Zur Debatte um sexualisierte Gewalt von Frauen

Ein kurzes Statement zur von der Regierung scheinheilig geführten Debatte gegenüber der FARC, obwohl das Thema wichtig ist, aufgearbeitet gehört und den Opfern Anerkennung zugesprochen werden muss.

„Wie können wir nicht empört sein, wenn die Rechte unseren Körper instrumentalisiert, unsere Geschichte, unseren Kampf, um ein anderes politisches Experiment zu zerstören?
Es fällt mir schwer, Wut zu vermeiden, wenn eine Genossin, Victoria Sandino, all dem Hass ausgesetzt sein muss, den die konservativen Kräfte entfesseln können.
Vergewaltigung, Zwangsabtreibungen, sexuelle Sklaverei … `Denunzieren´. Es ist nichts Neues in dem Angriff. Was ist es wichtig, wenn sie alle Maschinerie haben, um es im kollektiven Gedächtnis `wahr´ zu machen?“

Dies sind die einleitenden Worte von Violeta Narváez, Mitglied der FARC, auf die neue alte Debatte zu sexualisierter Gewalt in den Reihen der ehemaligen FARC-EP. Immer wieder in den zurückliegenden Jahren erhob die kolumbianische Rechte diese scheinheilige Diskussion auf die Tagesordnung, um einen medialen Krieg gegen die ehemalige aufständische Bewegung FARC-EP zu führen, sie zu diskreditieren und um von eigenen Verbrechen abzulenken und dabei die Deutungshoheit zu gewinnen. Klar, ihnen stehen dabei die Medien offen, die sich auf solche Geschichten stürzen und die Guerilla zu Monstern darstellen.

Trotz eines Friedensprozesses, trotz eines Abkommens und trotz dem Versuch einer Aufarbeitung der Geschichte der Guerilla und der des bewaffneten Konflikts sind die Zeiten des Hasses noch nicht vorbei. „Früher, als der Krieg uns selbst zu einer illegalen Gruppe machte und wir nicht viele Tribünen hatten, um uns auszudrücken, sagte die Rechte, dass die Frauen zum Eintritt in die FARC gezwungen wurden, gezwungen wurden mit den Kommandeuren zu schlafen, abzutreiben…“ Immerhin gibt es jetzt andere Möglichkeiten zu sagen, dass es nicht so ist, im Fernsehen, im Radio, in Büchern, in sozialen Netzwerken und im Kongress der Republik.

Dort, im Kongress, sah sich vor ein paar Tagen Victoria Sandino üblen Anschuldigungen ausgesetzt, sie wurde angeschrien und musste sich, statt politische Diskussionen zu führen, gegen diese Angriffe rechtfertigen. Um die FARC als linke Bewegung anzugreifen, sind sie eben nicht in der Lage, eine politische Debatte auf der Grundlage ideologischer Unterschiede zu führen, sondern nur durch Diffamieren, Lächerlich machen, Marginalisieren oder ohne Skrupel zu zerstören.

Dabei sind sie, die kolumbianische Rechte, diejenigen, die zwar in diesen Hetzkampagnen an den gesunden Menschenverstand und die Menschenrechte appellieren, aber dabei verbergen sie, was eigentlich ihr Denken und Handeln ausmacht: Sie sind nicht an der Autonomie der Körper von Frauen interessiert. Sie sind gegen die Abtreibung, einschließlich einer legalen, freien und sicheren. Sie stellen sich einem modernen Frauenbild in den Weg und sind festgefahren in den machohaften Strukturen und wollen keine autonomen, selbstbestimmten Frauen. Welch Heuchelei!

Sie treten als die Hauptprotagonisten der Frauenrechte ein, für die Opfer der sexualisierten Gewalt, doch sie sind diejenigen, die die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) und die Wahrheitskommission angreifen, deren maßgebliche Aufgabe es ist, die Wahrheit, die Täter und die Opfer des jahrzehntelangen Konfliktes in Kolumbien aller Akteure herauszuarbeiten. Weil sie wissen, dass der Staat, zum Beispiel in Form seiner staatlichen Sicherheitskräfte und seiner Paramilitärs, nicht unschuldig bei sexualisierter Gewalt ist. Im Gegenteil, anders als in der FARC-EP waren bzw. sind unter anderem bei den paramilitärischen Kräften die Fälle von sexualisierter Gewalt strategisches Handeln.

In der FARC-EP gab es in den Statuten eine klare Regelung zum Verbot von Vergewaltigung und sexueller Gewalt. Geregelt war dies im Punkt „J“. Die Bestrafung erfolgte über ein Kriegsgericht und wurde mit aller Härte vollzogen, mittel der Todesstrafe. Klar, die FARC-EP war keine perfekte emanzipatorische Bewegung und ihre Mitglieder nur ein Spiegelbild der kolumbianischen Gesellschaft. Die FARC-EP hat nie bestritten, dass es in ihren Reihen, wie auch im Rest der Gesellschaft, Fälle von sexueller Gewalt gegeben hat. Doch hier erfolgten eine Bestrafung und vor allem eine Thematisierung der Rolle der Frauen und ihrer Rechte.

Die kolumbianische Rechte weiß genau, dass die Frauen in der FARC-EP einen Ort der Leistung und Anerkennung gefunden haben, den es woanders nicht gab. Violeta Narváez bringt es auf den Punkt: „Wir befähigten uns selbst, ja, und nicht nur eine Waffe in unseren Händen zu haben, sondern auch politische Subjekte zu werden, die in der Lage sind, die Realität zu bestreiten, Protagonisten zu sein und aus dem Schatten zu kommen. Und dieses Recht hat der kolumbianische Staat den übrigen kolumbianischen Frauen nie garantiert.“ Der kolumbianische Staat greift auf Themen wie die „sexuelle Gewalt in der FARC“ zurück, um ihre Korruptionsskandale und ihre Nichteinhaltung der Friedensverpflichtungen zu vertuschen, sowie den Gegenüber (die FARC) zu delegitimieren.

In der Debatte und Anhörung zu den Opfern im Kongress ist nicht nur Victoria Sandino angegriffen worden, „sondern alle Mitglieder der FARC, die Gefallenen in diesem langen Kampf, diejenigen, die im Gefängnis sind und diejenigen, die auf Straßen und Dörfern sind, in der Erfüllung der Verpflichtung, die wir mit der Gesellschaft machten, um ein anderes Szenario für das Land und natürlich für die Frauen in Kolumbien zu eröffnen. Aber wir werden weiter Widerstand leisten. Davon hängt unsere wahre Emanzipation ab.“

Unterdessen erklärte Victoria Sandino die volle Bereitschaft an der Aufklärung zu sexualisierter Gewalt mitzuwirken. „Wir bringen unsere völlige Ablehnung gegenüber denjenigen zum Ausdruck, die im Rahmen des bewaffneten Konflikts geschlechtsspezifische Gewalttaten begangen haben, wir laden alle Opfer dieser Ereignisse ein, zu kommen und die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden zu unterstützen, um ihre Rechte zu gewährleisten.“ Wichtig wäre es, wenn die Regierung ihrer Verpflichtung ebenso nachkommen würde und Frauenrechte auch wirklich zu ihrer Agenda machen würde, anstatt politische Diffamierungen zum Eigennutz zu betreiben und eine reale Politik für Frauen außer Acht zu lassen.

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Mobilisierung für den Frieden

In Kolumbien kam es am gestrigen Montag zu großen Demonstrationen und Kundgebungen in vielen Städten und Dörfern. Die großen Mobilisierungen fanden im Kontext zur Verteidigung des Friedens, des vereinbarten Abkommens und der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) statt.

Angesichts der Besorgnis, die die Einwände von Präsident Duque gegen das Gesetz der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) hervorgerufen haben, gingen am gestrigen Montag Tausende Menschen der politischen Opposition, der sozialen und populären Bewegungen und natürlich der FARC auf die Straßen des Landes, um den Frieden zu verteidigen. Ihre Hoffnung besteht darin, durch diese großen Mobilisierungen einen positiven Einfluss auf die angekündigten negativen Veränderungen der Gesetzgebung und generell der mangelnden Umsetzungen des Friedensabkommens zu nehmen. In Bogotá fanden sich Tausende am Abend auf dem zentralen Plaza Simón Bolívar ein und sorgten mit Kerzen und Lichtern für ein kraftvolles Ambiente.

