Nach dem Plenum der Kommandierenden des Zentralen Generalstabs der FARC-EP in den Ebenen des Yarí, Provinz Caquetá, sind nun die Namen der Kommandierenden bekannt, die für die FARC-EP am Verhandlungstisch mit der kolumbianischen Regierung teilnehmen werden. Über die fünf Personen ist bis dato recht wenig bekannt, wie überhaupt zur Kommandoebene der FARC-EP und ihren Strukturen. Dies hängt damit zusammen, dass zum einen die Guerilla erst seit relativ kurzer Zeit aktiv ist und ein Teil der Kommandierenden und Kämpfer als neue und junge Personen zur Guerilla dazugestoßen sind. Teilweise waren sie in der „alten“ FARC-EP als Milizionäre tätig. Daher gibt es wenig Kenntnisse, auch von Seiten der Geheimdienste, zu ihnen. Zum anderen ist die kommunikative Ebene der FARC-EP auch erst im Aufbau und mit den Ankündigungen zum Friedensprozess seit dem letzten Sommer ein stetiges Wachstum im Nutzen der Medien auf allen Ebenen zu erkennen.
Der wohl derzeit bekannteste der fünf Kommandierenden ist Carlos Eduardo Garcia, alias Andrey, der im Zuge des Plenums und des öffentliches Aktes der FARC-EP Interviews an zahlreiche Medienvertreter gab und die somit auch biographische Details erfragen konnten. Er ist einer der Kommandierenden der 33. Front der FARC-EP in der Region Catatumbo, die zum Block Magdalena Medio der FARC-EP gehört. Er steht alias Jhon Mechas sehr nahe, dem Kommandierenden der 33. Front. In der Provinz Norte de Santander ist die 33. Front sehr aktiv in ihrer politisch-militärischen Arbeit. Andrey war auch derjenige, der am 6. August 2022 in einem Kommuniqué mittels Video die Absicht zu Friedensgesprächen verkündete.
In den Interviews vom Wochenende stand an der Seite von Andrey ein andere Kommandierender, der Teil der Verhandlungsdelegation wird. Es ist Yeison Alexis Ojeda Gilon, alias Danilo Alvizú, der Kommandierender der Front Carolina Ramírez ist. Diese ist im Süden Kolumbiens, vor allem in der Provinz Putumayo aktiv. -Seit mehr als 10 Jahren ist er in der aufständischen Bewegung, war bereits in der „alten“ FARC-EP und beteiligte zuerst am Friedensabkommen. In der Wiedereingliederungszone von La Carmelita in der Gemeinde Puerto Asís, Putumayo, war er integriert, bevor er sich dann ab 2018 wieder der FARC-EP anschloss. Er genoss schnell das Vertrauen von Iván Mordisco zum Aufbau der Strukturen im Süden.
Leidy Tatiana Rojas, Kampfname Ángela, ist eine von zwei zum Verhandlungsteam gehörenden Inhaftierten. Sie ist Angehörige der Front Adán Izquierdo, die vor allem in den Provinzen Quindío und Valle del Cauca operierte. Derzeit ist sie im Gefängnis von Jamundí, Valle del Cauca, inhaftiert, nachdem sie bei Gefechten mit der Armee im März 2021 im ländlichen Gebiet von Buga gefangen genommen wurde. Für das Plenum der Kommandierenden wurde ihr Haftbefehl temporär aufgelöst und sie konnte nach Caquetá reisen. Hier verkündete sie beim öffentlichen Akt der FARC-EP am 16. April die Schlussfolgerungen des Plenums, was die Kommandierenden für zwei Wochen abgehalten hatten.
Recht wenig bekannt ist über die beiden weiteren Verhandlungsführer der FARC-EP. Alias Javier 33 soll ebenfalls im Norden Kolumbiens Teil der 33 Front sein und Vertrauter von Andrey und Jhon Mechas. Sein Aufenthaltsgebiet ist die kolumbianisch-venezolanische Grenzregion um Catatumbo.n Jaime Muñoz Dorado, alias Sebastián, ist die fünfte Person in der Delegation. Er ist im Gefängnis San Isidro von Popayán inhaftiert. Er gehört zum Westlichen Koordinationskommando der FARC-EP und war Vertrauter der beiden Oberkommandierenden alias Johnier und alias Mayimbú. Zuerst bekannt wurde er bei dem Begräbnis von Mayimbú.
Es bleibt abzuwarten, ob sich alle fünf Personen in der Verhandlungsdelegation durchsetzen können. Auffällig ist, dass es ein leichtes Übergewicht der Strukturen aus dem Norden und Westen gibt, während die starken Strukturen um die 1. Front und 7. Front aber auch der Fronten 40 und 62 sowie der Kompanie Miller Perdomo zumindest nicht augenscheinlich vertreten sind. Zwar sind durch den Zentralen Generalstab alle Beschlüsse zu fassen und dort sind alle Strukturen repräsentiert, doch man kann annehmen, dass dadurch das Übergewicht der Strukturen des Ostens innerhalb der zentralen Organisation auf die anderen im Rahmen des Friedensprozesses paritätisch verteilt wird.
Der öffentliche Auftritt des Zentralen Generalstabs der FARC-EP, die öffentliche Versammlung mit tausenden von Personen aus allen Landesteilen und die Verkündung von Friedensgesprächen im Mai sorgte für großes nationales und internationales Aufsehen. Bisher wurde die Guerilla unter dem Oberkommando von Iván Mordisco vor allem als kriminelle Struktur abgetan, die kaum etwas mit der „alten“ FARC-EP gemein hatte, die im Jahr 2016 das Friedensabkommen nach dem Prozess in Havanna mit der Regierung von Santos unterzeichnete. Doch wie wir bereits in Artikeln zuvor analysierten, zeigen die letzten Monate eine andere Richtung der Guerilla, die man nun als politischen Akteur anerkennen muss und die die potenziellen Friedensgespräche für ihren eigenen Wachstum nutzen.
