Während die Presse den Fall Mitte August als Bluttat der FARC-EP darstellte, bei dem ein Polizist in der Provinz Nariño erst von der Guerilla entführt und dann getötet wurde, entpuppt sich dieser nun als etwas anders. In einem Kommuniqué erläutert die Mobile Kolonne Urias Rondón aus dem Westblock Kommandant Jacobo Arenas der FARC-EP den Fall, der typisch für Kolumbien ist und wieder einmal die Zusammenarbeit der staatlichen Sicherheitskräfte mit paramilitärischen Gruppen bestätigt. Diese Art der Zusammenarbeit hat jahrzehntelange Tradition in vielen Regionen. Zeitgleich bekräftigt die Guerilla den Willen nach Frieden und Umsetzung der ausgearbeiteten Friedensroute.
Aus dokumentarischen Zwecken übersetzen wir das Kommuniqué:
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Die mobile Kolonne Urias Rondón berichtet über die jüngsten Ereignisse in dem Dorf Altaquer, wo der Polizist Jefferson Valencia getötet wurde.
Am Montag, den 14. August, um 13:20 Uhr, stellten wir an einem Kontrollpunkt fest, dass zwei Zivilisten und bewaffnete Personen mit zwei Motorrädern auf der Hauptstraße von Pasto – Tumaco unterwegs waren und anhielten, um Fotos von Häusern im Sektor von Kilometer 84 zu machen. Als sie von unseren Einheiten überrascht wurden, flohen sie bis zum Kilometer 95, wo sie abgefangen werden. Die beiden Personen stiegen von ihren Motorrädern ab und stürmten in die Berge in derselben Richtung, wo sich die Lager der Bande Los Márquez befinden. Es gab einen Schusswechsel, der ein paar Minuten dauerte. Während der Verfolgung ist der Polizist Jefferson Valencia getötet worden, der anderen Person gelang die Flucht.
Es sei darauf hingewiesen, dass dieser Sektor eine starke paramilitärische Präsenz aufweist und es wurden Aufklärungs- und Kooperationsaufgaben mit paramilitärischen Gruppen unter der Leitung des Kommandanten Pintor der Nationalen Armee entwickelt, der häufig Einheiten der Bande von Los Márquez in offiziellen Fahrzeugen transportiert. Offensichtlich hatten beide Personen Spionage-, Geheimdienst- und Fotoaufnahmen-Aufgaben.
Den lokalen und nationalen Medien teilen wir mit, dass es sich bei den Personen um aktive Mitglieder der Nationalpolizei handelt. Es ist unverständlich, warum sie sich inmitten einer Zone bewegen, in der es große paramilitärische Konflikte gibt, bewaffnet und in Zivil, indem sie Foto- und Geheimdienstarbeit ohne jegliche Identifizierung durchführen. Deshalb führte diese Situation zu diesem bedauerlichen Ergebnis.
Als Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens – Armee des Volkes bedauern wir diese Tatsache, die Angehörige und Freunde von Herrn Jefferson Valencia betrübt und fordern Präsident Gustavo Petro auf, dem Hohen Kommissar für den Frieden den Befehl zu erteilen, die Route, die wir seit dem 6. Juli vereinbart hatten und ihre späteren Anpassungen bei einem Treffen in der Gemeinde San Vicente del Caguán am 11. August sowie seinen Verteidigungsminister, sich mit den Friedensaufgaben zu befassen. Diese Route sollte am 17. August beginnen und bis heute gibt es keine Antwort vom Amt des Hohen Kommissars für den Frieden.
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Letzte Woche hat die kolumbianische Regierung von Gustavo Petro, die weiterhin am totalen Frieden mit verschiedenen Organisationen und Gruppen festhält, den Verhandlungstisch mit den städtischen Banden von Quibdó in der Provinz Chocó eingerichtet. Es ist der dritte Verhandlungstisch, die sie mit solchen Strukturen führt und die versucht werden sollen ihre Waffen abzugeben und sich in das zivile Leben wiedereinzugliedern. Aktuell gibt es unter anderem den Versuch in der großen pazifischen Hafenstadt Buenaventura.
Die Gewalt in den verschiedenen Landesteilen Kolumbiens, zusammenhängend mit einer Offensive der staatlichen Sicherheitskräfte gegen die aufständische Bewegung, reißt nicht ab. Kämpfe werden vor allem aus den südwestlichen und südlichen Landesteilen gemeldet, in der sich Einheiten der Guerilla den staatlichen Sicherheitskräften aus Armee und Polizei gegenüberstehen.
Facundo Molares Schoenfeld, der „Argentinier in der FARC-EP“, ist am Donnerstag, den 10. August, gestorben und wurde 47 Jahre alt. Er starb inmitten von Protesten in Buenos Aires (Argentinien), die von linken Bewegungen organisiert wurden und die die Vorwahlen kritisieren.