Weitere große Demonstrationen gab es unter anderem in den Städten von Medellín, Cali, Cartagena, Barranquilla, Bucaramanga, Santa Marta, Popayán, Cúcuta, Pereira und Ibague. „Verteidigen wir den Frieden“ stand auf einem riesigen Transparent, dass während der Demonstration von ehemaligen Ministern der Regierung von Juan Manuel Santos, Kongressabgeordnete der alternativen Bank und Führern der Bewegung Colombia Humana (Menschliches Kolumbien), des Demokratischen Pol, der Grünen Allianz, der Patriotischen Union und der Alternativen Revolutionären Kraft des Volkes (FARC) gehalten wurde. Auch die Nationale Indigene Organisation Kolumbiens und die wichtigsten Gruppierungen der Studenten, der Lehrer und der Gewerkschaften waren bei der Mobilisierung mit dabei.

Die Mobilisierung drückt die Besorgnis aber auch die Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung aus, die den Frieden derzeit mit den Füßen tritt. Mittlerweile verschärft sich die Stimmung, denn mit der fehlenden Umsetzung, vor allem der Reformen im Agrar- und Politikbereich sowie der fehlenden freiwilligen Substitution der illegalen Pflanzen, der mangelnden Rechtssicherheit durch die Beschneidungen der JEP und einer destruktiven Wiedereingliederung der FARC, rumort es auch innerhalb der ehemaligen Guerilla. Zuletzt vertagte Iván Márquez seine Entscheidung, vor der JEP auszusagen und begründet dies mit Sicherheitsproblemen. Auch alias „El Paisa“ (ehemaliger Kommandant der mobilen Kolonne Teofilo Forero) kam nicht zu seinem Termin vor der JEP, um dort auszusagen. Beide ehemaligen Kommandierenden, sowie weitere der mittleren Ebene, halten sich mit unbekanntem Aufenthaltsort versteckt. Es besteht die berechtigte Angst, dass sich immer mehr Personen den dissidentischen Gruppen der FARC anschließen.

Währenddessen weitet sich der Generalstreik im Südwesten des Landes, aber auch die staatliche Repression aus. Unter dem Begriff der „Minga“ mobilisieren seit einer Woche vor allem die indigenen Gruppen im Cauca zu vielfältigen Demonstrationen und Aktionen, um die Einhaltung des Friedensabkommens, aber auch um Respekt gegen die indigenen Minderheiten mitsamt ihrer politischen Rechte zu fordern. So wurde die zentrale Verbindungsstraße „Panamericana“ blockiert, eine Tradition des indigenen Protestes gegen die kolumbianische Regierung. Die Regierung setzte die Aufstandsbekämpfungseinheit der Polizei ein, es kam zu zahlriechen Verletzten. Als eine Forderung des Protestes wir ein Treffen von Präsident Duque mit dem Regionalen Indigenen Rat Cauca (Cric), die höchste Instanz der indigenen Gemeinschaften in der Region, gefordert.

Die Anwesenheit des FARC-Senators Pablo Catatumbo im Dialog mit den Indigenen im Südwesten des Landes, inmitten der Blockade der Panamericana, sorgte unterdessen für Unruhe in der kolumbianischen Politik. Dies sei nicht mit der Regierung abgesprochen gewesen. Hier zeigt sich einmal wieder, wie kleinkariert die Regierung auftritt und wie unterschiedlich sie ihre Maßstäbe ansetzt. Für die FARC ist es völlig normal, in der für sie stark verankerten Region, den Protest zu unterstützen, den sie schon während des Krieges unterstütze. Immerhin bestanden die ehemalige 6. Front und die mobile Kolonne Jacobo Arenas zum Großteil aus Indigenen. Die Regierung nutzt nun die Bilder, um Angst und Desinformation zu schüren. Durch die Blockade der Panamericana kommt es landesweit zu Engpässen in Transport und Versorgung, was für die Regierung ein gefundenes Fressen für Propaganda gegen Indigene, Opposition und FARC ist.

Dazu passt derzeit auch wieder einmal das Schüren von falschen Informationen und negativer Propaganda gegenüber der FARC in Bezug auf sexuelle Gewalt. Immer wenn der Regierung der Verlust der Deutungshoheit droht, so wie im aktuellen Fall bei den Skandalen um die Einhaltung des Friedensabkommens, der JEP und der Korruption, versucht sie medial gegenzusteuern. Die Regierung will den Friedensprozess durch gezielte Falschinformationen in ihre Richtung lenken und disqualifizieren. Wie immer bietet sich die sehr polarisierende FARC als Bauernopfer an. Nun musste der Parteivorsitzende Rodrigo Londoño erklären, dass es zwar, wie überall in der Gesellschaft, Fälle von sexueller Gewalt in der FARC gab, die Sanktionen aufgrund der Statuten aber rigoros waren. So gab es keine systematische Politik der sexualisierten Gewalt und vorhandene Fälle wurden teilweise mit Todesurteilen durch Erschießen bestraft.

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Duque und sein Auftraggeber Uribe erstechen das Friedensabkommen

Mit seiner Ankündigung, Einwände gegen das Statutengesetzt zur Friedensgerichtsbarkeit JEP zu erheben, macht Präsident Iván Duque deutlich, dass er zum einen deutlich an der Seite der extremen Rechte und der Partei Demokratisches Zentrum (Centro Democrático) steht und zum anderen, dass der Frieden und die Umsetzung des Vereinbarten keinen Wert für ihn hat.

Die Friedensgerichtsbarkeit ist ein elementarer Bestandteil des Friedensabkommens, welches beide Seiten unterzeichnet haben. Es dient vor allem der Aufarbeitung, Entschädigung und juristisch-politischen Verurteilung von Straftaten im mehrere Jahre andauernden bewaffneten und sozialen Konflikt in Kolumbien.

Mit dieser Entscheidung wird das Misstrauen der ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfer der FARC gegenüber der Regierung noch größer, zumal schon jetzt viele Punkte des Abkommens nicht eingehalten werden und die Rechtssicherheit der ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfer, wie das Beispiel von Jesús Santrich zeigt, auf dem Spiel steht.

Es könnte auch dazu führen, dass sich noch mehr Personen den dissidentischen Gruppen der FARC anschließen und sich ehemalige Kommandierende, die jetzt schon eine große Skepsis gegenüber der Regierung und dem Friedensabkommen hegen und teilweise untergetaucht sind, in ihr eine größere Rolle spielen könnten.

In nur wenigen Tagen sollen sich unter anderem die Kommandierenden der ehemaligen Guerilla, Iván Márquez (Donnerstag) und Oscar Montero (Montag), die beide als Kritiker gelten, vor der Friedensgerichtsbarkeit JEP verantworten. Schon jetzt rumort es in der Basis der ehemaligen Guerilla und neue Partei FARC, als auch progressive Kräfte setzten Warnsignale ab.

Anbei dokumentieren wir das übersetzte Kommuniqué der FARC zu der Entscheidung des kolumbianischen Präsidenten:

Duque und sein Auftraggeber Uribe erstechen das Friedensabkommen

Laut Professor Ferrajoli ist der Frieden nicht verfügbar und widerspricht dem Mehrheitsrecht. Ihr Schutz, Inhalt und Pflege sind zwingend vorgeschrieben, unabhängig von Meinungen der Regierung oder politischen Entscheidungen. Die sechs Einwände des Präsidenten gegen das Statutgesetz sind politische Einwände, die keinerlei rechtliche Unterstützung haben. So offensichtlich ist dies, dass alle vom Verfassungsgericht anlässlich ihrer Äußerungen zum Gesetzgebungsgesetz 001 von 2017, mit dem die JEP gegründet wurde, und zum Statutgesetz der JEP, dass jetzt von der Exekutive boykottiert wird, abgewiesen wurden. Jetzt geht es nicht darum, die widersprüchlichen Argumente auseinanderzunehmen, die Álvaro Uribe an Duque geschickt hat, und ihn aufzufordern, Widerspruch gegen das Gesetz einzulegen, das allesamt widersprüchlich und willkürlich ist, wie das Verfassungsgericht zu seiner Zeit erklärt hat, sondern zu betonen, dass mit diesen Einwendungen das Demokratische Zentrum und seine Verbündeten einen Schritt weiter gehen, vielleicht den letzten, um den Friedensvertrag zu zerschmettern, wie es von Londoño auf dem letzten Kongress der Partei, die im Nariño-Palast die Plätze eingenommen hat, gesagt wurde.

