaime Martínez präsent sind. Angriffe gab es auch auf Straßen wie der Panamericana, die von hier aus in Richtung Cali geht. Die Regierung vermutet in der Offensive auch eine Antwort auf Militäraktionen im Tal von Micay, wo derzeit auch Angriffe des Militärs gegen Fronten der FARC-EP wie die Front Carlos Patiño stattfinden.

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Regierung und FARC-EP sprechen über Frieden

Die kolumbianische Regierung unter Präsident Gustavo Petro und der Zentrale Generalstab der FARC-EP unter dem Kommando von Iván Mordisco setzen sich an einen Dialogtisch. Bei einem Vorgespräch in der Gemeinde Suárez im Norden der Provinz Cauca vereinbarte man nun, dass die Friedensgespräche in der Provinz Norte de Santander am 8. Oktober starten werden. Am selben Tag soll auch der bilaterale Waffenstillstand beginnen. Dies wurde gestern nach einem Gespräch zwischen beiden Delegationen bekannt. Dies stärkt politisch das Ansehen der aufständischen Bewegung, sind sie nun gleichgestellter Teilhaber von Friedensgesprächen und werden als politischer Akteur angesehen.

Der Dialogtisch zum Frieden wird am 8. Oktober in Tibú, in der Region Catatumbo (Norte de Santander), eingerichtet. Am selben Tag soll der langersehnte bilaterale Waffenstillstand beginnen, der bis zum 8. August 2024 andauern wird. Es ist damit der längste vereinbarte Waffenstillstand unter Petro. „Das Ziel dieses friedensschaffenden Prozesses ist es, die Lebensweise der Kolumbianer, die direkte Opfer der sozialen Ungleichheit und der bewaffneten Konfrontation sind, zu würdigen, in dem Verständnis, dass dies ein Prozess ist, der Räume für eine echte und effektive Beteiligung der verschiedenen Ausdrucksformen der Gesellschaft schaffen sollte“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Es wurde vereinbart, dass folgende Punkte Priorität haben werden: Erlass und Beginn der Umsetzung des vorübergehenden bilateralen nationalen und territorialen Waffenstillstands, Billigung des Abkommens über die Achtung der Zivilbevölkerung sowie Festlegung der Protokolle, die die Funktionsweise des Überwachungs-, Beobachtungs- und Verifizierungsmechanismus (MVMV), die Pre-Agenda, den Beteiligungsplan und den Zeitplan der Aktivitäten regeln werden. Der Aufbau des Überwachungsmechanismus wird mit Spannung erwartet, auch humanitäre Missionen in verschiedenen Regionen sollen das Vertrauen auch zur lokalen Bevölkerung aufbauen.

In den Vorgesprächen in Suárez einigten sich die beiden Parteien auf einen Zeitplan.

Vom 19. September bis 8. Oktober: Fortsetzung der Vorbereitungen, Anpassung der Vereinbarungen, Protokolle, Abschluss der fehlenden Protokolle und Konsultationen. Die Gruppe für unvorhergesehene Ereignisse wird ihre Arbeit fortsetzen.

8. Oktober: Aufstellung des Verhandlungstisches und Verkündung des Dekrets des Abkommens über die Achtung der Zivilbevölkerung und die Einstellung der Offensivoperationen. Dieses Dekret wird das widerspiegeln, was von den Parteien vereinbart worden ist. Die allgemeinen Umrisse der thematischen und methodischen Agenda und der Reiseplan des Runden Tisches werden vorgestellt.

8. Oktober bis 11. November: Die MVMV wird auf nationaler Ebene eingerichtet, die Vorbereitung und Organisation der MVMV auf regionaler und lokaler Ebene. Der Diskussionsprozess über die Agenda der Friedensgespräche wird ebenfalls fortgesetzt. Die humanitären Besuche in dem Gebiet werden fortgesetzt. Es wird eine Sonderkommission eingerichtet, die sich mit der Situation der inhaftierten Mitglieder des Zentralen Generalstabs der FARC-EP befassen wird.

11. November bis 8. August 2024: Die Umsetzung des Abkommens über den Schutz der Bevölkerung und den Waffenstillstand wird bewertet. Anschließend werden die Fortschritte und die Einhaltung der Agenda bewertet, der partizipativen Prozesse und der vereinbarten Verpflichtungen.

