Die Situation in Catatumbo in der Provinz Norte de Santander ist weiter angespannt, wenn gleich die bewaffneten Kämpfe zurückgegangen sin. Doch der Ausnahmezustand, der von der Regierung aufgrund des Krieges ausgerufen wurde, bleibt bestehen, nachdem die ELN einen Konflikt mit bis zu 100 Morden und Zehntausenden Vertriebenen an der Grenzregion zu Venezuela entfesselt hat. Von Seiten der staatlichen Sicherheitskräfte gibt es jedoch weiterhin Zurückhaltung und keine Bestrebungen, offensiv vorzugehen. Die 33. Front der FARC-EP verhält sich ebenso defensiv und versucht, ihre Strukturen und die Zivilbevölkerung zu schützen. Seit Monaten haben die führenden Köpfe dieser Guerillagruppe geplant, die Kontrolle über dieses Gebiet zurückzugewinnen. Dazu nutzten sie auch die geostrategische Lage und Verbindungen zum Nachbarland Venezuela, wo sie bewaffnete Fronten und Guerillakämpfer aus jenem Land haben.
Die ELN ist eine binationaler Guerillagruppe. Seit Jahrzehnten hat sie ihre Kontrolle an der kolumbianisch-venezolanischen Grenze gefestigt. Dort hat sie auch ihre stärksten Strukturen: die Ostfront zwischen Arauca (Kolumbien) und Apure (Venezuela) sowie die Nordostfront zwischen Norte de Santander (Kolumbien) und Táchira und Zulia (Venezuela). Laut Schätzungen des Militärgeheimdienstes gibt es mehr als tausend bewaffnete Männer dieser Guerillagruppe auf der venezolanischen Seite. Daher hat sie dort ihre strategische Rückendeckung konsolidiert, fernab des Einflusses der kolumbianischen Militärs, mit Zugang zu Ressourcen im Bergbaugebiet und gelegentlichen gegenseitigen Unterstützungsoperationen mit den venezolanischen Streitkräften.
Im Dezember traf sich Andrey Avendaño, der Chef der 33. Front der FARC-EP aus dem Zentralstab der Blöcke und Fronten, mit der ELN und sie vereinbarten die Fortsetzung des Waffenstillstands, eher einem Stillschweigeabkommen zwischen beiden aufständischen Organisationen. Offensichtlich war die Stärke der FARC-EP ein Grund, sowie der politische Diskurs von den Kommandierenden Andrey Avendaño und Jhon Mechas zu Frieden, dass die ELN den Krieg entfesselte. Dazu wurden vor allem Kommandierende und Personal der ELN aus Arauca über Venezuela nach Catatumbo geschafft, da diese keine persönliche Beziehung zu den Strukturen der FARC-EP und zur Zivilbevölkerung hatten. Dies vereinfachte das Agieren der Mordkommandos der ELN und führte dazu, dass auch Friedensunterzeichner der ehemaligen FARC-EP in ihren Häusern gezielt hingerichtet wurden.
Mittlerweile meldete sich Richard Suárez, Kommandant des Blocks Magdalena Medio Gentil Duarte der FARC-EP, und machte deutlich, dass sich seine Gruppe den Paramilitärs des ELN entgegenstellen werde. Er wird explizit von der ELN gesucht und soll sich stellen. „Hier sind wir präsent, wir werden in Verteidigung von euch, den Gemeinschaften, in Verteidigung des Territoriums sein, indem wir uns den Paramilitärs des ELN entgegenstellen, die sich darauf spezialisiert haben, unbewaffnete Zivilisten zu töten, zu foltern, Kinder zu töten, Frauen zu töten“, erklärte Suárez. „Unsere Waffen und unsere Einheiten werden wir einsetzen, um sie zu bekämpfen, mit aller Entschlossenheit, wie es sein muss, aber wir werden die Zivilisten respektieren und die Regeln respektieren, wie wir es immer getan haben“, versicherte er in einer Videobotschaft.
Auch Javier Alfonso Velosa, alias Mechas, einer der Kommandanten der 33. Front der FARC-EP, sagte in einer Videobotschaft: „Kameraden, guten Morgen. Heute sind wir hier und trinken einen Kaffee. Wir haben den 21. Januar. Kameraden, mit Entschlossenheit, solange es einen Fariano [Kämpfer der FARC-EP] in Catatumbo gibt, wird es Hoffnung geben; wir sind fähig, zählt auf uns. Hier bin ich an eurer Seite, Schulter an Schulter. Wir werden unser Volk rächen. Viel Respekt vor der Zivilbevölkerung, vor allen.“ Und weiter: „Nicht schießen, ohne das Ziel zu sehen; seid vorsichtig. Ich möchte, dass ihr vereint seid, mehr denn je, jeder in Kampfposition. Wir haben begonnen, als die Paramilitärs 1999 in den Catatumbo eintraten, und heute stehen wir erneut vor einer ähnlichen Realität, nicht mehr mit den Paramilitärs, sondern mit denen, die einst unsere Freunde waren“, fügte er hinzu.