Mit dieser Entscheidung verstoßen das Demokratische Zentrum und insbesondere sein Sprecher und jetziger kolumbianische Präsident Iván Duque gegen das Friedensabkommen, das vom Kongress der Republik in seiner zweiten Fassung gebilligt wurde, nachdem es durch die Ablehnung in der Volksabstimmung geändert wurde. Sie verstoßen gegen die verfassungsrechtliche Norm der Achtung und Erfüllung des Friedensabkommens, das durch das Gesetz 002 von 2017 gebilligt wurde; es verstößt gegen die Urteile des Verfassungsgerichts und verstößt gegen die von Kolumbien vor der Internationalen Gemeinschaft eingegangene Verpflichtung zur Einhaltung und Respekts des Abkommens. Seien Sie sich bewusst, dass Präsident Duque und sein Auftraggeber Álvaro Uribe mit dieser Entscheidung, die in das Herzstück des Friedensabkommens sticht, Kolumbien vor der internationalen Gemeinschaft zu einem geächteten Land werden wird, einem Land ohne Wort und Seriosität, das seine Verpflichtungen peinlich verletzt und in dem Niemand sich darauf verlassen kann, dass er nicht als Spielfigur verwendet wird, um die Toten in fremde militaristische Abenteuer zu versetzen. Und das alles, um die Interessen und die Straflosigkeit der mächtigen Kunden der Firma „Martínez Neira Abogados“ oder Álvaro Uribe zu verteidigen, die vor Angst zittern, weil sie in dem blutigen bewaffneten Konflikt zum ersten Mal ihren vielen Verantwortungen begegnen müssen.

Weiß Kolumbien, dass diese Einwände nicht zur Verteidigung der Opfer dienen, die vom Staat bis auf wenige Ausnahmen nie entschädigt wurden und weder das Demokratische Zentrum noch Álvaro Uribe besorgt haben. Sie verteidigen auch nicht die öffentliche Sicherheit, deren Mitglieder ausdrücklich die JEP verteidigt haben und die Verantwortung von Politikern fordern, die ihnen schreckliche Befehle erteilt haben. Die Einwände des Präsidenten sind dieselben, die immer wieder vom Martínez Neira-DEA-Álvaro Uribe-Konsortium gefordert wurden, um die JEP und das Friedensabkommen trotz der gegenteiligen Meinung des Verfassungsgerichts zu beenden. Die unverantwortliche Haltung des perfiden Konsortiums wurde durch die intensive Kampagne der Manipulation, Destabilisierung und Diskreditierung, die in den letzten Wochen gegen diese Friedensgerichtsbarkeit inszeniert wurde, offenbart. Die Chronik dieser angekündigten Einwände wurde mit Mitteln für verdeckte Operationen der Generalstaatsanwaltschaft und der DEA finanziert, wie in der Presse öffentlich anerkannt wurde. Wie viel Panik entfesselt sich gegenüber der Wahrheit!

Die politische Partei der FARC wird umgehend die politische Intervention der Internationalen Gemeinschaft und des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gemäß den im Friedensabkommen vorgesehenen Mechanismen beantragen, um zu verhindern, dass der mit so vielen Bemühungen aufgebaute Frieden von denjenigen zerstört wird, die den Krieg schon immer zu ihrer Bereicherung genutzt haben. Wir werden den Internationalen Strafgerichtshof auch auffordern, seine Überwachungs- und Interventionsmechanismen in Kolumbien zu verstärken, um zu verhindern, dass die vom Demokratischen Zentrum verhängte Straflosigkeit immer wieder regiert.

Wir fordern die kolumbianische Gesellschaft auf, das Friedensabkommen und das Integrale System der Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien der Nichtwiederholung zu verteidigen.

Nationaler Politischer Rat

Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes – FARC

11. März 2019

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Caquetá – Das Auf und Ab der Friedensbildung

Die südkolumbianische Provinz Caquetá ist eine der Regionen Kolumbiens, die am schwersten vom bewaffneten und sozialen Konflikt betroffen sind und die wiederum dadurch eine wichtige Funktion mit Symbolwirkung in der Friedensbildung einnehmen könnte. Hier gibt es exemplarische positive und negative Beispiele des Konfliktes und in der Friedensbildung, bzw. in der Umsetzung des Friedensabkommens, die nun kurz umrissen werden sollen.

Caquetá ist wie ein Spiegel, denn auf andere Regionen Kolumbiens treffen die nun beschriebenen Verhältnisse ähnlich zu. Im Caquetá gibt es mehrere Wiedereingliederungszonen der ehemaligen Guerilla FARC-EP, aber auch dissidentische Gruppen der Post-FARC, die in einigen Gebieten wieder die politisch-militärische Hoheit erringen. Die Probleme in den Umsetzungen des in Havanna Vereinbarten treffen auf Caquetá besonders zu. Bisher gibt es kaum Investitionen in die soziale und ländliche Infrastruktur, der Staat ist vor allem militärisch, also repressiv, präsent und grundlegende Veränderung für die Friedensbildung, wie in der Substitution von illegalen Drogenpflanzen und dem Anbieten von Alternativen gibt es kaum Fortschritte.

Doch zuerst zum Positiven: In der territorialen Ausbildungs- und Wiedereingliederungszone (ETCR) von Miravalle im Nordwesten des Gemeindebezirkes von San Vicente del Caguán gründeten fünf FARC-Mitglieder, die sich im Prozess der Wiedereingliederung befinden und drei Mitglieder der Gemeinde, darunter eine Frau, ein Abenteuertourismus-Projekt, das Rafting-Touren durch den Fluss Pato anbietet. Diese Region ist ein Symbol für die Geschichte des bewaffneten Konflikts in Kolumbien, den El Pato, wie die Region nach dem Fluss heißt, war eine der Epizentren des Konfliktes seit den 1960er Jahren, eine der sogenannten unabhängigen kommunistischen Republiken und permanenter Rückzugsraum für die FARC-EP. Mehrere große Bombardierungen erlebte diese Region, doch Guerilla und Bevölkerung waren für ihren Widerstand und ihre Organisierung bekannt.

Unterstützung erhielt das Abenteuertourismus-Projekt von internationaler Seite, so von einer Organisation aus Costa Rica, die alle Teilnehmenden schulten. Mittlerweile sind sie von der International Rafting Federation (FIR) als Rafting-Guides zertifiziert und bieten ihr Tourismusprojekt auch öffentlich an. Ebenso erhielt das Projekt Unterstützung vom Ministerium für Handel, Industrie und Tourismus, der Nationalen Agentur für Wiedereingliederung und Normalisierung oder auch der UN-Verifizierungsmission in Kolumbien. In Anerkennung ihrer Bemühungen lud die Internationale Rafting Federation (FIR) das Rafting-Team von Miravalle zu den Rafting-Weltmeisterschaften 2019 in Tully, Australien, ein. Dies wird eine Gelegenheit für die Beteiligten sein, andere Teams zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und ihre Geschichte zu teilen.

Caquetá ist aber auch bekannt als eine der Regionen, in der seit den 1980er Jahren massiv Koka angebaut wurde, was die FARC-EP später besteuerte und reglementierte. Koka war oftmals die einzige Einnahmequelle für die Bauern in den ärmlichen und entlegenen Regionen und umso größer war das Interesse, dieses Problem im Friedensabkommen verankern zu können und mit den lokalen Gemeinschaften zu bearbeiten. Dazu sollte es ein großflächiges Programm der freiwilligen Substitution der illegalen Pflanzen geben, mit gleichzeitiger Entschädigung für die Bauern und Investitionen in die Landwirtschaft. Nun gab es wieder Proteste der ehemaligen Koka-Bauern, unter anderem in San José del Fragua, um gegen die Versäumnisse zu protestieren, die der Regierung mit dem nationalen Programm zur Substitution, PNIS, angelastet werden.

