Aus dem Südwesten Kolumbiens wurden in den zurückliegenden Tagen mehrere Angriffe oder Angriffsversuche auf staatliche Sicherheitskräfte, vor allem auf die Polizei gemeldet. Dabei gab es mehrere Verletzte, darunter auch unbeteiligte aus der Bevölkerung.
So ereignete sich unter anderem am 18. Dezember ein Angriff auf die Polizeistation der Gemeinde Toribío, Cauca. Ein Polizist wurde dabei verletzt. Einen weiteren Angriff gab es mit einer Handgranate auf die Polizeistation der Gemeinde Timbío in Cauca mit sieben Verletzten, die durch die Front Carlos Patiño der FARC-EP ausgeübt wurde. Dies geschah am 20. Dezember. Einen Anschlag mit einer Autobombe gab es am Morgen des 21. Dezember in der Gemeinde Jamundí in der Provinz Valle del Cauca. Hierbei handelt es sich vermutlich um einen Angriff der Mobilen Kolonne Jaime Martínez der FARC-EP.
Ebenfalls am 21. Dezember wurde ein Angriff auf die Polizeistation in Mondomo (Cauca) durchgeführt. Dabei aktivierte man einen Zünder mit Sprengstoff, der sich auf einem Motorrad befand. Die Polizeistation liegt direkt an der Panamericana. Ein Sprengstoffanschlag auf Patrouillen der Sicherheitskräfte vereitelt wurde jedoch in der Gemeinde Santander de Quilichao in Cauca. Zuletzt gab es gestern minutenlange Angriffe auf die Polizeistation in Toribío, Cauca. Ursächlich dafür war die Mobile Kolonne Dagoberto Ramos Ortiz der FARC-EP, die zuvor schon in Kämpfe mit der Armee verwickelt war. Aus der Millionenstadt Cali (Valle del Cauca) wurde ebenfalls ein Angriff auf eine Polizeistation gemeldet.
Die Vielzahl der Angriffe auf die Polizei durch die unterschiedlichen Fronten und Strukturen des Westlichen Koordinationskommandos der FARC-EP deuten auf eine gezielte Offensive der Guerilla hin. Zum einen gibt es derzeit trotz der Ankündigung der Guerilla zu einem Waffenstillstand eine Offensive der staatlichen Sicherheitskräfte in den Regionen der FARC-EP, wodurch eine Antwort der Guerilla möglich ist. Zum anderen soll mit den Angriffen sicher auch Druck zu Verhandlungen mit der Regierung ausgeübt werden. Damit will die Guerilla ihre Stärke in der Öffentlichkeit präsentieren. In der Vergangenheit war dies ein oftmals gewähltes Mittel, um die Regierung zu Verhandlungen zu bringen.
Das Öffentlichkeitsarbeit und Friedenswille auch anders gezeigt werden können, verdeutlichen zwei Beispiel aus Putumayo und auch Norte de Santander. Im Putumayo ließ die Front Carolina Ramírez öffentlichkeitswirksam per Videobotschaft zwei Personen der sogenannten Grenzkommandos frei, die mit der FARC-EP, Zweites Marquetalia um Ivan Márquez alliiert sind. Beide Fraktionen der Guerilla kämpfen um territoriale Hoheit und bei zurückliegenden Kämpfen gab es zahlreiche Tote und gefangengenommene Kämpfer zu beklagen. Die Front Carolina Ramírez, der FARC-EP um Iván Mordisco zugehörig, kündigte eine Freilassung an, die nun passierte.
In der Region Catatumbo, Norte de Santander, patrouillierten hingegen Guerilleros der 33. Front durch die Straßen von einigen Dörfern und der Stadt Tibú. Bewaffnet und in Uniformen der FARC-EP verteilten sie Kalender für das neue Jahr und unterhielten sich mit der lokalen Bevölkerung. Dies ist eine klassische politische Arbeit der Guerilla, um in der Öffentlichkeit präsent zu sein, aber auch den Staat mit seinen Sicherheitskräften herauszufordern. Die Region gehört zu den am stärksten militarisierten Gegenden Kolumbiens und von daher ist es durchaus ein Zeichen der Stärke, wenn Guerilleros der FARC-EP offen auf den Straßen zu sehen sind.