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Krieg und Frieden

In der Gemeinde Suárez im Norden der Provinz Cauca haben sich die beiden Delegationen der kolumbianischen Regierung und des Zentralen Generalstabs getroffen, um über den anstehenden Friedensprozess zu sprechen. Innerhalb der drei Tage, vom gestrigen Sonntag bis zum morgigen Dienstag, soll über den Fahrplan der Friedensgespräche sowie die Verpflichtungen zur Vertrauensbildung diskutiert werden. Als Geste des Willens zum Frieden und zur Vertrauensbildung zwischen den beiden Akteuren hat die Front Jaime Martínez des Zentralen Generalstabs der FARC-EP, für die Zeit der Gespräche ihre offensiven Aktionen bis zum 20. September ausgesetzt.

Die Gespräche im ländlichen Gebiet der Gemeinde Suárez finden in einer Region statt, die von der Front Jaime Martínez kontrolliert wird, die dem Westlichen Block Kommandant Jacobo Arenas angehört. Es ist zudem die Antwort auf einen Aufruf der sozialen Organisationen zur Deeskalation der Gewalt in den Gebieten. Zuletzt hatte es eine Zunahme der militärischen Aktivitäten gegeben, auch, weil seit mehreren Wochen die staatlichen Sicherheitskräfte Militäroperationen gegen die aufständische Bewegung durchführen.

Dass der Krieg trotzdem weitergeht und zur Realität des Landes gehört, zeigen Vorfälle der letzten Tage. So starben bei einem Angriff auf eine Militärpatrouille in der südlichen Provinz Nariño vier Soldaten der Armee. In der Region operieren von Seiten der FARC-EP die Front Franco Benavides und die Mobile Kolonne Urias Rondón. In der Provinz Meta gab es einen Angriff auf eine Polizeieinheit. Auch hier hat die Guerilla weite Teile des ländlichen Gebietes unter ihrer Kontrolle. Die FARC-EP bekräftigte in einer Mitteilung jedoch wiederholt die Notwendigkeit eines Waffenstillstandes, gerade auch im Kontext der anstehenden Friedensgespräche.

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Skandal: Soldaten agieren als Paramilitärs

Ein schwerwiegender Vorfall erschüttert derzeit Kolumbien, der seinen Ursprung jedoch in einem strukturellen Problem hat. Hier zeigt sich nur die Spitze des Eisberges, das Problem ist allerdings alltäglich und besonders für die ländliche Bevölkerung besonders präsent – Übergriffe der Armee. Es erinnert an paramilitärisches Vorgehen, die oftmals in direkter Verbindung zur Armee stehen.

So gab es einen Vorfall einer rund zehnköpfigen Gruppe von Soldaten, die ohne Identifikation und teilweise vermummt die lokale Bevölkerung des Dorfes El Manso in der Gemeinde Tierralta der Provinz Córdoba einschüchterten, bedrohten und auch eine Person vergewaltigten. Neu ist jedoch, diesmal gibt es mittels eines vierminütigen Videos eine Dokumentation des Vorfalls.

In Videos, die in dem Dorf gefilmt wurden und über soziale Medien verbreitet wurden, sind Männer in dunkler Kleidung, maskiert und mit Kurz- und Langfeuerwaffen zu sehen, sich teilweise als Guerilleros der FARC-EP ausgeben und die Zivilbevölkerung bedrohen, darunter Minderjährige und schwangere Frauen. Teilweise wird ihnen die Waffe an den Kopf gehalten. Eine indigene Frau wird vergewaltigt.

Eben jede Einheit, das Infanteriebataillon Junín, soll schon für ähnliche Ereignisse in den letzten Jahren in den Provinzen Chocó, Antioquia und Córdoba verantwortlich sein. Immer wieder treten Vorfälle dieser Art auf, so zuletzt mit Massakern in Chocó, Putumayo und Guaviare. Wie auch in diesem Fall, wird meist zuerst der Guerilla die Schuld zugeschoben. Aufnahmen von vor Ort und die Weiterverbreitung über soziale Kanäle haben hier einen Aufklärungseffekt.

In Kolumbien ist es eine Praxis, dass sich Soldaten als Guerilleros ausgeben und so Panik und Angst unter der Bevölkerung schüren wollen. Auch die Zusammenarbeit mit paramilitärischen Gruppen ist seit Jahrzehnten eine legitime Praxis der staatlichen Sicherheitskräfte im Kontext ihrer Aufstandsbekämpfung. Nur wenige Fälle werden in den Medien thematisiert, gilt es doch, jeden Strohhalm zu nutzen, um die aufständische Bewegung zu delegitimieren.

