Kaum ist Gustavo Petro zum neuen Präsidenten vereidigt worden, schon keimen die Hoffnungen auf einen politischen Wechsel im Land. Besonders aus Sicht der aufständischen Organisationen, aber auch sozialen und populären Bewegungen, werden bestimmte Maßnahmen mit wohlwollenden Augen betrachtet. Dazu gehört nicht nur die Maßgabe zur Umsetzung des Friedensabkommens mit der FARC-EP, sondern die Ankündigung eines neuen und kompletten Friedens, perspektivisch auch mit den anderen bewaffneten Organisationen. Dazu kündigte Petro Vorgespräche mit dem ELN an und signalisierte auch Bereitschaft, sich dem Frieden mit anderen Gruppen und Organisationen wie den neu erstandenen FARC-EP oder den paramilitärischen Gruppen, zu widmen.
Neben der Berufung von verschiedenen linken und alternativen Personen in Führungspositionen geht es auch um die Ankündigungen für einen politischen und wirtschaftlichen Wechsel. Wesentliche Fragen, wie das Landeigentum, die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, der Drogenanbau und -handel sowie der Umbau der staatlichen Sicherheitsorgane sind auch für die aufständische Bewegung interessant. So haben der Umbau und die Ernennung von neuen Führungspositionen in Armee und Polizei das Ziel, die Sicherheit, den Frieden und die Achtung der Menschenrechte zu erhöhen, so der Präsident.
Gustavo Petro gab am Freitag die neuen Personen und Kommandierenden bekannt, die die Geschicke der Streitkräfte und der Polizei in diesem Land regeln werden. Während einer offiziellen Präsentation der neuen Führungspersonen wies der Präsident darauf hin, dass die Erneuerung darauf abzielt, „eine Politik der menschlichen Sicherheit zu etablieren, um die Verringerung der Gewalt zu gewährleisten und den Frieden und die Achtung der Menschenrechte zu erhöhen.“ Eine politische Entscheidung vermied er, sondern betonte, dass es um Professionalität gehe und „dass sie ihre Männer und Frauen an der Basis wertschätzen kann, ein Thema, das wir besonders diskutieren. Wir wollen eine Politik der Würde und der Verbesserung der Lebensqualität der Familie der Soldaten und Polizisten.“
Der Präsident verwies auch auf die Beförderungspolitik, die sich seiner Meinung nach ändern und nicht mehr zu einem Verdienst für Opfer werden sollte, sondern für Ergebnisse zu einer Befriedung. Unter der Herrschaft von Uribe und auch Santos waren die Skandale um die sogenannten „falsos positivos“ bekannt geworden. Unter „falschen Positiven“ versteht man von den Sicherheitskräften getötete Zivilisten, die als im Kampf gefallene und getötete Guerilleros ausgegeben wurden, um sich Prämien und Beförderungen zu erschleichen. Tausende Zivilisten wurden durch diese Art und Weise von Armee und Polizei getötet.
Insgesamt hat der kolumbianische Präsident mehr als 50 Generäle ersetzt. Damit wolle er die staatlichen Sicherheitskräfte von jeglichem Korruptionsnetzwerk befreien. Es ist tatsächlich das erste Mal in der jüngeren Geschichte, dass die staatlichen Sicherheitskräfte so umgebaut werden und ein deutliches Zeichen gesetzt wird. Dies sorgt natürlich für Unbehagen bei Armee, Polizei und rechten Anhängern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Sicherheitskräfte positionieren, sich auf eine neue Politik einlassen und nicht etwa ein Eigenleben entwickeln oder gar zu einem Putschinstrument werden. Die lateinamerikanische Geschichte ist voll von der Einflussnahme des Militärs auf die Politik.