Seit Anfang Dezember zirkuliert in Kolumbien ein Kommuniqué des Zentralen Generalstabs der FARC-EP um Iván Mordisco mit dem Titel „Aufruf an die Intellektuellen und Akademiker auf der Welt für den Frieden in Kolumbien“. Es erörtert in einer ausführlichen und auch sprachlich bemerkenswerten Weise die Möglichkeiten von Friedensgesprächen aus methodologischer Sicht unter Bezugnahme der strukturellen Ursachen des Konflikts. Damit wird wiederholt der Friedenswille gekennzeichnet und auch erste Vorschläge gebracht, wie der Dialog aussehen sollte. Damit unterstreicht die aufständische Bewegung ihren politischen Charakter nach Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Personen. Auszugsweise wollen wir das Kommuniqué der Öffentlichkeit darstellen.
Viel wurde in den letzten Wochen darüber diskutiert, dass der kolumbianische Präsident als Zeichen des Friedens und guten Willens, Mitglieder der Primera Línea aus den Gefängnissen freilassen will. Dies passiert jetzt zu Weihnachten. Doch nicht alle der Primera Línea sind in Gefängnissen. Der Große Teil dieser Struktur lebt weiterhin in den Vierteln der Großstädte, das jedoch gefährlich, stigmatisiert und unter permanenten Bedrohungen auf ihr Leben. Die sogenannte Primera Línea, zu Deutsch die erste Reihe, ist der militante Arm des sozialen Protests in den Großstädten Kolumbiens. Sie verteidigen die Blockaden bei Angriffen der Polizei und des Militärs und organisieren vor allem junge Menschen zu Aktionen, die sie in Kleingruppen durchführen. Sie treten nur vermummt auf und mit selbstgebauten Schilden zur Verteidigung die staatlichen Sicherheitskräfte. Untereinander gibt es einen Austausch und sie wurden nicht nur zum Symbol des Widerstands, sondern auch selbst Angriffen der kolumbianischen Rechten ausgesetzt.
Die Guerilla FARC-EP, Zweites Marquetalia, unter der Führung des Kommandanten Iván Márquez, hat zum Jahrestag der Ermordung ihrer Kommandanten mehrere Kommuniqués veröffentlicht. Unter anderem betrifft es den Tod von El Paisa und den Tod von Romaña, schillernde Kommandierende aus dem ehemaligen Ostblock der FARC-EP, die sich im August 2019 der neugegründeten FARC-EP, Zweites Marquetalia, angeschlossen haben und die bei immer noch nicht ganz aufgeklärten Angriffen von bewaffneten Trupps im Dezember letztes Jahr im venezolanisch-kolumbianischen Grenzgebiet ermordet wurden.
Was wir als Kolumbieninfo bereits geschrieben haben, drückt sich auch in einem Kommuniqué der FARC-EP des Westlichen Koordinationskommandos aus. Es handelt sich um die Militarisierung der Provinz Cauca und dem Fortführen von Militäroperationen der staatlichen Sicherheitskräfte gegen die aufständische Bewegung. Zwar hat die FARC-EP im Rahmen ihres Friedenswillens die Einstellung aller offensiven Militäraktionen ihrerseits angekündigt, jedoch nicht das Recht auf Selbstverteidigung. Auch in den Jahrzehnten zuvor gab es ähnliche Situationen, in denen vom Staat an die Guerilla ein Waffenstillstand für potenzielle Friedensgespräche gefordert wurde, die Guerilla dies dann im Rahmen ihres Friedenswillens umsetzte, dann jedoch der Staat diese Situation nutzte, um operative Aktionen gegen die Guerilla durchzuführen, die sich zurückgezogen hatte.
In einem Kommuiqué hat die Front Jaime Martínez der FARC-EP aus dem Westlichen Koordinationskommando den Angriff auf eine Militärbasis und eine Patrouille des Militärs bestätigt. In dem kurzen Video erklären sie, dass sie in Kooperation mit den sogenannten „Bolivarischen Milizen“ den Angriff mit dem Namen „Operation Wilson Gonzales“ um 2:47 Uhr morgens im Sektor des Dorfes Munchique im ländlichen Gebiet der Gemeinde Buenos Aires im Norden der Provinz Cauca verübt haben. In dem Video zeigen sie Waffen, Munition, Westen und Handys, die den getöteten Soldaten abgenommen wurden. Sie weisen auch darauf hin, dass ein Guerillero bei dem Angriff starb, der sechs Soldaten das Leben kostete.