Ihr Protest richtet sich gegen die fehlenden Entschädigungszahlungen, gegen die Repression von Armee und Polizei und vor allem auch gegen die neue Debatte zum Einsetzen von Glyphosat zum Besprühen von Landwirtschaftsflächen. Von den 34.767 Hektar, die von den Bauern freiwillig zerstört, ersetzt und von unabhängigen Organisationen bestätigt wurden, sind 29.393 Hektar von der UNODC mit einer Einhaltung von 94 Prozent überprüft worden. Von diesen 29.393 Hektar überprüften Anbauflächen befinden sich 17.311, fast 60 Prozent, in Putumayo, Caquetá, Meta und Guaviare im Süden des Landes. Hier haben sich also viele Bauern an die freiwillige Substitution gehalten. Auch wenn die Neuanpflanzungen im Süden Kolumbiens noch nicht ein hohes Maß erreicht haben, so zeigt die Problematik, dass die Regierung hier effektiv handeln könnte, um zur Befriedung beizutragen und nur das Umsetzen muss, was schließlich auch vereinbart wurde. Wenn nicht, dann müssen die Bauern wieder Koka zur Lebenssicherung anbauen und öffnet dies bewaffneten Gruppen die Türen.

Und auch der Krieg im Caquetá geht weiter. So bestätigten die Behörden den Tod von José Nencer Salgado Aragón, bekannt auch als „Chamo“, ein Anführer der FARC-Dissidenten im Caquetá. Er soll bei einer Militäroperation mit sieben Mitgliedern seiner Gruppe getötet worden sein. Alias „Chamo“ war der Nachfolger seines Bruders „Rodrigo Cadete“ und in der Region Caquetá aktiv. Die Militäroperation, zuerst ein Luftangriff der Armee mit anschließender Bodenoffensive, fand bei dem Dorf Mandalay, im Gemeindebezirk von San Vicente del Caguán, statt.

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Neue Posse im Fall Santrich

Eine neue Posse im Fall Jesús Santrich, dem ehemaligen Kommandierenden der FARC, der von den USA des Drogenhandels bezichtigt wird und seit April letztes Jahr ohne grundlegende Beweise im Gefängnis sitzt, sorgt für Unruhe. So kam es am Sonntag zur Festnahme von mehreren Personen, darunter beteiligte in der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP), weil sie mittels Geldes als Teil einer Bestechung den Auslieferungsprozess von Jesús Santrich beeinflussen wollten. Schon der Fall Santrich besteht aus großen Fragezeichen und steht für die Torpedierung des Friedensprozesses. Dazu äußerte sich nun der Nationale Politische Rat der FARC:

„Gerade als die Botschafterin der Europäischen Union in Kolumbien mehrere Gebiete des Landes bereiste, insbesondere diejenigen, in denen der bewaffnete Konflikt am stärksten zu spüren war und als sie öffentlich erklärte, dass die JEP tatsächlich ein Modell für andere Friedensprozesse sein könnte, überrascht die Generalstaatsanwaltschaft des Landes, angeführt von Néstor Humberto Martínez, das Land mit einem neuen Manöver zur Diskreditierung dieser seit geraumer Zeit abgelehnten Rechtsprechung.“

„Die Operation wurde am Vortag in zwei Hotels in der Hauptstadt der Republik durchgeführt und führte zur Festnahme von Carlos Julián Bermeo Casas, dem Ankläger II der Einheit für Ermittlung und Anklage der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, des ehemaligen Senators und Parapolitikers Luis Alberto Gil und andere Personen, außerdem tritt diese auf, als zwei Fragen von transzendentaler Bedeutung für die Konsolidierung des Friedensprozesses im Land diskutiert werden.“

Schon zuvor gab es im Land und in der Politik Debatten, wie juristisch mit dem JEP umzugehen ist und ob der Präsident das Gesetz zur juristischen Fixierung der JEP unterzeichnen wird. Kritik gab es aus den rechten Sektoren Kolumbiens, zudem auch der Generalstaatsanwalt Martínez gehört, der durch Unwahrheiten das Gesetz torpedieren will. Die JEP ist zuständig für die Entscheidung der Auslieferung von Jesús Santrich und ob er gegebenenfalls unter das Amnestiegesetz fällt.

„Unsere Partei verurteilt grundsätzlich jede Manifestation von Korruption im öffentlichen oder privaten Sektor, insbesondere wenn sie versucht, sich der Gerechtigkeit zu entziehen oder sie zu Gunsten privater Interessen zu nutzen. Aus diesem Grund vertrauen wir darauf, dass diese Episode strengsten Ermittlungen und Sanktionen unterworfen wird, damit die belegten Fakten begründet sind. Wir verurteilen jedoch nachdrücklich, dass mit ihnen beabsichtigt wird, das Ansehen und die Ernsthaftigkeit der JEP zu trüben.“

Die FARC sieht die neuen Vorbehalte und den aktuellen Fall al eine Kette von Aktionen, um das im endgültigen Friedensabkommen genehmigte Umfassende System der Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien der Nichtwiederholung zu verhindern. „Wir sind daher der Meinung, dass diese neue Show, die die Staatsanwaltschaft dem Land präsentiert hat, Teil der Infamie-Kette ist, mit der sie versucht, die Straffreiheit anerkannter wirtschaftlicher und politischer Kreise für ihre Verbrechen im Konflikt sicherzustellen.“ Bisher wird vor allem die ehemalige Guerilla FARC juristisch untersucht, nicht aber die anderen am Konflikt beteiligten Akteure.

„Kolumbien und die internationale Meinung dürfen nicht getäuscht werden. Die besondere Gerichtsbarkeit für den Frieden hat bereits unmissverständlich klargestellt, dass der Hauptangeklagte in dem von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Fall, nicht einmal die Ermittlungs- und Anklagestelle, der er angehört, den geringsten Einfluss auf die Entscheidung hat, die in dem Fall Santrich zu treffen ist. Es ist klar, dass wir es mit einer neuen Inszenierung im Fall Santrich zu tun haben, noch mehr, wenn die Gringo-Justiz sich weigert, die geforderten Beweise vorzulegen.“

„Jemand lügt in dieser Angelegenheit erneut ernsthaft. Und der Kontext, in dem es auftritt, gibt klare Hinweise darauf, wer es ist. Santrich muss sofort freigelassen werden“, erklärte die FARC in diesem Fall, der für einen enormen Misstrauensverlust und mangelnden politischen Willen zur Festigung des Friedens sorgt.

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FARC an der Seite der bolivarischen Revolution

In einem Kommuniqué solidarisiert sich die FARC aus Kolumbien erneut mit Venezuela und titelt gar von einer Schmach des kolumbianischen Präsidenten, dem nach dem erfolglosen Auftritt am Samstag das Blut des Zorns kocht. Und ja, vom vergangenen Samstag erhoffte sich die lateinamerikanische Rechte viel und der Samstag sollte der Kampftag sein, um die bolivarische Revolution zu stürzen.

Dafür organisierte man eigens ein großes Konzert und die kolumbianische Regierung gestattete sogar die Verschiebung des politischen Konzertes an die internationale Grenze, um somit den höchstmöglichen Druck aufzubauen und so stark wie möglich polarisieren und eskalieren zu können. Mittels einer Lastwagenkolonne sollten anschließend die Hilfsgüter nach Venezuela, die bolivarische Armee sollte auf eine Probe gestellt werden.

Dabei ist die Unterstützung Kolumbiens zum Putsch sowie mit Hilfsgütern mehr als scheinheilig, denn direkt an der Grenze zu Kolumbien, in der nördlichen Provinz La Guajira, sterben Kinder an Unterernährung, weil die kolumbianische Regierung keine Versorgung und Unterstützung gewährleisten kann. Dort, in der jahrelang von Paramilitärs regierten und stark von Korruption betroffenen Region, gibt es nur eine ungenügende soziale Infrastruktur, die ebenso Hilfe verdient hätte.

Abgesehen davon, unterstützt die Regierung Kolumbiens mitsamt ihren staatlichen Sicherheitskräften den Aufruhr und die Demonstrationen gegen die venezolanische Regierung, während Demonstrationen der ländlichen Bevölkerung, der Jugend und Studierenden sowie der ethnischen Gruppen für soziale Gerechtigkeit, Mitbestimmung und Freiheit im eigenen Land massiv eingeschränkt und angegriffen werden. Was für ein Hohn!