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Agrarbank überfallen

Das Landwirtschaftsministerium und staatliche Sicherheitskräfte berichteten, dass Guerilleros aus der Struktur der Front Dagoberto Ramos aus dem Westblock der FARC-EP im Morgengrauen des 10. Septembers in der Gemeinde Jambaló, im Norden der Provinz Cauca, einen Überfall auf die Agrarbank verübt haben. So gibt es zahlrieche Bilder, die Guerilleros mit Waffen und uniformiert zeigen, wie sie in den Straßen patrouillieren und mittels Sprengkörper die Agrarbank ausrauben. Der Geldautomat wurde auf ein Fahrzeug und anschließend in die Berge verbracht. Zudem griffen sie die örtliche Polizeistation an.

Der Angriff erinnert an die Zeit der 1980er und 1990er Jahre, als die aufständische Bewegung regelmäßig die Agrarbank als zentrale Bank für die ländlichen Regionen angriff und das Geld für revolutionäre Projekte und ihre Bewegung nutze. Von dem Geld wurde der Aufbau der Guerilla finanziert, aber in den 1990er Jahren auch Projekte der FARC-EP wie der Bau von Straßen und Häusern, der Aufbau medizinischer Versorgung in Form von eigenen Einheiten und die Finanzierung von eigenen Krediten an die Landbevölkerung.

Aus derselben Provinz, jedoch der Gemeinde Corinto, wird nach dem Angriff der FARC-EP auf die lokale Polizeistation aus der Bevölkerung heraus gefordert, dass diese aus dem Ortskern verlegt wird. Bei einem Angriff auf die Station und einigen Verletzten aus den staatlichen Sicherheitskräften gab es starke Zerstörungen, auch an umliegenden Häusern. Gegenüber befindet sich eine Schule. Generell ist es so, dass sich die staatlichen Sicherheitskräfte häufig mit Einrichtungen der lokalen Bevölkerung nähern und Stützpunkte teilweise absichtlich in die Nähe von Häusern legen, um einen Schutz vor Angriffen zu haben.

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Vor 10 Jahren – nationaler Agrarstreik in Kolumbien

Der Nationalstreik von 2013 war ein großer Streik, der vor allem aus dem ländlichen Sektor der Landwirtschaft, der Bauern und Indigenen, in Kolumbien von Juli bis September 2013 durchgeführt wurde. Er betraf vor allem die schwierige Situation der ländlichen Bevölkerung, zeitgleich gab es große Solidarität aus den Städten und auch aus den verschiedenen sozialen Organisationen, darunter der Guerilla FARC-EP.

Den Anfang hatte der Streik mit einer zentralen Kritik an der Wirtschaftspolitik der amtierenden Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos. Im Fokus standen die Einführung der Freihandelsverträge, speziell mit den USA, einhergehend mit hohen Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel, geringe Verkaufspreise, und das von der Regierung erlassene Verbot der Verwendung einheimischen Saatguts und stattdessen der geförderte Ankauf ausländischen Saatguts.

Es gab mehrere Tote bei den teilweise schweren Auseinandersetzungen der Protestierenden mit den aggressiven staatlichen Sicherheitskräften. Hunderte wurden festgenommen und Tausende verletzt. Kein Wunder also, dass sich die FARC-EP klar positionierte, entstand sie doch aus einer Bauernguerilla heraus. In jener Zeit befand sich die FARC-EP inmitten der Friedensgespräche mit der Regierung Santos, die Agrarpolitik war ein zentrales Thema der Verhandlungen.

„Der Agrarstreik und sein ständiges Echo der Empörung und des Appells an das Regime hat die übliche Reaktion der Regierung hervorgerufen: Versprechen, Täuschung, Unterdrückung und weitere Verarmung der ländlichen Gebiete und die Übergabe der nationalen Souveränität an die transnationalen Konzerne, zuletzt durch die Freihandelsabkommen“, äußerte die FARC-EP in einem Kommuniqué.

