Kämpfe in verschiedenen Regionen Kolumbiens

In Kolumbien kam es am Wochenende und Wochenanfang zu Kämpfen in verschiedenen Regionen Kolumbiens. Dies betraf vor allem Strukturen der FARC-EP und der staatlichen Sicherheitskräfte. Unter anderem in Argelia, eine Gemeinde im Süden der Provinz Cauca, kam es wiederholt zu Kämpfen zwischen Armee und der Front Carlos Patiño der FARC-EP aus dem Westlichen Koordinationskommando, die mit der 1. und 7. Front um Duarte und Mordisco im Osten des Landes kooperieren.

Ursächlich für die Kämpfe war der Tod von zwei jungen Menschen, die mit einem Motorrad einen Kontrollpunkt der Front Carlos Patiño zu entgehen versuchten. Dabei wurden sie von der FARC-EP erschossen. Stunden nach dem Tod der beiden jungen Männer versuchte die Armee in das Gebiet vorzurücken, was zu Kämpfen zwischen der bewaffneten Gruppe und der Armee führte. Die Front Carlos Patiño ist mittlerweile sehr präsent in der Region, Kontrollpunkte gehören zu einem wichtigen Mittel zur Konsolidierung der militärischen und politischen Macht.

Weitere Kämpfe gab es im Osten des Landes, wobei in einer gemeinsamen Operation von Armee und Polizei ein Leiter der Kommission einer Struktur von Duarte und seiner Verbündeten Iván Mordisco und Calarcá festgenommen und sowie weitere Mitglieder der FARC-EP getötet und auch festgesetzt worden sind. Die Region um La Macarena ist eine Hochburg der FARC-EP. Hier war auch der festgenommene Cipriano González aktiv, der sich zwar 2016 der Wiedereingliederung anschloss, sogar noch im letzten Jahr leitende Positionen in Wiedereingliederungsprogrammen übernahm, aber in diesem Jahr seinen Anschluss an die FARC-EP verkündete.

Zeitgleich stattfindende Angriffe auf Polizeieinheiten gab es unterdessen durch die 33. Front in Tibú, Provinz Norte de Santander. Die 33. Front ist in den letzten Monaten stark angewachsen und konnte durch öffentlichkeitswirksame Aktion auf sich aufmerksam machen. Auch aus anderen Orten gab es bewaffnete Kämpfe zu vermelden, vor allem im Westen des Landes. Interessant dürfte sein, inwieweit sich die Meldungen der Armee bestätigen, dass sich der Ring um Gentil Duarte als Anführer der FARC-EP immer weiter schließt. So sind nicht nur Kämpfer aus seiner Sicherheitseskorte festgenommen, sondern auch ein Camp angegriffen worden, wo er sich kurz zuvor aufgehalten hat.

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Spaltung der Ex-FARC geht weiter voran

Die Spaltung der ehemaligen Partei FARC, heute Comunes, die sich im Rahmen des Friedensabkommens als politischer legaler Arm zur Vertretung der Interessen der kolumbianischen Linken gegründet hat, schreitet voran. Schon vor Jahren setzte sich dieser Prozess des Auseinanderdividierens des eigentlich als kollektiven Prozesses geplanten Wiedereingliederung in Gang. Ein neuer Schritt ist die Ankündigung von den ehemaligen Kommandierenden und Senatoren im Kongress, Victoria Sandino und Israel Zúñiga alias Benkos Biohó, eine neue Gruppe für die Wahlen im Jahr 2022 zu gründen.

Unter dem Namen „Agrupar para Avanzar“, was zu Deutsch mit „Versammeln um Voranzukommen“ gedeutet werden kann, sind bereits rund 200 Personen in der neuen politischen Gruppe vereint, viele davon aus der ehemaligen Guerilla, die unzufrieden mit dem Prozess der Wiedereingliederung und vor allem mit der Politik der heutigen Partei Comunes sind. Bereits seit Jahren schwelt ein interner Konflikt in der Partei Comunes, in dem es nicht nur um die politische Ausrichtung der Partei, sondern auch um den Führungsstil und das Einknicken der Partei von der kolumbianischen Regierung und deren mangelhafter Umsetzung des Friedensabkommens.

Nachdem Victoria Sandino und Benkos Biohó im März dieses Jahres ihre Rückkehr in den Kongress im Jahr 2022 mit der Partei Comunes ausgeschlossen hatten, beschlossen sie, eine Gruppe zu gründen um einen „Vorstoß zu schaffen, indem sie Stimmen des Friedens und des Widerstands vereinen“ sowie mit dem „Engagement bereit zu sein, Räume der Einheit zu konstruieren, zu artikulieren und zu fördern, die den Erwartungen von Sektoren entsprechen, die nicht durch die aktuellen organisatorischen politischen Formen repräsentiert werden.“

Benkos Biohó sagte, dass die Gruppe „eine Form der Zusammenlegung der ehemaligen Kämpfer ist, die das Friedensabkommen unterzeichnet haben, die immer noch im Rahmen dieses Abkommens bleiben und deren Lebensprojekt die Bestätigung dessen ist, was in Havanna unterzeichnet wurde und dem Aufbau des Friedens in Kolumbien dient.“ Senatorin Victoria Sandino erklärte auch, dass es eine kollektive Anstrengung ist, die viele unternommen haben, sowohl ehemalige FARC-Kämpfer als auch soziale Anführer und Prozesse aus Gemeinden, Nachbarschaften und Kollektiven von Frauen und Jugendlichen, die sich im Kontext des Friedensabkommens und der Wiedereingliederung bewegen.

Beide stellen heraus, dass der Unterschied zwischen der von ihnen geförderten Bewegung und der Partei Comunes darin liege, Offenheit und Debatte im politischen Kontext zu zulassen. Bei der Partei Comunes sei eine demokratische Beteiligung der Mitglieder nicht mehr erwünscht gewesen und es wurde eine vertikale und nicht horizontale Befehlslinie beibehalten. Zudem habe es die Partei nicht geschafft, die Interessen im Sinne der Wiedereingliederung durchzusetzen. Sie wollen dabei vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und lokalen Strukturen im ländlichen Bereich setzen.

