Am gestrigen Tag des 2. Juli verdichteten sich in Kolumbien die Hinweise, die von offiziellen Stellen jedoch nicht endgültig bestätigt sind, dass Iván Márquez als Oberkommandierender der FARC-EP, Zweites Marquetalia, bei einem Angriff getötet wurde. Sollte sich dies bestätigen – und selbst aus Venezuela treffen immer mehr Meldungen dazu ein, dann wäre das der nächste Schlag gegen die aufständische Bewegung.
Nach bisherigem Kenntnisstand wurde am Samstag im Morgengrauen auf venezolanischem Territorium eine Militäroperation durchgeführt, bei der Luciano Marín Arango alias Iván Márquez, ums Leben kam. Bisher sind alles nur Spekulationen, ob es sich um eine verdeckte Militäroperation Kolumbiens handelte oder um ein Attentat der Strukturen der FARC-EP um Iván Mordisco, die sich wiederum für die Ermordung an Gentil Duarte rächen wollten.
Beide politisch-militärischen Linien der FARC-EP stehen in einem Krieg gegeneinander und zögern nicht, gezielte Angriffe gegen die jeweiligen Mitglieder Linien durchzuführen. Zuletzt ist ein Großteil der Kommandierenden aus den beiden Linien der aufständischen Bewegung getötet worden, wobei oftmals nicht ganz klar ist, wer die Verantwortlichen der Anschläge auf venezolanischem Territorium sind.
Mit einem Tod von Márquez würde die aufständische Bewegung die wohl derzeit schillerndste Persönlichkeit verlieren. Er ist einer der Köpfe der alten FARC-EP gewesen und in seinem politischen Diskurs anerkannt. Zudem verfügte Márquez über viele nationale und internationale Kontakte. Sein politischer Stellenwert wird nicht zu ersetzen sein. Unter Márquez gab es eine strategische Allianz zwischen der FARC-EP, Zweites Marquetalia, mit der ELN.
Luciano Marín Arango alias Iván Márquez ist mittlerweile 67 Jahre alt und hat mehr als vier Jahrzehnte in der aufständischen Bewegung verbracht. Er ist ausgebildeter Rechtsanwalt und stammt au der Provinz Caquetá, wo er am 16. Juni 1955 in Florencia geboren wurde. Schon in jungen Jahren begann er seine politische Laufbahn, zuerst in den Kommunistischen Partei. Er engagierte sich in der Kommunalpolitik der Provinzhauptstadt Florencia.
In den frühen 1980er Jahren schloss er sich der 14. Front der FARC-EP an, kurz vor dem Friedensprozess während der Regierung des ehemaligen Präsidenten Belisario Betancur, der schließlich zur Geburt der Patriotischen Union (UP) führte. Auch dort wurde er Mitglied, sogar im kolumbianischen Kongress, ging aber nach den gescheiterten Friedensbemühungen wieder zurück zur Guerilla.
Márquez wurde nach dem Tod von Jacobo Arenas im Jahr 1990 Mitglied des Sekretariats der FARC-EP. Zuletzt war er der Oberkommandierende des sogenannten Karibischen Blocks der FARC-EP im Nordwesten, wozu er abkommandiert wurde. In den letzten Friedensverhandlungen mit der Regierung von Santos war er der Hauptunterhändler in Havanna, Kuba, und sorgte schließlich zum noch gültigen Friedensabkommen.
Im April 2018 reiste Márquez jedoch in die Wiedereingliederungszone von Miravalle, Caquetá, und verließ sie dann zusammen mit Hernán Darío Velásquez, alias „EL Paisa“, die beide dem Friedensprozess den Rücken kehrten. Im August 2019 gaben „Márquez“, „Santrich“ und „El Paisa“ in einem Video bekannt, dass sie zu den Waffen gegriffen hätten, um die FARC-EP neu aufzubauen. Sie waren der Ansicht, dass das Friedensabkommen nicht umgesetzt werden würde. Nun endet jedoch die Geschichte von Iván Márquez und dem Zweiten Marquetalia.