„Was für eine Lektion in Mut, Einheit und Würde haben uns die Regierung, das Volk und das bolivarische Militär gegeben! Vor allem aber verteidigt sich die das bedrohte Vaterland mit dem Leben selbst. Sie haben einen kleinen Sieg errungen“, so der Nationale Politische Rat der FARC, während heute aus Kolumbien die Aggression fortgesetzt wird, was das Treffen der sogenannten Lima-Gruppe betrifft.

Und weiter: „Venezuela steht nicht allein da. Dort wird das Schicksal des Kontinents definiert. Mexiko, Uruguay, Bolivien, der Papst, Russland, China und alle vernünftigen Stimmen der Welt sehen den Dialog als den einzigen Ausweg, um die Tragödie des Krieges zu vermeiden, der bekannt ist, wie er beginnt, aber nicht wie er endet.“

Auch die Frauen der FARC melden sich zu Wort und ergreifen Partei für die bolivarische Revolution. Sie sehen im Bolivarismus vor allem die feministische Perspektive und den historischen Kampf der Frauenbewegungen in Venezuela, der sich die bolivarische Revolution annahm und das Thema Frauen in der politischen Sichtbarkeit als zentral betrachtet. „Neben der realen Partizipation und der Hauptrolle, die viele Frauen in institutionellen und nicht-institutionellen Räumen spielen, wird darauf verwiesen, dass die Frau der harte Kern der sozialen Basis ist, die die bolivarischen Prozesse antreibt.“

„Aus den Eroberungen, die in der Verfassung der Bolivarischen Republik Venezuela von 1999 verankert sind, wird die Verwendung einer inklusiven und nicht-sexistischen Sprache angenommen, die Anerkennung der Arbeit der Hausfrauen als eine Arbeit, die Wert und Wohlstand für das Land schafft und deren soziale Sicherheit anerkannt werden muss.“ Auf einem Kontinent, in dem Machismos in der Gesellschaft stark präsent ist und auf dem die Gewalt gegenüber Frauen wieder zunimmt, ist dies schon ein großer Schritt.

Die Stellung der Frau ist konstitutionell verankert und es gibt ein Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen. Die Fortschritte müssen also anerkannt und sich solidarisch gezeigt werden: „Unabhängig von den Unterschieden, die die Fraktionen der Linken mit der bolivarischen Regierung Venezuelas haben, müssen wir uns also in allen Ländern gegen den Krieg, für Frieden mit sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit positionieren. Venezuela ist Widerstand! Venezuela ist Revolution!“

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Der Konflikt ist da – Die Aufarbeitung und der Schutz aber nicht

Die letzten beiden Wochen zeigten noch einmal deutlich, wie wenig die Regierung derzeit unternimmt, um die Gewalt im Land zu stoppen bzw. einen Plan umzusetzen, um Mitglieder der FARC, soziale Aktivist*innen und politisch Engagierte zu schützen. Dabei sind die hier genannten Ereignisse nur ein kleiner Teil dessen, was an politischer Gewalt in Kolumbien passiert. Besonders Drohungen von paramilitärischen Gruppen nehmen stetig zu, parallel dazu gibt es einen politischen Kontext der Regierung unter Duque, dem Generalstaatsanwalt Nestor Humberto Martínez und dem Ex-Präsidenten Uribe zur Abschaffung bzw. Veränderung der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden und einer Kriminalisierung der sozialen Bewegungen. Es ist feststellbar, dass die Regierung derzeit versucht mit einer Politik der „Demokratischen Sicherheit 2.0“, eine Fortführung der repressiven und militärischen Politik von Uribe, vor allem sozialen Protest zu unterdrücken und den Kontext der Gewalt und seiner grundsätzlichen Probleme zu verschieben. Anstatt den Friedensprozess mit seinen vereinbarten Punkten umzusetzen werden alte Instrumente der rechten Elite wieder salonfähig gemacht und gibt es eine Rückkehr zum rechtskonservativen bis rechtsextremen Duktus.

Innerhalb nur weniger Tage sind in der Provinz Cauca viele Menschen getötet worden. Diese Region ist derzeit von mehreren bewaffneten Akteuren umkämpft, zudem gibt es eine repressive Militärpolitik. Besonders die Gemeinde Argelia ist mit mehr als acht toten Personen betroffen gewesen. Letzten Freitag wurde die Leiche von Uriol de Jesús López in dem Dorf La Emboscada gefunden und nur wenige Stunden zuvor fand man den leblosen Körper von Jefferson Daza, bekannt als „el Flaco” im Dorf El Mango. In derselben Region, in La Playa, fand man am 11.Februar den Toten Edinson Andrés Torres Gutiérrez mit seinen 27 Jahren. Bereits am 8. Februar wurde die Ermordung des FARC-Mitgliedes John Cleiner López Castillo gemeldet, der Teil der Wiedereingliederungszone von Santa Clara in Argelia war. Zudem wurden am selben Tag die Ermordung von zwei weiteren Personen, von Alex Andrés Londoño Burbano und Fernando Iles, berichtet. Auch letztere Person war Mitglieder der FARC und befand sich im Prozess der Wiedereingliederung. Weitere Todesfälle in der Region waren die Personen John Jairo Hoyos Córdoba und Jhon Cleiner López Castillo, die mit einem Motorrad nach Argelia unterwegs waren und als sie nicht anhielten erschossen wurden. Hoyos war ebenfalls ein ehemaliger Kämpfer der FARC und im Prozess der Wiedereingliederung.

Diese Fälle demonstrieren die Untätigkeit der Regierung in schwierigen Regionen wie dem Cauca, wo besonders eine Landreform, die Substitution von illegalen Pflanzen sowie Sicherheit und Perspektive von Nöten wären. Besonders Substitutionsprogramme für Koka-Bauern und soziale Investitionspläne sind dringend nötig, um den sozialen und bewaffneten Konflikt zu lösen. Dies fordert unlängst auch die FARC in einer Mitteilung, genau wie Garantien für das Leben, die Integrität und dem „buen vivir“, also dem guten Zusammenleben, nicht nur für FARC-Leute, sondern für alle Bewohner der Region. Doch auch andere Regionen sind von Gewalt gegen soziale Aktivist*innen betroffen. Am vergangenen 19. Februar wurde der indigene Wayúu-Aktivist José Víctor Ceballos Epinayu von zwei Personen, die sich auf einem Motorrad bewegten, erschossen. Und auch in Catatumbo oder dem Chocó gibt es Meldungen von ermordeten Aktivist*innen. Der Abgeordnete der FARC, Benedicto González, forderte am Dienstag in einer Erklärung an das Innenministerium wirksame Schutzmaßnahmen: „Dieses Massaker kann nicht weitergehen und der Staat muss das Leben aller garantieren. Es ist seine Pflicht.“

In den letzten zwei Wochen gab es in Kolumbien, vor allem von der rechten Elite gesteuert, eine Debatte über die Frage, ob Präsident Iván Duque Einspruch gegen die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) einlegen soll. Die letzte Nachricht gab der rechtsextreme Generalstaatsanwalt des Landes, Néstor Humberto Martínez, der dem ersten Präsidenten einen neunseitigen Brief schickte, in dem er Einspruch einlegt und vier Gründe erläutert. Die JEP ist eine Übergangsjustiz, mit der der jahrzehntelange Konflikt aller Akteure aufgearbeitet werden soll und vor allem die Opfer im Fokus stehen. Es ist ein Ergebnis von langen Diskussionen zwischen der FARC, der Regierung unter Santos und der Zivilgesellschaft. In Kolumbien gab es bisher noch nie so eine Sonderjustiz und deswegen sollte nun ein Gesetz geschaffen werden, in der es die JEP ermöglicht, Entscheidungen auf autonome Weise zu treffen. In den Diskussionen zeigt sich, dass vor allem die Rechte die JEP darin sieht, nur die FARC anzuklagen und die Verbrechen des Staates Außen vorzulassen. „Das ganzheitliche System der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Wiedergutmachung und der Garantien der Nicht-Wiederholung, die nach intensiven und langen Diskussionen am Verhandlungstisch in Havanna vereinbart wurden, dessen ein integraler Bestandteil die JEP ist, war Gegenstand der virulentesten Angriffe derjenigen, die sich entschieden dagegen wehren, dass die Wahrheit über den Konflikt ans Licht kommen wird“, so die FARC in einer Erklärung.