Tatsächlich ist landesweit zu beobachten, dass vor allem im ländlichen Bereich die Partei Comunes an Rückhalt und Strukturen verloren hat. In vielen Provinzen ist sie nicht mehr arbeitsfähig und unterhält keine Büros und Arbeitsstrukturen. Vor allem im Süden Kolumbiens ist dies zu beobachten. Dieses politische Vakuum wollen immer wieder verschiedene neu gegründete Bewegungen ausfüllen. In diesem Sinne gab es bereits als größere Gründung und Abspaltung von der Ex-FARC die Bewegung Corpo-Reconciliación, als alternatives Projekt der Wiedereingliederung neben der FARC.

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Trauriger Sonntag der Wiedereingliederung

Am vergangenen Wochenende wurden weitere ehemalige Kämpfer der FARC-EP, die sich im Prozess der Wiedereingliederung befunden haben, ermordet. Am 8. August traf es den ehemaligen Kämpfer Gilberto Samboní Quinayas im ländlichen Gebiet der Gemeinde Isnos, Provinz Huila. Laut der Gemeinde und lokalen Medien war der Mann mit seiner Frau Carmen Peña Rojas auf einem Motorrad unterwegs, als sie von bewaffneten Männern angegriffen wurden. Der 48-jährige Friedensunterzeichner Gilberto Samboní starb nach schweren, seine Frau Carmen Peña Rojas wurde ebenfalls schwer verletzt und wird im Krankenhaus der Gemeinde Pitalito behandelt. Wer für die Aktion verantwortlich ist, steht nicht fest. Mit der Präsenz des Paramilitarismus in vielen Regionen Kolumbiens kommt hier in der Gemeinde die mobile Kolonne Dagoberto Ramos vom Westlichen Einheitskommando in Kooperation mit der 1. Front um Gentil Duarte, aber auch die Einheit Oscar Mondragón der FARC-EP, zweites Marquetalia.

Ebenso am Sonntag, den 8. August, wurde ein weiterer ehemaliger Kämpfer und Friedensunterzeichner ermordet. Hernán Estiven Vásquez Gutiérrez befand sich im Prozess der Wiedereingliederung in der Wiedereingliederungszone ETCR Heiler Mosquera in Putumayo und studierte dank eines Stipendiums in Kuba Medizin. Hernán Vásquez wurde in der Gemeinde Paujil, Provinz Caquetá, erschossen aufgefunden. In der Region um El Paujil sind ebenfalls Strukturen der FARC-EP, Zweites Marquetalia, wie die Front Fernando Díaz sowie Strukturen des südöstlichen Blocks von Gentil Duarte um die 1. Front präsent. Auch hier ist unklar, wer verantwortlich für den Mord ist. Mit ihm sind nach Angaben des Institutes INDEPAZ bereits 33 ehemalige Kämpfer der FARC-EP im Jahr 2021 und seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens 282 ehemalige Angehörige der FARC-EP ermordet worden.

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33. Front der FARC-EP bekennt sich zu Angriffen auf Präsidenten und Hauptquartier der 30. Armee-Brigade

Ende Juni gab es aus der Stadt Cúcuta heraus einen Angriff auf den kolumbianischen Präsidenten Iván Duque, als er sich in der Luft zusammen mit anderen Beamten zwischen Sardinata und der Hauptstadt von Norte de Santander bewegte. Nur wenige Tage zuvor war ein Angriff auf das Hauptquartier der 30. Brigade der Armee in Cúcuta verübt worden. Bei diesem Angriff, der sich Mitte Juni ereignete, wurden 36 Menschen verletzt. Diese und weitere Anschläge gaben viel Raum für Spekulationen. Nun wird klar, wer hier die politisch-militärische Initiative ergriff.

In Bezug auf diese und andere militärische Aktionen wurde nun ein Kommuniqué der 33. Front des Blocks Magdalena Medio der FARC-EP bekannt, in der sie sich für diese Angriffe verantwortlich zeigen. Zuvor gab es bereits viele Spekulationen und auch Festnahmen von Personen, die im Zusammenhang standen, mit der 33. Front der FARC-EP zu arbeiten. Das Kommuniqué dieser Front der FARC-EP, die sich unter den Strukturen von Gentil Duarte und Iván Mordisco unterordnen, wurde als Video in den sozialen Kanälen verbreitet.

Auch gab es zuletzt einen Angriff auf Polizeieinheiten im Stadtteil Cerro Pico. Darauf nimmt der Kommandant der 33. Front, alias Jhon Catatumbo, ebenso in dem Video-Kommuniqué Stellung. Auch auf Militärstützpunkte in Teorama, Hacarí und anderen Gemeinden in Norte de Santander gab es Angriffe in der letzten Zeit. Zudem gab es Schläge gegen die Infrastruktur von Bergbauunternehmen, vor allem mit Zweck, die Revolutionssteuer einzutreiben. Dies zeigt, wie beweglich die 33. Front mittlerweile agiert, zumal auch andere bewaffnete Organisationen um das Territorium kämpfen.

In dem Kommuniqué übernehmen sie für all dies die Verantwortung und richten auch mehrere Appelle an den Staat. Unter anderem verweisen sie auf Regierungsankündigungen und ihre sogenannten Fortschritte im Kampf gegen die Guerilla und Belohnungen, die sie für die Gefangennahme der Mitglieder dieser Gruppe geben: „Lüge das Land nicht an, indem du ihm vorgaukelst, dass es alles unter Kontrolle hat, wenn es soziale Probleme gibt und viele mehr. Diese Belohnungen könnten in Entwicklung, produktive Projekte, Bildung, Wohnen und Gesundheit investiert werden, und was wir für unsere Verteidigung ausgeben, könnten wir auch in günstige Angelegenheiten für die Menschen investieren.“

Außerdem bekräftigten sie: „Unser einziges Interesse ist es, die FARC-EP zu einer Alternative des Landes zu machen, in dem sich die Mehrheit vertreten fühlt. Wir denken nicht daran, 50 Jahre zu leben und uns unter den Armen umzubringen, noch beabsichtigen wir, unser ganzes Leben in den Bergen zu verbringen. Unser Ziel ist es, den Traum von Manuel Marulanda Vélez zu verwirklichen, wir sind stolz darauf, sein Vermächtnis fortzusetzen. (…) Wir laden das kolumbianische Volk ein, zu reflektieren und zu erkennen, wo die Probleme liegen und wer für die Gewalt im Land verantwortlich ist.“