Am gestrigen Samstag, den 12. August, wurden drei Polizisten in der Gemeinde Morales in der Provinz Cauca durch Guerilleros der FARC-EP bei einem Angriff getötet. Der Angriff ereignete sich nahe dem Dorf La Estación, als die Polizei dort einen Kontrollpunkt durchführen wollte. In Gebieten, die unter Kontrolle der Guerilla stehen, werden Kontrollpunkte der staatlichen Sicherheitskräfte als militärisches Ziel aufgefasst. Den Angriff führte die Front Jaime Martinez durch.
Die andere dissidentische Nachfolgeorganisation der „alten“ FARC-EP ist die des Zweiten Marquetalia, die sich getreu dem Namen auf den Gründungsort der alten FARC-EP bezieht und sich ebenso in einer legitimen Nachfolge sieht, wie der Zentrale Generalstab der FARC-EP als Konkurrenz. Die FARC-EP, zweites Marquetalia, wird kommandiert durch Iván Márquez, einer charismatischen Personen mit einer hohen politisch-militärischen Erfahrung als ehemaliger Kommandant der Sekretariats der alten FARC-EP und Verhandlungsführer bei dem Friedensprozess von 2016.
Die FARC-EP, Zentraler Generalstab, unter der Führung von Iván Mordisco hat ihre Ursprünge in der 1. Front Armando Ríos, die bereits frühzeitig das Friedensabkommen der „alten“ FARC-EP von November 2016 ablehnte. Der erste Kommandant der Front war alias Gentil Duarte, der im Mai 2022 getötet wurde. Seitdem wird die Organisation von alias Iván Mordisco kommandiert, der auch Befehlshaber der 1. Front war. Der Zentrale Generalstab, wie sie in Abgrenzung zur FARC-EP des Zweiten Marquetalia heißen, ist die größte der beiden Organisationen der FARC-EP, die sich als je legitime Nachfolger der FARC-EP sehen. Sie sind in mehr als 166 Großgemeinden und in 22 Provinzen aktiv. Dabei haben sie sich stetig vergrößert.
Die Operationen der staatlichen Sicherheitskräfte gegen Strukturen der aufständischen Bewegung FARC-EP laufen weiterhin, obwohl in der Öffentlichkeit vom anstehenden Friedensprozesses fabuliert wird. Neben den Provinzen Caquetá und Cauca ist derzeit auch die Provinz Nariño stark von militärischen Auseinandersetzungen betroffen. So gab es Aktionen der Streitkräfte ein hergehend mit starken Kämpfen gegen die Front Franco Benavides der FARC-EP, die im Westblock Kommandant Jacobo Arenas organisiert ist. Die Kämpfe fanden unter anderem im ländlichen Gebiet der Gemeinde Andes Sotomayor (Nariño) statt. Leidtragend ist vor allem die lokale Bevölkerung. Erst vor kurzem kam es während einer Militäroperation in der Gemeinde La Plata (Provinz Huila) zum Tod eines Kindes durch die Armee, welches zuerst der aufständischen Bewegung in die Schuhe geschoben wurde. Proteste der lokalen Bevölkerung und Videos zeigen jedoch, wer die Aggressionen und den Tod zu verantworten hat.
Die Front Carlos Patiño aus dem Westblock Kommandant Jacobo Arenas der FARC-EP hat in einem Kommuniqué öffentlich gemacht, dass eine Kandidatur zur Bürgermeisterin von Argelia im Süden der Provinz Cauca nicht geduldet wird. Dies zeigt deutlich, wie korrupte Kreise ihre machtherrschaft auch auf dem Land sichern wollen, was eine Ausbeutung der öffentlichen Mittel und Armut für die einfache Bevölkerung bedeutet. Auf der anderen Seite zeigt der Fall, wie wichtig auch eine Kontrollinstanz ist und wie die unter anderem die politisch-militärische Arbeit der Guerilla aussieht.
Seit Tagen gibt es schwere Kämpfe in verschiedenen Landesteilen, darunter vor allem in der Provinz Cauca. Hier führt seit geraumer Zeit die Armee in Kooperation mit der Polizei eine Offensive gegen mehrere Strukturen des Westblocks der FARC-EP durch. Leidtragenden sind nicht nur die Kämpfer der Einheiten, sondern vor allem die Zivilbevölkerung, die durch die anhaltenden Kämpfe ihre Häuser nicht verlassen darf oder vertrieben wird.
Am gestrigen Montag, den 24. Juli, veröffentlichte die FARC-EP, Zweites Marquetalia, ein Kommuniqué, welches von Iván Márquez unterzeichnet wurde. Zuletzt spekulierte man ja, ob der Oberkommandierende der aufständischen Bewegung gestorben sei. Doch aus de, Umfeld der linken Wochenzeitung „Voz“ hieß es schon vor ein paar Tagen, dass er am Leben sei. Dieses Kommuniqué dürfte ein weiterer Beleg dafür sein, dass Iván Márquez als Kommandant am Leben ist.