„Wir sehen mit großer Sorge die jüngsten Erklärungen des Präsidenten der Republik, Gustavo Petro Urrego, wonach er den Truppen befiehlt, auf nationaler Ebene auszuschwärmen, ohne zu berücksichtigen, dass wir uns in einem bilateralen Waffenstillstand befinden“, heißt es in dem Kommuniqué der FARC-EP des Zentralen Generalstabs vom gestrigen 14. April. Und weiter: „Diese Situation führt dazu, dass es unmöglich ist, die bilateralen Waffenstillstandsprotokolle aufrechtzuerhalten, da unsere Einheiten in den letzten Tagen von verschiedenen Einheiten der Nationalen Armee belagert wurden und es so weit gekommen ist, den Waffenstillstand an einigen Stellen der nationalen Geographie durch die Streitkräfte zu brechen.“
Wie wir in dem Artikel vom 12.04.2023 zur Freilassung des Mitarbeiters aus des kolumbianischen Gefängnissystems in der Provinz Valle del Cauca bereits schrieben, hatte die Festnahme zwei Komponenten. Die Guerilla erlaubt es keinen Fremden in ihrem Gebiet unterwegs zu sein, weil sie Informanten der staatlichen Sicherheitskräfte oder anderer bewaffneter Organisationen sein können. Und zum anderen handelte es sich bei der festgesetzten Person um einen Mitarbeiter des Gefängnissystems, welches systematisch die Menschenrechte von Inhaftierten außer Kraft setzt.
Der Zentrale Generalstab der FARC EP, der sich aus der alten FARC-EP im Rahmen des Friedensabkommens herausgelöst hat, wird heute das Treffen ihrer Kommandierenden aus den verschiedenen Strukturen der FARC-EP, welches in der Gegend des Yarí in der Provinz Caquetá abgehalten wird, beenden. Bei dem Treffen soll der weitere Weg für die Friedensgespräche mit der kolumbianischen Regierung unter Präsident Petro besprochen werden. Die FARC-EP des Zentralen Generalstabs unter der Führung von Iván Mordisco hat mehr als 3000 Kämpfer und ist gesamten Territorium mit ihren Fronten und Strukturen präsent.
Nach einem Treffen zwischen Regierungsbeamten, darunter dem Präsidenten Gustavo Petro, und Friedensunterzeichnern der ehemaligen FARC-EP in der letzten Woche wurde vereinbart, dass die Familien und Personen in der Wiedereingliederungszone Mariana Páez bleiben können, die sich in der Gemeinde Mesetas in der Provinz Meta befindet. So gibt es das Versprechen, das Land gekauft und weiter in die Infrastruktur investiert werden soll, damit sie dort endgültig bleiben können. Bisher gibt es eine Befristung von drei Monaten zum Bleiben der rund 200 Familien von ehemaligen Kämpfern.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat nach einer Friedensgeste der FARC-EP zwei Personen in Empfang genommen, die zuvor von der Front Carlos Patiño der FARC-EP aus dem Westlichen Koordinationskommando des Zentralen Generalstabs festgenommen worden waren. Die Freilassung fand in einer ländlichen Gegend der Provinz Cauca statt. Beteiligt an der Übergabe war auch die Ombudsstelle, die zudem mitteilte: „Wir haben an dieser Operation als neutrale Vermittler teilgenommen, in Übereinstimmung mit unserem Mandat, Menschen, die von bewaffneten Konflikten und Gewalt betroffen sind, unterschiedslos zu schützen und zu unterstützen. Wir danken den beteiligten Parteien, dass sie unsere Arbeit respektieren und unserer humanitären Arbeit vertrauen, um die Familienzusammenführung der freigelassenen Personen zu erleichtern.“ Die freigelassenen Personen waren bei guter Gesundheit.
Es sorgt wieder einmal für Polemik, wen eine politisch-militärische Organisation innerhalb der Bevölkerung für politische Aufklärungsarbeit sorgt. So geschehen vor wenigen Tagen in der Provinz Cauca, wo der Kommandierende des Westlichen Koordinationskommandos Marlon Vásquez vor der Bevölkerung spricht. Dabei ist es im Kontext des Friedensprozesses der FARC-EP nur notwendig, auch politische Arbeit nicht nur in seinen eigenen Strukturen durchzuführen, sondern auch in der Zivilbevölkerung, die häufig durch die Massenmedien keine reflektierten Nachrichten bekommen.
Gestern jährte sich der 15. Jahrestag des Todes des Gründers und jahrzehntelangen Oberkommandierenden der FARC-EP, Manuel Marulanda Vélez alias Tirofijo. Ohne Zweifel, war und ist er eine der prägendsten Persönlichkeiten der kolumbianischen Geschichte. Nicht ohne Grund ehrten ihn verschiedene Personen zum Jahrestag, darunter seine Geliebte und Kämpferin Sandra Ramírez, die nun für die aus dem Friedensprozess hervorgegangene Partei Comunes im Kongress ist. Sie schreib auf Twitter: „Heute jährt sich der 15. Jahrestag des physischen Verschwindens des Genossen, Freundes und Anführers Manuel Marulanda. Ein Mann mit tiefer Sehnsucht nach Frieden, ein unermüdlicher Kämpfer für den Schutz der Umwelt und ein Träumer von einem Kolumbien mit Chancen für alle. Sein Vermächtnis ist immer noch da!“