An die in Norte de Santander stark präsente ELN sagen sie zum Beispiel: „An die ELN-Genossen, die wir heute als unsere strategischen Brüder sehen, weil ihre Projektion des Landes weit über ein Friedensabkommen hinausgeht: Wir sind nicht das Problem des Landes, die Guerillas der FARC-EP sind das Produkt der Notwendigkeit aufgrund von Ungerechtigkeiten, Paramilitarismus, der falsos positivos, staatlichen Fehlens, mangelnder Bildung und Beschäftigung, Plünderung natürlicher Ressourcen und der Zunahme von Kriegen, in der Erkenntnis, dass der Frieden nicht nur das Schweigen der Gewehre ist.“

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Morde an Mitgliedern der Ex-FARC reißen nicht ab

An vergangenen Sonntag, dem 25. Juli, wurde der Friedensunterzeichner Yorbis Valencia Carabali ermordet, als er in seinem Haus im Ortsgebiet von Buenos Aires in der Provinz Cauca ankam. Damit ist es der 30. Mord an einem ehemaligen FARC-Kämpfer in diesem Jahr. Yorbis Valencia Carabali oder auch Anderson Guerrero genannt, befand sich im Prozess der Wiedereingliederung und war Teil der Wiedereingliederungsgemeinde ETCR Carlos Patiño in La Elvira. Hier war er unter anderem in einer Kooperative beschäftigt. In der Gemeinde Buenos Aires in Cauca sind unter anderem paramilitärische Gruppen wie der Golf-Clan und die Águilas Negras aktiv. Hinzu kommt aus der sich neustrukturierten FARC-EP die Kolonne Jaime Martínez des Westlichen Koordinationskommandos.

Diese beunruhigende Situation veranlasste auch die Partei Comunes vor wenigen Tagen dazu, eine Erklärung abzugeben, in der sie „große Besorgnis über die Zunahme von paramilitärischer Gewalt, Gleichgültigkeit und staatlicher Beteiligung in vielen Fällen, die zur Ermordung von Jugendlichen, Menschenrechtsverteidigern, Friedensunterzeichnern und gesellschaftlichen Führern führten“ äußerte. Dabei erwähnen sie einige kurzzeitig zurückliegende Ereignisse und machen den Staat durch Tatenlosigkeit und Nichterfüllung des Friedensabkommens dafür mitverantwortlich.

„Können wir über isolierte Ereignisse sprechen? Natürlich nicht, sie sind systematisch und reagieren auf Handlungsmuster und -formen mit klar definierten Opfern. In den letzten Tagen wurden ermordet: der Friedensunterzeichner JESÚS DANILO MORA LONDOÑO im Departement Putumayo von Unbekannten; in Purificación, Tolima, JUAN DAVID VALLESTEROS und eine weitere Person der Gruppe AUC, die in die Gemeinde Prado eindrangen, einige Fassaden bemalten und ein Fahrzeug beschlagnahmten, um zum Tatort zu gelangen. Hinzu kommt, dass in La Jagua de Iribico, Cesar, am 20. Juli ein Angriff auf den Gewerkschaftsführer RICARDO JOSÉ DAZA ROJAS, den ehemaligen Vizepräsidenten der Gewerkschaft von Drummond, der in den Tagen zuvor den Wiedereingliederungsraum von Tierra Grata besucht hatte, in der gleichen Provinz.“

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20. Juli – Tag des Kampfes um Unabhängigkeit

Der 20. Juli ist in Kolumbien ein besonderer Tag, es ist der Tag der Unabhängigkeit. Viele Organisationen, darunter auch die aufständischen Bewegungen, kämpfen noch immer für die Unabhängigkeit, die Unabhängigkeit vom Neokolonialismus, Neoliberalismus, Kapitalismus und die Unabhängigkeit einer korrupten Oligarchie, die seit Jahrhunderten das Land beherrscht und unterdrückt.

Dieser Tag, dieser 20. Juli, ist in Kolumbien ein besonderer Tag, weil Kolumbien die Unabhängigkeit von Spanien im Jahre 1810 feiert. Es ist aber auch der Tag, an dem die Unterdrückten auf die Straße gehen und an jenen Befreier, den Libertador erinnern, der mit seinem Kampf nicht nur die Unabhängigkeit wollte, sondern der Kampf gegen Kolonialismus, Sklaverei, soziale und nationale Unterdrückung. Der Name des Libertadors Simón Bolívar steht für diesen Kampf. So gab es Massendemonstrationen in allen großen Städten.

Simón Bolívar wollte stets die Einheit des damaligen Neugranadas. Er wollte seine Ziele verwirklichen. Bolívar wandte sich einst in einem Manifest an die Bevölkerung von Bogotá, dass auch heute noch gilt: „Der Himmel hat mir beschieden, der Befreier der unterdrückten Völker zu sein, und so wird es kommen. (…) Die in Hunderten von Kämpfen siegreichen Helden Venezuelas haben stets für die Freiheit gekämpft, haben Wüsten, Gebirge und Flüsse nicht deshalb überwunden, um ihren Landleuten, den Söhnen Amerikas, Fesseln anzulegen. Unsere Aufgabe ist es, das Volk unter einheitlichen Führung zu vereinen, um alle unsere Kräfte auf das eine Ziel zu richten: der Neuen Welt ihr Recht auf Freiheit und Unabhängigkeit zu sichern.“

Auch die aufständische Bewegung erinnert an die Bedeutung des Tages und so rief die FARC-EP, Zweites Marquetalia, dazu auf dass an diesem 20. Juli niemanden zu Hause bleiben solle. „Alle auf die Straße, um Freiheit zu fordern, Unabhängigkeit, soziale Gerechtigkeit!“ Und weiter: „Lasst den Schrei der Ausgeschlossenen, der Vergessenen, der seit mehr als 200 Jahren von Regierungen Verachteten erschallen. Lasst die egoistische soziale Klasse, die ausschließlich die Macht besitzt, zum ersten Mal auf die unten stehenden hören. Es ist an der Zeit, dass die Armen und Ausgegrenzten, die die Hügel und populären Viertel von Bogotá bewohnen, mit der heiseren Stimme ihres Protests und ihrer heiligen Rebellion zur Plaza de Bolívar marschieren.“ (…)

