Friedensgespräche zwischen FARC-EP und Regierung beginnen

An diesem Montag beginnt der Verhandlungstisch zwischen der kolumbianischen Regierung und dem Zentralen Generalstab (EMC) der FARC-EP unter der Führung des Oberkommandierenden Iván Mordisco. Neben diversen Punkten wie der Beteiligung der Zivilbevölkerung am Friedensprozess sollen zudem die Protokolle für einen dreimonatigen bilateralen Waffenstillstand bekannt gegeben werden. Die Gespräche zischen den beiden Delegationen beginnen in Tibú, Provinz Norte de Santander, wo bereits vor einer Woche ein Zusammentreffen unter Beteiligung von 5000 Anwesenden stattgefunden hat. Wir berichteten bereits auf dem Portal mehrmals, dass es für die FARC-EP ein großer politischer Erfolg ist, sich mit der Regierung zum Frieden auseinanderzusetzen. Zudem finden innerhalb der aufständischen Organisation damit ein elementarer Prozess der Politisierung und Organisationsentwicklung statt.

Mit dem heutigen Beginn der Friedensgespräche wird damit der FARC-EP ein politischer Status anerkannt, der nicht ganz selbstverständlich ist Denn noch immer ist die FARC-EP in einem internen Prozess der Entwicklung zu einer einheitlichen Organisation, auch wenn sich die FARC-EP des Zentralen Generalstabs wesentlich von der alten FARC-EP unterscheidet. Der wohl wichtigste Punkt ist die Autonomie der verschiedenen Fronten der FARC-EP, die so in der alten FARC-EP keinen Bestand hatte. Dies lässt sich jedoch mit der Entwicklung der vergangenen Jahre erklären und einem gemeinsamen Kommando, welches gerade erst im Entstehen ist. Es darf nicht vergessen werden, dass erst im April dieses Jahr ein Treffen der Kommandierenden stattgefunden hat. In Entstehung, Homogenität, Hierarchie und Politik gibt es immer noch Unterscheide in den Strukturen.

Die heutige FARC-EP entstand schon vor der Unterzeichnung des Friedensabkommens der alten FARC-EP im November 2016. Mitte des Jahres 2016 verließen einige der sichtbarsten Kommandierenden der FARC-EP den damaligen Friedensprozess, darunter Gentil Duarte, Iván Mordisco und Calarcá. Diese begannen im Südosten des Landes, vor allem in den Meta, Guaviare und Caquetá, neue Strukturen aufzubauen, die heute wieder regional sehr stark sind. Immer mehr Kommandierende und Kämpfer begannen sich dem Projekt anzuschließen oder es bildeten sich aus unterschiedlichsten Gründen im ganzen Land neue Gruppen und Strukturen, die zuerst lose und unabhängig voneinander agierten.

Ab 2018 begannen Duarte und Mordisco Abgesandte in die Regionen zu entsenden um Gespräche mit den neuen Gruppen und Strukturen zu führen. Als ein Projekt von Kooperation muss also die Integration dieser Strukturen gesehen werden und als ein Bündnis die Arbeit aller Strukturen des Zentralen Generalstabs. So gibt es viel Autonomie der Strukturen, trotzdem aber den Versuch eines gemeinsamen Sprachrohres und Handelns. Von einem zentralen Kommando und einer gemeinsamen Befehlsebene zu sprechen, wäre jedoch zu viel für die noch organisatorisch sich entwickelnde Organisation. Beispielhaft steht hierfür die 18. Front der FARC-EP in der Provinz Antioquia, die sich 2019 erst der FARC-EP, Zweites Marquetalia, unterordnete, sich dann aber in diesem Jahr an den Zentralen Generalstab angliederte.

In den Medien wird der FARC-EP häufig die politische Komponente abgesprochen, doch auch hier muss betrachtet werden, dass es zwar politische Personen aus der alten FARC-EP im Zentralen Generalstab gibt, aber durch den Tod einiger Kommandierenden wie Gentil Duarte, Rodrigo Cadete und Euclides Mora die meisten der derzeitigen Kommandierenden über eine geringe Erfahrung in der alten FARC-EP verfügen oder gänzlich neu sind. Durch die territoriale Expansion war eine Kommunikation unter allen Kommandierenden und Strukturen nur bedingt möglich. Als ein neues Projekt verfügt die FARC-EP des Zentralen Generalstabs aufgrund ihrer Entstehung, ihrer Kommandierenden und ihrer Struktur nur über eine eingeschränkte Organisationsentwicklung, quasi weiterhin im Aufbau begriffen. Dies darf in der ganzen Entwicklung nicht vergessen werden, eine interne Stärkung findet aktuell intensiv statt.

Mehr als 3500 Kämpfer hat die FARC-EP unter Waffen. Hinzu kommt ein großes Netzwerk an Milizionären, in den Regionen wo die FARC-EP aktiv ist, aber auch in den großen Städten. Zu den Milizionären werden noch einmal rund 2000 Personen gerechnet. Mittlerweile ist die FARC-EP in mehr als 170 großen Gemeinden aktiv, in 22 Provinzen des großen Landes. Sie hat sich damit mehr als nur konsolidiert und der anderen FARC-EP, dem Zweiten Marquetalia, eindeutig den politisch-militärischen Rag abgelaufen. Zwischen beiden Organisationen gab es Kontakte, doch eine Vereinigung wie von Iván Márquez gewünscht kam nicht zustande. Zu tief lagen die unterschiedlichen Sichtweisen und wurde die Kommandierenden des Zweiten Marquetalias als Verräter des revolutionären Projektes angesehen. Hatten sie doch die alte FARC-EP mit dem Friedensprozess faktisch aufgelöst.

Die FARC-EP des Zentralen Generalstabs ist in fünf große Blöcke unterteilt. Der Westblock Kommandant Jacobo Arenas (mit sechs Fronten und drei mobilen Kolonnen) befindet sich in Cauca, Valle, Nariño und einigen Gebieten von Tolima und Huila. Der Ostblock Kommandant Jorge Suárez Briceño (mit sieben Fronten) befindet sich in Meta, Caquetá und Huila. Der Block Magdalena Medio Kommandant Gentil Duarte (sechs Fronten) operiert in Norte de Santander, Bolívar, Boyacá und Antioquia. Der Südost-Block (zwei Fronten) ist in Guaviare, Vaupés, Putumayo, Caquetá und Amazonas im Einsatz. Das Östliche Koordinationskommando (drei Fronten) befindet sich in Arauca, Casanare und Norte de Santander. Neue Fronten sind unter anderem zentral in Huila entstanden, eine strategisch wichtige Region zwischen den großen Blöcken der FARC-EP.

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