Die Botschafterin der Europäischen Union, Patricia Llombart, sagte bei ihrer Reise durch den Süden des Landes, dass die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden, für die Wahrheit und die Versöhnung des Landes von grundlegender Bedeutung sei, und daher die Bedeutung der Billigung des Präsidenten Duque für das Gesetz. Begleitet wurde sie auf ihrer Reise, unter anderem durch Putumayo, von den Botschaftern aus den Niederlanden und Dänemark. Sie stellte zu Recht fest, dass die JEP ein Organismus ist, der in den Friedensabkommen mit der FARC verfassungsrechtlich verankert ist. „Wir sehen dieses System als eine der Säulen des Abkommens, grundlegend für die Wahrheit, für die Versöhnung, für Gerechtigkeit und für die Nicht-Wiederholung.“ Der bewaffnete und soziale Konflikt ist also trotz Friedensschluss weiterhin existent, was fehlt ist die Aufarbeitung und der Schutz der Betroffenen und überhaupt eine Umsetzung der vereinbarten Punkte.

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Für die Wahlen breit aufstellen

Wir haben es ja schon durchklingen lassen. Nach der Niederlage der FARC bei den letzten Wahlen im vergangenen Jahr sollen nun zu den Kommunal- und Provinzwahlen die Strategien etwas anders aussehen. Die Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes will sich vor allem auf dem Land und in den Gebieten des Konfliktes, und auch dort wo ihre soziale Basis ist, breit aufstellen und mit progressiven Partien und sozialen Bewegungen zusammenarbeiten und koalieren.

Mit dem Beginn des Wahlkampfs werden nun vor allem die Sondierungen vorangetrieben. Zum einen sollen mit jenen Kräften, die an der Umsetzung des Friedensabkommens interessiert sind, zusammengearbeitet werden und zum anderen wird anerkannt, dass jede Region ihre Besonderheiten aufweist, aus der heraus entschieden wird, mit wem und wie kooperiert wird.

Dazu sagte der Genosse und Senator im kolumbianischen Kongress Carlos Antonio Lozada der Zeitung El Espectador: „Wir haben festgelegt, dass wir auf nationaler Ebene das Zusammenwirken mit den Grünen, dem Polo und Decencia anstreben. Über die Basis suchen wir einen Konsens über die zu nominierenden Kandidaten und einige programmatische Überschneidungen, entsprechend den Problemen jeder Region. (…) Aber wir wollen auch das Zusammenwirken mit sozialen Bewegungen und populären Anführern herstellen in Regionen, in denen wir stets präsent waren.“

Generell soll geprüft werden, in welcher Region und Provinz man eigene Kandidaten aufstellt und wo im Rahmen von Wahlbündnissen. Dazu touren die Führungspersonen der FARC derzeit durch das Land und stellen lokale Probleme und Fragen fest und erörtern mit sozialen Aktivisten und Politikern die Lage. Pablo Catatumbo ist zum Beispiel für den Süden und Südwesten des Landes zuständig, Carlos Antonio Lozada für die Mitte, Marcos Calarcá für Valle, Victoria Sandino für die Karibikküste, Griselda Lobo in Boyacá und Norte de Santander, Jairo Quintero in der Region des Magdalena Medio oder Joaquín Gómez für La Guajira.

„Wir schlagen vor, programmatische Linien zu entwickeln, ausgehend von den lokalen Gemeinschaften, damit diese die Vorschläge vortragen, also eine Politik aufbauend auf der lokalen Basis, wo es darauf ankommt, den Prozess der sicheren Umsetzung des Friedensabkommens anzustoßen und zu mitzutragen“, sagt Pablo Catatumbo. Im Fokus stehen die ländlichen Rahmenbedingungen zur Umsetzung, also die Agrarreform, die regionalen Entwicklungspläne oder die freiwillige Substitution von illegalen Drogenpflanzen.

Die nächste Zeit dürfte also interessant werden, wenn die ehemaligen Kommandanten der Guerilla durch das Land touren und Gespräche führen. Nicht zu Unrecht aufgrund der aktuellen Situation wird von der Regierung eine adäquate Sicherheitslage gefordert. Im letzten Jahr musste die FARC zeitweise den Wahlkampf einstellen. Erinnernd an die Geschichte sagte Catatumbo dazu: „Es wäre verheerend und ein schlimmes Zeichen für die Zukunft, wenn sich das Massaker an der Unión Patriótica wiederholen würde.“

Als Strategie zählt sich weiter lokal zu verankern und vor allem in den lokalen Aktionsräten, dem kleinsten politischen Gremium in den Regionen und kleinen Städten, Kandidaten aufzustellen, die bisher bereits unter der ehemaligen Guerilla und den sozialen Bewegungen aktiv waren. Für Bürgermeister oder Posten in den Provinzen dürften kaum reelle Möglichkeiten bestehen, hier werden die Wahlbündnisse greifen, auch wenn zum Beispiel Joaquín Gómez das Amt des Gouverneurs in der Provinz La Guajira anstrebt. Innerhalb der FARC spekuliert man, dass über Wahlbündnisse 3-5 Bürgermeister und rund 30 Sitze in Gemeinderäten gewonnen werden können. Wir sind gespannt…

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Die Klassifizierung der dissidentischen Gruppen der FARC

In einem Interview mit der kolumbianischen Tageszeitung „El Espectador“ äußert sich der Chef der humanitären Organisation des Internationalen Roten Kreuzes, Christoph Harnisch, zum bewaffneten Konflikt in Kolumbien. Unter anderem geht er auf die Klassifizierung der dissidentischen Gruppen der FARC als Akteure im Konflikt ein.

Zuerst stellt Christoph Harnisch fest, dass wir es in Kolumbien mit einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt zu tun haben. Laut den Genfer Konventionen, die unter anderem das Humanitäre Völkerrecht in ihrem Fokus haben, gibt es zwei Klassifizierungen in den insgesamt vier Genfer Abkommen von 1949 und ihrer Zusatzprotokolle. Sie regeln den Schutz von verwundeten und kranken Militärpersonen zu Lande und zur See sowie die der Kriegsgefangenen. Zudem ist der Schutz von Zivilpersonen im bewaffneten Konflikt in einem vierten Genfer Abkommen verankert. Hauptsächlich treten die Bestimmungen jedoch nur für internationale bewaffnete Konflikte in Kraft.

Für den bewaffneten Konflikt, als nicht-internationaler – obwohl darüber auch in der aufständischen Bewegung gestritten wurde denn schließlich haben auch die USA militärische Kräfte in Kolumbien und waren sie in der Aufstandsbekämpfung im Rahmen des Militärplans „Plan Colombia“ beteiligt – gilt also das Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht-internationalen bewaffneten Konflikten (Protokoll II). Hier geht es um den Schutz der wichtigsten Menschenrechte in nicht internationalen bewaffneten Konflikten, das heißt in Bürgerkriegen. Das zweite Zusatzprotokoll weitet die Mindestgarantien von Grundrechten, welche bereits in Artikel 3 der vier Genfer Abkommen enthalten sind, auf den internen bewaffneten Konflikt aus.

Der Chef des Internationalen Roten Kreuzes, Christoph Harnisch, erinnert den kolumbianischen Staat daran, dass er die Genfer Konventionen unterzeichnet hat und, so sehr er auch versucht, die Worte zu ändern, verpflichtet ist, das zu beachten, was er unterzeichnet hat. Diese Verträge sehen die Mindeststandards für die Durchführung von Feindseligkeiten und den Schutz von Zivilisten in dem Konflikt vor. Daneben ist das humanitäre Völkerrecht ein juristisches Gremium, welches den bewaffneten Akteuren die Möglichkeit gibt, zu wissen, welche Ziele sie in der Rechtmäßigkeit angreifen können. Es legt sozusagen fest, wer als bewaffneter Akteur gilt und dadurch politisch-militärische Anerkennung erfährt. Die Realität eines Krieges und seiner Akteure können so nicht mehr geleugnet werden. Jahrelang haben dafür die FARC-EP gekämpft, als politischer Akteur anerkannt zu werden.