„Lasst uns am 20. Juli marschieren und ein Ende der Ungerechtigkeit der historischen Landenteignung fordern, dass die Demagogie aufhört und grünes Licht für die Agrarreform und die Landrechte an Bauern gegeben wird. Dass die Verpflichtungen mit den indigenen Minga, den Studenten und der sozialen Bewegung erfüllt werden. Auf dass die kostenlose Einschreibung und kostenlose Bildung für die Armen nicht zu einer neuen Täuschung und Frustration werden.“

„Lasst uns die Liebe über den Hass triumphieren lassen, was mit einer neuen demokratischen Koalitionsregierung möglich sein wird, die für die Menschen und ihr Glück arbeitet. Die Ausgeschlossenen haben auch das Recht, eine Regierung zu sein. Lasst uns erfolgreich sein, damit sich die Dinge ändern. Wir wollen die Blüte einer neuen Politik des Friedens, der Solidarität und der Menschlichkeit sehen. Dass der Hass dieser Regierung gegen Kuba und Venezuela aufhört. Dass die Selbstbestimmung der Völker respektiert wird. Keine Einmischung der Vereinigten Staaten in Kolumbien und Unser Amerika mehr.“

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Sicherheit und Wiedereingliederung auf dem Land weiterhin großes Problem

Im Kontext der Umsetzung des Friedensabkommens und der Sicherheit nicht nur der ehemaligen Kämpfer der FARC-EP, sondern auch der gesamten Bevölkerung, gibt es weiterhin große Probleme. Dies ist auch immer wieder Thema bei den Vereinten Nationen (UNO). So erklärte die UNO zuletzt diese Woche, dass die Umsetzung der Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC erste Priorität hat und darin bestehe, „die Sicherheit in den historisch vom Konflikt betroffenen Gebieten zu verbessern“. Immer wieder werden ehemalige Kämpfer der aufständischen Bewegung, die sich im Prozess der Wiedereingliederung befinden, ermordet, vertrieben oder bedroht.

„Auf nationaler Ebene gibt es Indikatoren für die Reduzierung von Tötungsdelikten, für eine Reduzierung der Gewalt im nationalen Durchschnitt in Kolumbien, aber in Konfliktgebieten (…) ist die Unsicherheit sehr hoch“, sagte auf einer Pressekonferenz in Brüssel der Vertreter des UN-Generalsekretärs in Kolumbien, Carlos Ruiz Massieu. So gibt es dort im ländlichen Bereich immer noch einen gemeinsamen Nenner, nämlich die Präsenz bewaffneter Gruppen, geringe Entwicklungsmöglichkeiten und illegale Wirtschaft, sei es Drogenhandel oder illegaler Bergbau, so die Aussage.

Nicht nur er, sondern auch Nichtregierungsorganisationen, die aus der FARC-EP herausentstandene und nun umbenannte Partei Comunes, aber auch andere Kollektive im Prozess der Wiedereingliederung fordern schont seit Langem eine größere Präsenz des Staates in den vom Konflikt betroffenen Gebieten. In den Gebieten, in denen die FARC-EP historisch präsent war und im Rahmen des Friedensabkommens die Waffen niederlegte, wurde das Machtvakuum nicht vom Staat geschlossen, sondern andere bewaffnete Gruppen nutzten die Gelegenheit in diesen Territorien zu wachsen.

Nach Angaben des Instituts für Entwicklungs- und Friedensforschung (Indepaz) sind seit dem 24. November 2016 über 270 ehemalige Kämpfer der FARC-EP ums Leben gekommen. Obwohl diese Zahl kaum mehr als zwei Prozent aller Unterzeichner des Friedensabkommens ausmacht, von insgesamt 13.589, haben die Häufigkeit und die Ausdehnung der Gebiete, auf dem die Morde stattfinden, Alarm ausgelöst. In diesem Jahr wurden bisher jeden Monat neue Fälle von ermordeten Ex-Kämpfern gemeldet: sieben im Januar, vier im Februar, zwei im März, zehn im April, drei im Mai und zwei im Juni. Diese 28 Morde ereigneten sich in Antioquia, Arauca, Caquetá, Cauca, Chocó, Meta, Nariño, Norte de Santander, Putumayo, Tolima und Valle del Cauca.

Besonders gefährdet sind jene Personen, die nicht in den ehemaligen Widereingliederungszonen (ETCR) leben. Neben den ETCRs gibt es auch Neue Wiedereingliederungspunkte (NAR), kollektive Siedlungen, die von der Regierung nicht anerkannt und von ehemaligen Kämpfern geschaffen wurden, die sich entschieden haben, die ETCRs zu verlassen, weil sie Zweifel an ihrer Kontinuität hatten, weil es Diskrepanzen gab, weil ihre Sicherheit nicht garantiert werden konnten oder andere Beweggründe. Letztes Jahr gab es rund 90 NARs im gesamten Staatsgebiet und immerhin noch knapp über 20 ETCRs. Personen, die einer ETCR angehören, haben ein geringeres Risiko, angegriffen zu werden, als jene, die individuell leben oder außerhalb von ihnen leben.

Über die Hintergründe der Täter ist oft wenig bekannt und die Sicherheit generell ein großes Problem. Dies macht die Wiedereingliederung schwierig, auch wenn ein Großteil der ehemaligen Kämpfer weiterhin dieses Ziel verfolgt. Immer wieder gibt es auf dem Land von Seiten der Ex-FARC-EP Akte der Versöhnung und Wiedergutmachung. Mit Kunst wurde zuletzt unter anderem in San Adolfo (Acevedo in der Provinz Huila) an die Opfer und die Taten erinnert. Ein Ort, der zwei Mal in den Jahren 1987 und 2001 von der FARC-EP eingenommen. Dazu wurde durch Malereien und Graffiti die Schule gestaltet.

