Kein Interesse an Frieden und Friedensabkommen

Der am Dienstag von einer internationalen Menschenrechtsexpertin vorgelegte Bericht über die Hindernisse bei der Umsetzung des Friedensabkommens und den Fall Jesús Santrich enthält neben aufklärenden Fakten auch einige Empfehlungen für den kolumbianischen Staat und die internationale Gemeinschaft, wie die Umsetzung des Abkommens von 2016 und die Ermittlungen im Fall der ehemaligen FARC vorangebracht werden können.

Das Dokument erkennt die Fortschritte bei der Umsetzung des mit der im Jahr 2016 unterzeichneten Abkommens und sich entwaffneten FARC an, benennt jedoch mindestens sechs Hindernisse, darunter die rechtliche Instabilität für ehemalige FARC-Kämpfer, das Wiederaufflammen der Gewalt und die Notwendigkeit eines hohen Amtes zur Koordinierung und Leitung der Umsetzung des Abkommens von Havanna.

Der Bericht enthält auch Bemerkungen zu der Klage, die die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) gegen die Generalstaatsanwaltschaft wegen der Verhaftung des ehemaligen FARC-Kämpfers Jesús Santrich eingereicht hat, sowie zur Schwächung des Vertrauens in das Friedenstribunal. In dem Bericht werden weitere Einzelheiten zu diesem Vorfall genannt, und es heißt, dass im Fall von Santrich ein Agent provocateur eingesetzt worden sein soll.

Wir erinnern uns, dass der Fall Santrich und die Verfolgung und potenzielle Verhaftung von anderen ehemaligen Kommandierenden wie Iván Márquez, einer der Gründe war, dass sich die FARC-EP wiederbewaffnete. Hinzu kam, wie im aktuellen Dokument auch beschrieben, die mangelnde Umsetzung des Vereinbarten und gar das fehlende Interesse an dem Abkommen für Misstrauen unter den ehemaligen Kämpfern sorgte. Probleme in der Wiedereingliederung der ehemaligen Kämpfer sorgten dafür, dass sich einige Personen wieder der neuen FARC-EP anschlossen.

Der Aufschrei über dieses Dokument und die mangelnde Umsetzung des Friedensabkommens hält sich in Kolumbien jedoch in Grenzen. Stattdessen wird ein kriegsrhetorischer Kurs geführt, darauf schießt sich die Öffentlichkeit und die Medien lieber ein. Das grundlegende Probleme wir Landbesitz, soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit sowie Korruption und mangelnde politische Transparenz nicht angegangen werden, wird auch zukünftig dafür sorgen, dass bewaffnete Akteure und Organisationen überleben werden.

Medien und Öffentlichkeit berichten lieber darüber, dass die FARC-EP unter dem Kommando von Iván Mordisco ein Krankenwagen und eine Ambulanzstation der Bevölkerung spendiert haben. Dies geschah in El Tambo, Provinz Cauca, wo neben den lokalen Gemeinden auch die FARC-EP Geld sammelte und ein Delegierter der Verhandlungsdelegation Nelson Enrique Ríos, alias Gafas, an dem Akt der Übergabe teilnahm. Bereits zuvor entscheid sich die Bevölkerung in der Provinz Caquetá, den Namen einer Schule nach dem ehemaligen Kommandanten Gentil Duarte zu benennen. Dies spiegelt den Rückhalt der Bevölkerung für die Guerilla, aber auch die staatliche Verachtung für die ländlichen Regionen wider, in der die Guerilla diese Funktion übernimmt.

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