Und weiter: „Die FARC stehen auf der Seite der bäuerlichen und ländlichen Mehrheit und wenn in Havanna die Diskussion über den Punkt der politischen Partizipation voranschreitet, müssen die sozialen und populären Organisationen die singende Stimme tragen.“ An den Problemen auf dem Land wie der Landverteilung, Armut, fehlender Infrastruktur und staatlicher Repression hat sich wenig geändert. Man kann nur hoffen, dass das Thema in den potenziellen Friedensgesprächen wieder seinen Platz findet.

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Schwere Kämpfe und viele Tote in Arauca

Bei Kämpfen in der Provinz Arauca sind durch Kämpfe zwischen der FARC-EP und der ELN mindestens neun Personen gestorben, andere Medienberichte deuten auf mehr als 15 Tote hin. Die Kämpfe zwischen den verfeindeten Guerillaorganisationen ereigneten sich in dem Dorf Siberia 1 in der Gemeinde Tame. Vor Ort war eine humanitäre Mission, bestehend aus Beamten der Provinz Arauca und Vertretern der Verifikationsmission der Vereinten Nationen, aber auch des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz und der Katholischen Kirche. Bereits am Morgen des 2. September gab es Warnhinweise an die Bevölkerung und eine Zuspitzung der Situation. Mehrere hundert Menschen flohen vor den Kämpfen aus ihrem Zuhause.

Die Ergebnisse der Kämpfe erreichten am Abend des 3. September die Bevölkerung und die Medien durch ein Video des Kommandanten der 28. Front der FARC-EP, zugehörig zum Zentralen Generalstab der FARC-EP unter der Führung von Iván Mordisco. Darin bittet der Kommandant Antonio Medina das Rote Kreuz, die UNO und die nationale Regierung um Hilfe bei der Versorgung der Verwundeten, die seine Einheit gegenüber der ELN gemacht hat. Ersten Meldungen zufolge handelt es sich bei der Vielzahl an Toten und Verletzten um Kämpfer der ELN. Die 28. Front der FARC-EP steht in der Provinz Arauca in einem Konflikt mit der ELN und der mit ihr alliierten FARC-EP, Zweites Marquetalia.

„Guten Morgen, heute ist der 3. September, im Kampf mit den Genossen der ELN haben wir einen Notfall mit Verletzten, deshalb bitten wir das Internationale Rote Kreuz und eine Kommission der Regierung, wenn möglich uns zu helfen, weil wir nicht in der Lage sind, diejenigen zu versorgen, die schwer verletzt sind“, versicherte der Kommandant der 28. Front. Später wurde diese humanitäre Aufgabe von internationalen Organisationen erfüllt, die bestätigten, dass sie an der Evakuierung mehrerer im Kampf verwundeter Personen beteiligt waren. „Dies war eine rein humanitäre Operation und ist das Ergebnis unseres bilateralen und vertraulichen Dialogs mit den bewaffneten Akteuren“, versicherten diese.

Die Gemeinden Puerto Rondón und Tame sind strategisch wichtige Gebiete im Norden der Provinz Arauca und sowohl nach Norden (Venezuela) als auch nach Süden in Richtung der Provinzen Vichada, Boyacá und Casanare interessant als Korridore für die aufständische Bewegung. Für die ELN ist hier die Östliche Kriegsfront präsent, für die FARC-EP die 10. und 28. Front. Trotz einer großen Militarisierung durch staatliche Sicherheitskräfte sind große Teile unter Kontrolle der Guerilla. Seit vielen Jahren gibt es hier einen Bruderkrieg zwischen FARC-EP und ELN über die politisch-militärische Kontrolle, der zuletzt nach mehreren Abkommen wieder aufflammte und zu unzähligen Toten, auch in der Zivilbevölkerung führte.

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Vereinbarungen für Friedensgespräche

In einem dreiseitigen Dokument hat eine Delegation der kolumbianischen Regierung und eine Delegation des Zentralen Generalstabs der FARC-EP einen 11-Punkte-Plan vorgelegt, in dem eine vorläufige und besondere Vereinbarung über die Einrichtung eines Verhandlungstisches getroffen wird. Dem Text zufolge werden beide Seiten „Datum, Ort, Arbeitsweise, besondere Gäste, Länder und internationale Akteure“ bekanntgeben, die diesen Verhandlungstisch entweder als Garanten oder Begleitpersonen unterstützen. Darüber hinaus bestätigten sie die Verifikationsmission der Vereinten Nationen, die Mission zur Unterstützung des Friedensprozesses (MAPP-OEA), die Bischofskonferenz und den Ökumenischen Rat der Kirchen als ständige Begleiter.