Auch sozioökonomische Projekte der ehemaligen Kämpfer, oft in Kooperation mit der lokalen Bevölkerung, sollen diesem Zweck dienen und allen das Alltagsleben erleichtern. Ende Juni wurde zum Beispiel das Tourismusprojekt Oriente Verde („Grüner Osten“) in der Hauptstadt der Provinz Meta, Villavicecio, präsentiert. Oriente Verde ist ein produktives Gemeindetourismusprojekt in der ETCR Georgina Ortiz im Dorf La Cooperativa in der Gemeinde Vista Hermosa, Meta. Diese Initiative möchte durch eine Reise voller Kunst, Kultur, Abenteuer und Geschichte eine Verbindung des Friedens und der Versöhnung mit der Gemeinschaft und der Umwelt herstellen. Es soll sowohl die Kultur der Guerilla, als auch die Natur kennengelernt werden.

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Studie zur FARC-EP, Zweites Marquetalia, veröffentlicht

Die Stiftung Fundación Ideas para la Paz (FIP) aus Kolumbien, die ihren Schwerpunkt unter anderem im bewaffneten Konflikt und der politischen Analyse sieht, hat eine über 50-seitige Studie über die FARC-EP, Zweites Marquetalia, veröffentlicht. Seit der Neu-Gründung der Guerillaorganisation am 29. August 2019 machte das „Zweite Marquetalia“, bestehend aus „Iván Márquez“ und einer Gruppe von Kommandeuren, die die verschiedenen mobilen Blöcke und Kolonnen der unbewaffneten FARC repräsentieren, viele Schlagzeilen. Die Expansion dieser Gruppe in die Gebiete, die unter dem Einfluss dieser Guerilla standen, die Beziehung zum Maduro-Regime sowie seine Präsenz in Venezuela und in jüngerer Zeit der angebliche Einfluss dieser Organisation auf den Nationalstreik haben Fragen über ihre wahre Natur aufgeworfen.

Die Studie die Ursprünge, Diskurse und Motivationen dieser Guerillaorganisation sowie ihre Struktur, interne Funktionsweise, territoriale Verteilung und die bewaffnete Kapazität. Darüber hinaus thematisiert die Studie auch das Verhältnis zu Venezuela und die Reaktion des kolumbianischen Staates auf diese Gruppe. Außerdem wird das Zukunftsszenario betrachtet. Generell kann in der Studie betrachtet werden, dass sich die FARC-EP, Zweites Marquetalia, bisher noch nicht dem Ziel, der Bildung einer großen nationalen Guerillabewegung, genähert hat. Die Vereinigung der sogenannten dissidentischen und wiederbewaffneten Gruppen in einem politisch-militärischen Projekt liegt noch in weiter Ferne.

Zudem wird eine gewisse Abhängigkeit von Venezuela bescheinigt. So muss sich die Guerilla an die lokalen Bedingungen, die Reaktionen des Staates und die Veränderungen in Venezuela anpassen. Hochrangige Kommandeure haben hier ihren Unterschlupf gefunden und zudem sind viele Strukturen der Guerilla im Grenzgebiet aktiv. Hier haben sie neben den Unterschlupfmöglichkeiten die Voraussetzung, um sich auf das kolumbianische Territorium auszudehnen. Darüber hinaus zeigen die jüngsten Informationen über den Tod eines ihrer großen Kommandierenden, Jesús Santrich, dass das Zufluchtsland nun nicht mehr 100 prozentig sicher ist. Obwohl es unterschiedliche Versionen zu dieser Tatsache gibt – von einer Operation der kolumbianischen Streitkräfte über Söldner bis hin zu einem möglichen Verrat – ist klar, dass die Verwundbarkeit der Kommandeure im Nachbarland zugenommen hat.

Für die FARC-EP, Zweites Marquetalia, ist die Entstehungsgeschichte interessant, die wiederum auch die internen Differenzen zwischen der politisch-militärischen Ausrichtung beleuchtet. Neben den Differenzen zum Umgang mit dem Friedensprozess wird deutlich, dass es einen unumkehrbaren Bruch zwischen Márquez, Santrich und anderen Kommandierenden des heutigen „Zweiten Marquetalia“ mit dem Sektor Timochenko, Pastor Alape und Carlos Lozada aus der damaligen Guerilla und heutigen Partei Comunes gab. Ihnen wird Mutlosigkeit und Schwarzmalerei durch das Handeln während des Friedensprozesses und danach bei der (Nicht-)Umsetzung vorgeworfen und durch ihr Handeln die Auslöschung der aufständischen Bewegung mitsamt seiner militärischen und ideologischen Säulen der FARC aus.

Hinzu kommt das Agieren bei der Schwächung des Ostblocks der FARC-EP, einst die politisch-militärische Stütze der Guerilla, die ständige Bloßstellung der FARC-Führer bei ihren Versetzungen nach Havanna, dem Verhandlungsort. Im Mittelpunkt steht auch der Versuch, den Zentralen Generalstab bei der Zehnten Konferenz der FARC 2016 zu erneuern und die Zensur mitten auf dem Gründungskongress der FARC-Partei im Jahr 2017. Hier gab es harte Debatten, nicht nur um Namen und Ausrichten der Partei, sondern auch um die Posten. Márquez und Santrich traten erneut als Oppositionsfraktion auf, als hier die aktuelle politische Entwicklung der neuen FARC-Partei diskutiert wurde. Das Fehlen von Sicherheitsgarantien, die Nichteinhaltung des Friedensabkommens, die Festnahme von Jesús Santrich im April 2018 sowie eine drohende Operation gegen Iván Márquez führten zur Neugründung der FARC-EP und Abkehr aus der zivilen Wiedereingliederung.

An welchem ​​Punkt befindet sich die FARC-EP, Zweites Marquetalia, und wie ist sie derzeit aufgestellt? Hier wird festgehalten, dass sie noch lange nicht die Dimensionen und Kapazitäten der alten FARC-EP hat. Obwohl sie versucht, diese Guerilla heraufzubeschwören, ist sie eher eine kombinierte Organisation aus verschiedenen bewaffneten Fraktionen, die ein größeres Maß an Autonomie anstreben und nach wirtschaftlicher Unterstützung oder ideologischer Unterstützung suchen. Diese Fraktionen befinden sich in einer Einheitsphase. Einige regionale Vorstöße stehen noch am Anfang. Obwohl sie lokale Gruppen hinzufügte und damit ihren Einfluss ausweitete, sind ihre militärischen Kapazitäten mit einigen Ausnahmen wie der Front Acacio Medina im Osten des Landes im venezolanischen Grenzgebiet und den Provinzen Vichada und Guainía weiterhin begrenzt.