Heutzutage versucht die kolumbianische Regierung erneut, den bewaffneten Konflikt zu leugnen und die politisch-militärischen Organisationen als kriminelle Banden oder Terroristen zu diffamieren. Die Sprache und Propaganda gelten dabei als wichtiges Instrument. So verwendet die Regierung für die dissidentischen Gruppen der FARC den Begriff der „organisierten bewaffneten Gruppen“ und vor allem der „Restbewaffneten Gruppen“, verkennt dabei aber, dass es sich in einem bewaffneten Konflikt mit Akteuren wie der Guerilla um Organisationen handelt, die gemäß der internationalen Bestimmungen mit gewissen Faktoren als politisch-militärische Organisationen gelten. Zu ihrer Anerkennung gehören Faktoren wie ein Mindestmaß an Organisation, Befehlsgewalt, Rekrutierung und auch Finanzierung. Natürlich muss eine politische Programmatik vorliegen.

Auf die Frage, ob das Internationale Rote Kreuz diesen Termini der Restbewaffneten Gruppen oder Terroristen verwenden würde, wird dies klar verneint. Diese gehören nicht der Rechtsprechung der Genfer Konventionen an und hier wäre auch die kolumbianische Regierung gefordert, sich an die Gepflogenheiten und Wörter der Konventionen zu richten und einem bewaffneten Konflikt aufgrund politischer und sozialer Bedingungen anzuerkennen. Andere Gruppen, wie paramilitärische Gruppen, können so als illegale kriminelle Gruppen im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht bezeichnet werden. Ihnen fehlen die eben erwähnten Faktoren der Klassifizierung.

Zum Schluss kommt Christoph Harnisch noch einmal auf die dissidentischen Gruppen der FARC zu sprechen. Was Journalisten Dissidenten nennen, haben sie studiert und sie sagen „FARC-Splittergruppen“ dazu. In ihrer Analyse gibt es drei Fronten des ehemaligen militärischen Ostblocks der FARC-EP, die 1.,7. und 40. Front, die über die Qualifikationen zu einem politisch-militärischen Akteur im Rahmen des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts verfügen. Von der Frente Oliver Sinisterra können sie noch keine Aussagen treffen, weil bisher die Zeit für eine Analyse nicht ausgereicht hat. Dies trifft auf unsere Einschätzungen, dass wir es mit dem Kontakt der Fronten untereinander und ihrem politisch-militärischen Auftreten um einen neuen alten Akteur zu tun haben, dessen Entwicklung, mit alten Erfahrungen, aber neuen Bedingungen, sicherlich abzuwarten sein wird.

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Sofortige Freilassung von Jesús Santrich!

Neben der Partei FARC wird der politische Druck aus den linken Bewegungen auf die kolumbianische Regierung immer größer. Doch bisher lässt sie keine Absichten erkennen, den Genossen Jesús Santrich freizulassen. Zudem darf wieder einmal über die Übergangsjustiz und ihre Rolle gezweifelt werden.

Zehn Monate sind seit der willkürlichen Verhaftung des Vertreters für das Abgeordnetenhaus Jesús Santrich vergangen, ohne dass ihm in Kolumbien irgendetwas vorgeworfen wird. Viereinhalb Monate, seit dem die Übergangsjustiz (JEP) Kopien der Beweise der Vereinigten Staaten forderte, in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der UN-Konvention gegen Drogenhandel mit Betäubungsmitteln und anderen Substanzen, die die Vorwürfe gegen ihn bekräftigen könnten, eine Person, der einer der engagiertesten Verhandlungspartner des Friedensabkommens war.

Die FARC erkennt es in ihrer Erklärung von gestern folgerichtig an. Jesús Santrich hat ein endloses Auslieferungsverfahren durchlaufen, das in maximal 120 Tagen hätte untermauert werden sollen, wie es der Übergangsartikel 19 der politischen Verfassung vorsieht. Er wurde zur Geisel der Feinde des Friedens und eines Generalstaatsanwalts, der willkürlich die Aufnahme des Vertreters für das Abgeordnetenhaus verhinderte sowie persönlich vor der JEP zu erscheinen.

Die offensichtliche juristische Inszenierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Friedensprozess zu destabilisieren, Desertion zu fördern, Rechtsunsicherheit zu säen, die JEP zu schwächen, das mit der gewaltigen Aufgabe geboren wurde, die Straflosigkeit in Kolumbien zu beenden, indem die Übergangsjustiz auf die Unabhängigkeit von Richtern und Beamten setzte und diese das verfassungsmäßige Mandat haben, damit es funktioniert. Stattdessen wird unser Genosse in absoluter Isolation gehalten, basierend auf einer vermeintlich hohen Gefahr, für Kolumbien und die Welt, die nicht dem Zustand eines fast Blinden und seinen bekannten gesundheitlichen Problemen entspricht.

Hinter all dem stehen dieselben politischen Kräfte, die sich dem Frieden widersetzten und bis heute die Übergangsjustiz auch juristisch zerstören wollen. Natürlich ist es auch ein verzweifeltes Manöver, die Freilassung Jesús Santrichs, wie es das Verfassungsgericht für den Fall angeordnet hat, dass die JEP die Garantie der Nicht-Auslieferung anwendet, zu verzögern.

Und das Unfassbare geschah, das man in noch keinem Auslieferungsprozess gesehen hat. Nach Abschluss der von der JEP bereits überhöhten Frist für die Bereitstellung der erforderlichen Informationen, ohne dass dies geschehen ist, wurde mitgeteilt, dass der durch den kolumbianischen Staat gestellte Antrag auf justizielle Zusammenarbeit seinen Empfänger, die USA, nie erreicht hat. Es handelt sich um einen Empfänger und um einen Prozess, der sich seit Jahrzehnten zwischen 200 und 300 Mal im Jahr wiederholt. Doch nun weiß keiner, wie das geschehen konnte. Ausgerechnet jetzt, wo die Freilassung wahrscheinlich gewesen wäre.

Die Folge dieses Verlustes waren nicht Sanktionen gegen die Verantwortlichen für diesen Unsinn, sondern eine Verlängerung des bereits umfangreichen Verfahrens zur Prüfung der Garantie der Nicht-Auslieferung durch die JEP für mindestens einen Monat. Also einen Zeitraum, in dem Santrich weiterhin inhaftiert wird, vorbehaltlich der Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte.

Aufgrund dieser Zustände fordert nicht nur die FARC als Partei eine überzeugende Erklärung über die Umstände eines solchen außerordentlichen Verlustes und eine Klarstellung über die Gründe, warum der Brief nicht über die üblichen diplomatischen Kanäle durchgeführt wurde. Auch viele andere fragen sich, wie so ein Vorfall sein kann, bei einem so wichtigen Fall, in dem es nicht nur um den Friedensprozess, sondern um das Vertrauen allgemein geht.

Auch aus diesem Grund weist die FARC darauf hin, dass neben der schon langen und juristisch bisher nicht gerechtfertigten Verhaftung von Jesús Santrich auch die Verletzung der politischen Rechte ihrer Partei, des Prozesses der politischen Wiedereingliederung und des Friedensabkommens im Fokus stehen.

Nur eine Freilassung von Jesús Santrich kann das Ziel sein und diesem sollten sich alle fortschrittlichen Kräfte anschließen.

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Schwerer Schlag gegen Vereinigung der FARC

Rodrigo Cadete, Führungsperson der dissidentischen FARC-Gruppen, stirbt nach einer Militäroperation von Armee und Polizei in Caquetá in der Nähe des Flusses Yarí. So gab es Bombardierungen der Luftstreitkräfte und schwere Kämpfe in der ländlichen Region, die bis jetzt anhalten sollen.

Der rechtsgerichtete kolumbianische Präsident Duque berichtete am Nachmittag des gestrigen Samstags, dass in einer gemeinsamen Operation des Militärs und der Polizei in San Vicente del Caguán in der Provinz Caquetá die Führungsperson der sich neu gruppierenden FARC-Gruppen Édgar Messiah Salgado Aragon, alias Rodrigo Cadete, mitsamt neun anderen Guerilleros gestorben ist. Es ist neben der Operation der kolumbianischen Sicherheitskräfte gegen Guacho im Dezember in der Provinz Nariño der wichtigste Schlag der Regierung gegen die dissidentischen Gruppen der FARC. Rodrige Cadete war eine wichtige Verbindung in der Vereinigung der FARC-Gruppen, die sich nicht dem Friedensprozess angeschlossen oder diesen aufgrund von Unzufriedenheit, staatlicher Nichterfüllung oder Sicherheitsaspekten wieder verlassen haben. Seine politisch-militärischen Erfahrungen, seine Persönlichkeit und vor allem seine Herkunft und sein Kommando in der 27. Front waren zentral in seiner Akzeptanz.