Es sollen zwei unmittelbare gemeinsame Arbeitsgruppen eingesetzt werden, eine, um den gesamten Prozess des Waffenstillstands voranzutreiben, und eine weitere, die sich mit den Protokollen und der Agenda befassen wird. Die Idee laut der vorläufigen Vereinbarung ist, dass der Verhandlungstisch zusammen mit dem Inkrafttreten der Dekrete über die „Respektierung der Zivilbevölkerung“ und des bilateralen Waffenstillstands seine Arbeit aufnehmen soll. In den nächsten Wochen werden dazu weitere Anpassungen und eine Ausarbeitung stattfinden, eine Bekanntmachung soll am 17. September erfolgen.

Als richtungsweisend im Kontext des bewaffneten Konfliktes sind acht humanitäre Missionen in den Provinzen und Regionen Antioquia, Arauca, Cauca, Huila, Nariño, Norte de Santander, Putumayo und Sur de Bolívar. Es sollen hierzu „Empfehlungen zur Anwendung des humanitären Völkerrechts“ angesprochen und die Bürger und Institutionen angehört werden. Auch dieses dreitätige Treffen der beiden Delegationen fand in einer konfliktreichen Region statt, in dem Dorf Playa Rica der Gemeinde Suárez (Provinz Cauca). Die lokale Bauernorganisation Asocordillera stellte hierfür einen Ort zur Verfügung. Damit gab es seit dem Juli wieder eine öffentliche Bekanntmachung für einen Friedensprozess und eine politische Stärkung der Guerilla.

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Gespräche zischen FARC-EP und Regierung in Cauca

Es sieht danach aus, als wenn sich die kolumbianische Regierung heute und in den kommenden Tagen mit einer Delegation des Zentralen Generalstabs der FARC-EP unter der Führung von Iván Mordisco treffen wird. Bei dem Treffen, welches in der Gemeinde Suárez der Provinz Cauca stattfinden wird und voraussichtlich bis zum Wochenende dauern wird, geht es um die Einrichtung eines Verhandlungstisches. Wie wir bereits berichteten, sollen die Friedensgespräche zwischen der FARC-EP, Zentraler Generalstab, und der Regierung unter Gustavo Petro am 17. September beginnen.

Das nun anberaumte Treffen unter der Leitung des Hochkommissars für den Frieden, Danilo Rueda, soll sich mit einem bilateralen Waffenstillstand auseinandersetzen. Derzeit eskaliert in vielen Regionen, darunter in der Provinz Cauca, ein bewaffneter Konflikt, der unter anderem durch eine Offensive der staatlichen Sicherheitskräfte ausgelöst wurde. Bei dem Treffen soll zudem die Beendigung von Festnahmen und sogenannten Entführungen und auch die Nichteinmischung der aufständischen Bewegung in den Kommunalwahlen Ende Oktober besprochen werden.

In Bezug auf den Waffenstillstand ist es notwendig, einen Überwachungs- und Verifizierungsmechanismus zu entwickeln, denen sowohl der Staat, der Guerilla und vereinte Nationen, als auch andere zivile Institutionen angehören sollten. Eine Personalfrage wird allerdings geklärt werden müssen. Camilo González Posso, Koordinator der Regierungsdelegation, wird von der FARC-EP in Frage gestellt, da sein Neffe Leonardo González Perafán laut der Front Carlos Patiño der FARC-EP falsche Informationen und Propaganda gegen die Guerilla betreibt und damit den Krieg schürt.

Andrey Avendaño von der 33. Front der FARC-EP und politischer Sprecher der Guerilla betonte in einem Interview: „Vor jedem Dialog muss es einen Waffenstillstand geben.“ Und weiter: „Es ist nicht logisch, dass wir, während wir uns im Dschungel unterhalten, einander gegenüberstehen“, sagte er, gekleidet in zivil, aber umrundet von Kämpfern der Front Jaime Mártinez aus dem Westblock Kommandant Jacobo Arenas. Auch wenn der Dialog der Ausweg sei, so warnte er: „Die FARC sind heute auf nationaler Ebene gefestigt und in der Lage, dem kolumbianischen Staat entgegenzutreten.“

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