Zwar versucht sie politisch, anknüpfend an die alten Werte und politische Programmatik der FARC-EP (Marxismus-Leninismus, Bolivarismus, Antikapitalismus), die Öffentlichkeitsarbeit auszubauen, zum Beispiel über die sozialen Medien und die Herausgabe von Kommuniqués, doch weiterhin bleiben die Schwierigkeiten bestehen, bewaffnete Gruppen zu integrieren. Neue Mitglieder konnten rekrutiert werden, diese machen heute sogar die Mehrheit der Gesamtmitglieder aus. Der Versuch, eine vertikale Führung durchzusetzen, ist auf Strukturen gestoßen, die über territoriale Macht, Unabhängigkeit und Zugang zu Finanzierungsquellen verfügen. Hier zeigt sich ein generelles Problem der Guerilla, die sich im Prinzip von oben, von den Kommandierenden aus, nach unten zu den verschiedenen Strukturen gegründet hat und nicht andersherum.

Auch die Projekte zur Neugründung von der Partido Comunista Clandestino Colombiano (Klandestine Kommunistische Partei) oder der Movimiento Bolivariano por la Nueva Colombia (Bolivarische Bewegung für das Neue Kolumbien) machten zwar Fortschritte, aber der Tod von Jesús Santrich als einen der Hauptverantwortlichen für die Kommunikationsnetze der FARC-EP und für die politische Arbeit zeigt aktuell den Stillstand, auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Im Moment ist kein Ersatz bekannt. Die Mittlere Direktion der FARC-EP ist für die Beziehungen zwischen den regionalen Strukturen und der Nationalen Direktion zuständig und koordiniert die politischen Grundlagen der Organisation. Sie wird der zukunftsweisende Weg der Guerilla sein, denn nur durch eine lokale bzw. regionale Verankerung und politische Arbeit kann eine aufständische Bewegung wachsen.

Als Projekt stößt das „Zweite Marquetalia“ auf erbitterten Widerstand in den Strukturen um Iván Mordisco und Gentil Duarte und ihrer FARC-EP, die im Südosten des Landes und jenseits der Grenze einen wichtigen Einfluss haben. Die Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen diesen beiden bewaffneten Gruppen werden durchzogen von den Hinterlassenschaften des bewaffneten Konflikts, den Differenzen und Spaltungen innerhalb der FARC sowie den individuellen Motivationen und Positionen ihrer Kommandeure. Im Moment ist es schwer vorstellbar, dass sich ein dominanter Akteur festigt, der den anderen unterwirft oder aus dem Spiel nimmt. Wobei festgestellt werden muss, dass sich um Gentil Duarte eine Bewegung formierte, die derzeitig eine größere militärische Strahlkraft aufweist, was sich in Aktionen im Osten des Landes, aber auch im Westen mit dem Westkommando, der Vereinheitlichung diverser Strukturen, zeigt.

Ein zentraler Punkt in der Zukunft der FARC-EP, Zweites Marquetalia, wird die Anpassungsfähigkeit ihrer Struktur sein. Es ist unwahrscheinlich, dass sich derzeit eine zentralisierte bewaffnete Organisation mit einer vertikalen Führungsdisziplin – ähnlich der alten FARC-EP – den verschiedenen lokalen Gruppen artikulieren oder aufzwingen kann. Doch im Putumayo, mit der Vereinigung der dortigen Struktur aus ehemaligen Kämpfern der 32. und 48. Front, zeigt sich der erfolgreiche Kooperationswille. Mit Rückschlägen, gerade auch aus militärischer Hinsicht, muss aber immer gerechnet werden. Zuletzt traf es mindesten fünf Guerilleros in Caquetá bei San Vicente del Caguán, als bei einer Bombardierung und Militäroperation eine Struktur der FARC-EP, Zweites Marquetalia, empfindlich getroffen wurde.

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Friedensunterzeichnerin ermordet – Massaker in San Vicente del Caguán

In der Nacht zum Freitag, dem 25. Juni, wurde eine weitere ehemalige Guerillakämpferin und Friedensunterzeichnerin des Abkommens ermordet. Es ist Norelia Trompeta Hachacua, eine Frau, die sich im Prozess der Wiedereingliederung in das zivile Leben in Buenos Aires, einer Gemeinde in der Provinz Cauca, befand. Mit Norelia sind seit der Unterzeichnung der Abkommen im Jahr 2016 bereits 277 ehemalige Kämpfer der sich entwaffneten Guerilla getötet worden.

Nach bisherigen Angaben wurde die 25-jährige Frau nachts im Dorf El Palmar von bewaffneten Männern angegriffen, die auf sie schossen. Am Tatort wurde die ehemalige Guerillakämpferin zusammen mit einer weiteren noch nicht identifizierten Frau gefunden, beide mit Schusswunden am Kopf. Bereits Anfang Juni war Jose Alonso Valencia von bewaffneten Männern auf einem Fußballplatz in Tuluá im Valle del Cauca erschossen worden.

Im Cauca ist der bewaffnete Konflikt besonders stark. Neben den staatlichen Sicherheitskräften und paramilitärischen Strukturen sind hier in Buenos Aires auch verschiedene Gruppen der aufständischen Bewegungen FARC-EP und ELN präsent. Oftmals ist die Situation komplex und nicht gleich durchschaubar. So gibt es Strukturen der FARC-EP, wie die Kolonne Jaime Martínez, die auf Seiten der 1. und 7. Front unter Duarte und Mordisco stehen, aber auch Strukturen der FARC-EP, Zweites Marquetalia, unter Iván Márquez.