Am gestrigen frühen Morgen gab es einen Angriff der Guerilla auf eine Militäreinheit im ländlichen Gebiet der Gemeinde Buenos Aires in der Provinz Cauca. Der Angriff der Front Jaime Martínez der FARC-EP, die dem Westlichen Koordinationskommando der FARC-EP untersteht, richtete sich gegen das Infanteriebataillon Nr. 8 der kolumbianischen Armee. Bei dem Angriff sind mindestens sechs Soldaten getötet worden, es gab zahlreiche Verletzte und es soll wohl gefangengenommene Soldaten geben. Auch aktuell ist die Lage noch unklar, es wird von Militäroperationen berichtet, bei der vor allem Hubschrauber eingesetzt werden.
Im der Provinz Cauca im Südwesten Kolumbiens kam es zu einem Mord und weiteren aggressiven Akten an ehemaligen Mitgliedern der FARC und der lokalen Bevölkerung. So wurde unter anderem im ländlichen Gebiet der Gemeinde Caloto im Norden des Cauca der Friedensunterzeichner José Reinel Cano Medina ermordet. Er wurde mit einer Schusswaffe auf einer Landstraße angegriffen, als er mit einem Motorrad unterwegs war. Er befand sich im Prozess der Wiedereingliederung und partizipierte in der Kooperative „Multiactiva“ von Caloto.
In einem Kommuniqué per Video hat der Kommandant der 28. Front der FARC-EP Antonio Medina seine Deklarationen zu einem drohenden Krieg mit der Ermordung von 300 Personen aus dem Umfeld der ELN auf Anweisung des Zentralen Generalstabs der FARC-EP zurückgenommen. Vor einigen Wochen äußerte der Kommandant bezüglich des aufflammenden Konfliktes in der nordöstlichen kolumbianischen Provinz Arauca, dass er 300 Personen ermorden werde. Diese Drohung bezog sich vor allem auf das Umfeld der ELN, mit der die FARC-EP in einem territorialen Krieg ist.
Den lokalen Behörden von Tumaco unter Vermittlung der Ombudsstelle ist es gelungen, 18 Jugendliche zu befreien, die in der südwestkolumbianischen Region Tumaco, Provinz Nariño, von der Kolonne „Iván Ríos“ der FARC-EP, Zweites Marquetalia, festgehalten wurden. Bei zurückliegenden Kämpfen sind die jungen Menschen festgenommen worden. Der Ombudsmann Carlos Camargo berichtete, dass die Freilassung dieser 18 Personen erreicht wurde, nachdem er Zugang „zu einem der abgelegensten Gebiete in der ländlichen Region der Gemeinde“ erhalten hatte. Zudem hatte der Ombudsmann die bewaffneten Akteure erneut aufgefordert, Zeichen des Friedenswillens zu setzen, damit sie in den weiteren Verhandlungen mit der Regierung als Gesten des guten Willens berücksichtigt werden können. In der Provinz Nariño sind neben den verschiedenen verfeindeten Strukturen der FARC-EP, so das Zweite Marquetalia und das Westliche Koordinationskommando, auch die ELN und paramilitärische Kräfte aktiv.
Am 24. November, dem sechsten Jahrestag der Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung, fand in Bogotá die Gründung der Stiftung REVIPAZ – „Renacer para Vivir en Paz“ statt. Auf Deutsch bedeutet die Übersetzung der Stiftung „Wiedergeboren, um in Frieden zu leben“. Sie besteht aus Opfern des Konfliktes und aus ehemaligen Guerillakämpfern. So waren bei der Gründung unter anderem der letzte Oberkommandierende der FARC-EP, Rodrigo Londoño alias Timochenko sowie auch Pastor Alape von der Guerilla. Mit dabei waren auch sieben Opfer des bewaffneten Konfliktes, die vereint für die Entwicklung produktiver Programme arbeiten wollen.