Caquetá war und ist eines der Epizentren der aufständischen Bewegung. Rodrigo Cadete ist hier in El Paujil geboren, er schloss sich früh, Anfang der 1980er Jahre unter anderem der 14., 15. und schließlich der 16. Front der FARC-EP an, übernahm schließlich das Kommando über die 27. Front in Caquetá und Meta und war Mitglied im Zentralen Generalstab der Guerilla. Die Provinzen Caquetá, Meta und Guaviare waren sein Zuhause. Im September 2017, drei Monate nachdem der FARC die Waffen niedergelegt hatten, floh Rodrigo Cadete vor seiner Eskorte in Cartagena del Chairá, Caquetá, und innerhalb weniger Wochen schloss er sich den Dissidenten der 1. Front „Armando Ríos“,unter Gentil Duarte an. Seine Hauptaufgabe war es, unter den verschiedenen Gruppen zu vermitteln und sie unter ein geeintes Kommando zu bringen.

Cadete war der Verbindungsmann in der Zusammenführung der Gruppen und im Neuaufbau der Guerilla vor allem in Süden Kolumbiens. Von Vorteil war seine Kenntnis der Region und seine Kontakte, welche die Arbeit mit der Basis, sowohl Guerilleros als auch Bevölkerung, erleichterten. So hielt er sich unter anderem im November auch in der Provinz Putumayo auf, um Verbindungen zur 48. Front des ehemaligen militärischen Südblocks der FARC-EP aufzunehmen. Dazu gab es mehrere Treffen mit dortigen operierenden Gruppen und mit der Bevölkerung bzw. ausgewählten lokalen Führungspersonen. Während die Vereinigung der FARC in Putumayo noch nicht erfolgreich war, so ist dies in der Provinz Arauca bereits geschehen. Dort wurde sich wieder Land und finanzielle Unterstützung angeeignet, auch die sogenannte Revolutionssteuer wird wieder von großen Viehzüchtern und Unternehmern erhoben, um den Aufbau der FARC voranzutreiben.

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Der Frieden treibt komische Blüten

Mehrere Aufreger gab es in dieser Woche in Kolumbien, die einem zum Lachen bringen, wenn auch auf zynische Art und Weise.

Zum einen war da der Vorschlag zur Ernennung des Armeegenerals Leonardo Barrero als Direktor des Plans zum Schutz der sozialen Aktivist*innen, die in Kolumbien unter anderem von paramilitärischen Gruppen unter Duldung der staatlichen Sicherheitskräfte systematisch ermordet werden. Nachdem mehrere Menschenrechtsorganisationen die Ernennung von General Leonardo Barrero zum Direktor des Aktionsplans zur Prävention und zum Schutz von Menschenrechtsaktivisten, Sozialpolitikern und Journalisten abgewiesen hatten (PAO), weil der General Ermittlungen zu außergerichtlichen Hinrichtungen (falsos positivos) behinderte und andere unethische Verhaltensweisen in seiner militärischen Laufbahn zeigte, verteidigte das Innenministerium den General und sieht ihn nun eher als Bindeglied zwischen den Akteuren aufgrund seiner Erfahrungen.

So war der General Barreo Gordillo in den 2000er Jahren Kommandeur der XVI. Brigade der Armee mit Sitz in Casanare und im Jahr 2005 gab es Militäroperationen gegen die 38. und 56. Front der FARC-EP, bei der es auch außergerichtliche Hinrichtungen, Besetzungen und ungerechtfertigte Zerstörungen gab. Immer wieder gibt es im Rahmen der sogenannten Aufstandsbekämpfungen schwere Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen Sicherheitskräfte, bei der häufig die Zivilbevölkerung und vor allem soziale Aktivist*innen als Mitglieder der Guerilla bezichtigt, verhaftet, gefoltert oder ermordet werden.

Der andere Aufreger, der eigentlich ein großer Skandal ist, ist der zweifelhafte Umgang mit dem Genossen Jesús Santrich. Der wegen einer juristischen Montage und des angeblichen Drogenhandels inhaftierte Genosse der FARC, sollte kurz vor seiner Entlassung stehen. Dazu forderte die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP), also die im Rahmen des Friedensabkommens entstandene Übergangsjustiz, von den USA Beweise für die Anschuldigungen und den Auslieferungsgesuch. Diese Frist verstrich am vergangenen 28. Januar, ohne dass die USA Beweise gegen Jesús Santrich vorlegten. Nun kam heraus, dass das Justizministerium Kolumbiens im Auftrag der JEP wohl angeblich einen Brief am 10. Dezember letztes Jahr mit der nationalen Post an das Gericht in New York versendete, der Brief aber nicht über Panama heraus kam und somit sein Ziel nie erreichte. Ein Schelm wer böses dabei denkt.

Unterdessen teilte die Regierungsseite mit, dass es dafür keine Erklärungen gebe, wie so etwas geschehen kann und warum der Brief nie die amerikanische Justiz erreicht habe. Stattdessen betonte man, dass es eine sehr fließende Korrespondenz mit dem US-Justizministerium gibt und so etwas noch nie passiert sei. Nun wird laut überlegt, ob die Frist einfach verlängert wird und damit natürlich auch die Haft vom Genossen Santrich. Es ist eine Schande, wie das Friedensabkommen behandelt wird und wie sich auch die JEP positioniert, die zu einem Instrument der Herrschenden verkommen ist. Eigentlich sollte die JEP alle Akteure (Guerilla, Staat, Zivile) im Rahmen von Wahrheit und Versöhnung im über 50-jährigen Konflikt beleuchten. Nun zeigt sich ihr wahres Gesicht, durch Beschneidungen der rechten Politik und solche Skandale.

Für einen weiteren Lacher sorgten einige Medien, die berichteten, dass in der Provinz Antioquia ein Treffen zwischen der Partei FARC und der rechten Partei Centro Democrático (CD), Partei des Ex-Präsidenten und Narco Uribe und des aktuellen Präsidenten Duque, stattgefunden hätte, um Wahlabsprachen zu treffen. So trafen sich in Frontino der hemalige Kommandant der FARC-EP Pastor Alape, Personen des CD sowie andere Personen um einen einzigen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl zu stellen. Das CD ist eine der härtesten Gegner der FARC und aller linken Kräfte und ein Abkommen mehr als unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Medienkampagne, wie sie gegen die FARC und die linke Opposition schon mehrmals geführt wurde. Erinnert sei hier an den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Gustavo Petro. Jedenfalls sah sich die FARC genötigt, eine Richtigstellung zu verbreiten und ihre Basis aufzuklären. „Wir rufen die Mitgliedschaft dazu auf, auch in diesen Fragen aufgrund einer offensichtlichen Medienkampagne, die darauf abzielt, unsere Partei zu diskreditieren und Widersprüche zu verschärfen, um uns zu zerstören, die revolutionäre Wachsamkeit zu bewahren.“

Wer glaubt denn schon an einen Frieden, bei täglichen Meldungen über ermordete soziale Aktivist*innen und Linke, bei einer sich immer mehr andeutenden Veränderung des eigentlich vereinbarten Friedensabkommens und den eben geschilderten Fällen? Hinzu kommen sich zuspitzende Sicherheitsaspekte sowohl im urbanen als auch ländlichen Raum Kolumbiens. So treten paramilitärische Gruppen auch in den Städten immer öfter offen auf, so zuletzt in Medellín an der Universität, geht das Militär in vielen Regionen unter dem Deckmantel einer Offensive gegen das ELN scharf gegen soziale Bewegungen vor oder tritt eine neue Konfliktphase zwischen den bewaffneten Akteuren, wie im Cauca, ein. Hier hatte vor Tagen das EPL den Dissidenten der FARC den Krieg erklärt. Der Frieden treibt also komische Blüten, ja gibt es ihn überhaupt?

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