Ähnlich ungenau sind die Erkenntnisse von einem neuen Massaker, welches sich im Ort Los Pozos in der Gemeinde San Vicente del Caguán, Provinz Caquetá ereignete. Dort wurden fünf Männer ermordete Männer aufgefunden, anbei mit einem Hinweis, dass es ausstehende Rechnungen bei der FARC, Front Edinson des Ostblocks, gab. Diese Struktur ist relativ neu, erst vor einer Woche wurde eine Person ermordet und bei ihr ein Flyer der besagten „Frente Edinson Cinco Mil“ gefunden, bei der die Ermordung mit Viehdiebstahl in Verbindung gebracht wird.

Zum einen sind die Strukturen der FARC-EP hier sehr ausgeprägt und soziale Kontrolle bzw. Nichtbefolgen von Aufforderungen wie dem Bezahlen der Revolutionssteuer wird oftmals bestraft und Exempel statuiert. Auf der anderen Seite sind es auch Methoden der paramilitärischen Strukturen, die Personen hinrichten, um dies auf die Guerilla zu schieben. Ziel ist das Schüren von Angst und Terror.

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Treffen der Wahrheitskommission zu Entführungen

Am morgigen Mittwoch, den 23. Juni, trifft sich die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt zum ersten Mal mit den Verantwortlichen für ihre zwischen 2002 und 2008 stattgefundene Entführung durch Einheiten der FARC-EP. Das von der kolumbianischen Wahrheitskommission organisierte Treffen soll ein Akt der Anerkennung sein, in dem die ehemalige Senatorin ihre Aussage vor den Verantwortlichen der ehemaligen Guerilla FARC-EP machen wird.

Seit ihrer Rettung bei der „Operation Jaque“ am 2. Juli 2008 ist es das erste Mal, dass sich die bekannte Politikerin mit den ehemaligen Guerilleros trifft. Lange Zeit war ein Treffen auch deshalb undenkbar, weil sie sich durch ihre Aussagen trotz ihrer widrigen erfahrenen Umstände innerhalb der aufständischen Bewegung sehr unbeliebt machte. Außerdem werden andere bekannte Personen, die sich in der Gewalt der Guerilla befunden haben, an dem Treffen teilnehmen, darunter Alan Jara, der ehemalige Gouverneur der Provinz Meta.

Von Seiten der ehemaligen Guerilla werden die in heutigen Partei Comunes aktiven Rodrigo Londoño, Pastor Álape und Carlos Antonio Lozada anwesend sein. Anfang 2020 entschuldigten sich Rodrigo Londoño und andere Politiker der Partei in einem öffentlichen Brief bei den Opfern und räumten ein, dass es sich um einen „sehr schweren Fehler“ gehandelt habe. Bereits seit dem Friedensprozess und dem Verzicht auf das revolutionäre Gesetz 002, gab es zahlreiche auch interne Debatten.

Bei dem sogenannten Gesetz 002 zur Revolutionssteuer legte die FARC-EP im März 2000 fest, dass eine Friedenssteuer den Personen oder Körperschaften aufzuerlegen sei, deren Vermögen eine Million US-Dollar übersteigt. Sollte nach einer zweiten Vorladung keine Kooperation stattfinden, sollte eine Inhaftierung erfolgen. Eine andere Form der Gefangennahme war, wie im Fall von Íngrid Betancourt, das Faustpfand zur Freilassung von politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen der FARC-EP aus den kolumbianischen Gefängnissen.

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Ausbau der politischen Arbeit der FARC-EP im Nordosten

Wie die verschiedenen Strukturen in den kolumbianischen Territorien agieren, zeigt ein aktuelles Kommuniqué der 28. Front „José María Córdoba“ der FARC-EP, die eng mit der 10. Front der FARC-EP und dem militärischen Ostblock unter Gentil Duarte kooperiert. In der letzten Zeit ist die 28. Front, die auch sehr stark in Arauca präsent ist und dort zuletzt die 10. Front im Kampf gegen die venezolanische Armee unterstützt hatte, sehr aktiv und erneuert mit dem Kommuniqué die Bereitschaft für die soziale und politische Arbeit. Allerdings wurde im Mai auch eine vermutlich für die Finanzen der Front verantwortliche Person festgenommen, dass Kommuniqué drückt damit auch die neuen Verantwortlichkeiten aus.

So werden in jeder Front verantwortliche Personen bestimmt, um mit den Gemeinden und auch zur Einziehung der Revolutionssteuer mit verschiedenen Institutionen in Kontakt zu treten. Diese Erklärungen werden dann über die sozialen Netzwerke verteilt und dienen der Informationsweitergabe. Die vom Generalstab bestimmten Personen handeln dann wiederum mit eigenen Vertrauten und so entsteht ein Netz von bestimmten Zellen, die politische und finanzielle Aufgaben übernehmen. Dies wird im aktuellen Kommuniqué beispielhaft deutlich. In Boyacá und Casanare sollen also die Strukturen neu aufgebaut werden.

Gepaart sind diese Informationen mit der Ansage, die Kleinkriminalität zu bekämpfen und in einen Stillhaltepakt mit der ELN zu treten. Die ELN ist in Arauca besonders stark und seit vielen Jahren gab es teilweise erbitterte Auseinandersetzungen zwischen den beiden aufständischen Organisationen um die territoriale Kontrolle. Die Mitteilung im Kommuniqué der 28. Front ist also als ein Aufrechterhalten dieses Paktes zu sehen. Nichts destotrotz strebt die FARC-EP dort nach mehr Kontrolle. Zuletzt sorgten die Kämpfe zwischen FARC-EP und den venezolanischen Sicherheitskräften für Aufsehen, bei der die FARC-EP militärisch nicht besiegt werden konnte. Im Grenzgebiet hat die Guerilla ihre Strukturen zuletzt stark ausbauen können.

Dies zeigt sich in der Verankerung der aufständischen Bewegungen in den politischen und sozialen Organisationen der Region. Der Staat ist oft nur militärisch präsent und dringende Probleme der lokalen Bevölkerung werden oftmals nicht angegangen. Zuletzt gab es vor allem in Arauca eine Verhaftungswelle von Personen, teilweise in öffentlichen Funktionen von Behörden und Institutionen, denen vorgeworfen wird, Teil von politischen Strukturen der FARC-EP zu sein. Oftmals dienen solche Anschuldigungen aber auch zur grundlosen Verhaftung von politisch tätigen Personen, ohne dass diese einer Struktur einer aufständischen Bewegung angehören.

Anbei die Übersetzung des Kommuniqués aus dokumentarischen Zwecken:

 

Kommuniqué an die Öfentlichkeit

Brüderliche und bolivarische Grüße an alle Einwohner der Departements Casanare und Boyacá, an die sozialen Führer und ihre verschiedenen Organisationen, Menschenrechtsverteidiger, indigene Gemeinschaften, Bürgermeister, Stadträte und andere lokale Behörden.

An die Genossen der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) und anderer revolutionärer Organisationen.

An die nationale und internationale Gemeinschaft.

Diese Mitteilung ist informativ.

Erstens. Die Genossen Marlon Saravena und Wilder Castellanos sind die Verantwortlichen für die Lösung sozialer, arbeits- und wirtschaftlicher Probleme in den Gemeinden von Boyacá und Casanare.

Zweitens. Wir bekräftigen die Verpflichtung zu Einheit, Solidarität und Brüderlichkeit im Rahmen des Respekts gegenüber den Genossen der Nationalen Befreiungsarmee (ELN).

Drittens. Wir bekräftigen unser Engagement zur Bekämpfung von Armut, Drogensucht und Kriminalität, wie wir es demonstriert haben. Es wird keine Grenzen geben, um alle Geißeln zu beenden, die in der kolumbianischen Gesellschaft vorkommen.

Die FARC-EP ist eine revolutionäre Organisation mit der Berufung zur Macht, um die Struktur des kolumbianischen Staates zu ändern, der nur eine korrupte und ausbeutende Minderheit begünstigt.

Wir verabschieden uns mit einer brüderlichen Umarmung von allen Casanareños und Boyacenses.

Generalstab der 28. Front José María Córdoba

Berge und Savannen von Boyacá und Casanare, 8. Juni 2021

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Algeciras in der Spirale der Gewalt

Als Ende Mai, also vor einer Woche, in der ländlich geprägten Gemeinde Algeciras neun Personen auf einer Kaffeefinca ermordet wurden, zeigte sich die schwierige Sicherheitslage und die prekäre Situation dieser Gemeinde, die im Südosten der Provinz Huila liegt. Seit 2020 wurden bereits über 40 Einwohner getötet und Hunderte vertrieben. Auch wenn die Landwirtschaft hier stark vertreten ist, so zählt Algeciras zu den ärmeren Gemeinden in Huila. Und wie so häufig ist der Staat, außer in seinen staatlichen Sicherheitskräften mitsamt ihrer Repression, kaum präsent. Dabei hegte die lokale Bevölkerung nach dem Abschluss des Friedensabkommens zwischen der FARC-EP und der Regierung große Hoffnungen auf Frieden und Entwicklung, doch sie wurden bitter enttäuscht. Zudem verdeutlicht Algeciras einmal mehr, wie wichtig es gewesen wäre, die vom Konflikt betroffenen Gemeinden stärker politisch und wirtschaftlich zu unterstützen.

Leider ist Gewalt und der bewaffnete Konflikt in dieser Gemeinde nichts Neues. Die geographischen Bedingungen und seine Lage im nationalen Territorium machen Algeciras zu einem strategischen Korridor zwischen Caquetá und dem Osten des Landes mit dem Zentrum und dem Westen des Landes. Algeciras war in Zeiten der sogenannten Violencia in den 1950er Jahren Schauplatz von Konfrontationen und wurde mit dem Entstehen der Guerilla FARC-EP in den 1960er Jahren zu einer Bastion der aufständischen Bewegung. Die Bevölkerung akzeptierte die Schutzmacht gegen repressiven Staat und Paramilitärs und die Guerilla hatte mit der östlichen Kordillere eine bergige Region mit vielen Unterschlupfmöglichkeiten. Von 1965 bis 2013 griff der militärische Ostblock der FARC-EP zwölfmal die Gemeinde an und nahm die Stadt viermal ein. Besonders stark waren hier die 3. Front und vor allem die mobile Kolonne Teófilo Forero.

Nachdem im Rahmen der Waffenniederlegung zuerst Ruhe in die Gemeinde einkehrte, ist nun die Gewalt erneut zurück. Dabei ist manchmal nicht ganz klar, wer hier für die Gewalt verantwortlich ist, denn paramilitärische Strukturen schüren im Rahmen von Massakern, Bedrohungen und falschen Informationen Angst und nutzen dabei häufig die Namen von Strukturen der neuentstandenen FARC-EP. Fakt ist aber auch, dass sich neue Strukturen der FARC-EP in der Gemeinde positionierten. Seit 2018 und vor allem im letzten Jahr zeigten sich Strukturen wie eine Einheit Manuel Marulanda Vélez, eine Kommission der 62. Front, eine Einheit Óscar Mondragón der Kolonne Teófilo Forero der FARC-EP, Zweites Marquetalia, aber auch Personen aus der ehemaligen mobilen Kolonne Teófilo Forero, die sich nicht der FARC-EP, Zweites Marquetalia zugehörig fühlen.

Es folgte, wie so häufig in Kolumbien, eine Militarisierung der Gemeinde, jedoch ohne den Konflikt damit lösen zu können. Zum einen sind Armee und Polizei nur an wenigen Punkten stationiert und haben aufgrund der geographischen Bedingungen keinen Überblick über die Gemeinde. Vor allem jedoch muss der Konflikt politisch und ökonomisch gelöst werden, durch Investitionen in die Gemeinden, in die Infrastruktur und sozialen Dienstleistungen. Solange hier keine Entwicklungen stattfinden, solange der Konflikt, die Ungleichheit, die Korruption und die Umsetzung des Friedensabkommens nicht stattfinden, solange wird der strukturelle Konflikt auch nicht gelöst werden. In die Umsetzung zählen zum Beispiel die 170 Gemeinden, darunter Algeciras, die gemäß dem Abkommen mit einem Entwicklungsprogramm mit territorialem Ansatz (PDET) priorisiert wurden. Dies bedeutet Investitionen in den am stärksten vom Krieg betroffenen Gemeinden.

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