Die Spaltung der ehemaligen Partei FARC, heute Comunes, die sich im Rahmen des Friedensabkommens als politischer legaler Arm zur Vertretung der Interessen der kolumbianischen Linken gegründet hat, schreitet voran. Schon vor Jahren setzte sich dieser Prozess des Auseinanderdividierens des eigentlich als kollektiven Prozesses geplanten Wiedereingliederung in Gang. Ein neuer Schritt ist die Ankündigung von den ehemaligen Kommandierenden und Senatoren im Kongress, Victoria Sandino und Israel Zúñiga alias Benkos Biohó, eine neue Gruppe für die Wahlen im Jahr 2022 zu gründen.
Unter dem Namen „Agrupar para Avanzar“, was zu Deutsch mit „Versammeln um Voranzukommen“ gedeutet werden kann, sind bereits rund 200 Personen in der neuen politischen Gruppe vereint, viele davon aus der ehemaligen Guerilla, die unzufrieden mit dem Prozess der Wiedereingliederung und vor allem mit der Politik der heutigen Partei Comunes sind. Bereits seit Jahren schwelt ein interner Konflikt in der Partei Comunes, in dem es nicht nur um die politische Ausrichtung der Partei, sondern auch um den Führungsstil und das Einknicken der Partei von der kolumbianischen Regierung und deren mangelhafter Umsetzung des Friedensabkommens.
Nachdem Victoria Sandino und Benkos Biohó im März dieses Jahres ihre Rückkehr in den Kongress im Jahr 2022 mit der Partei Comunes ausgeschlossen hatten, beschlossen sie, eine Gruppe zu gründen um einen „Vorstoß zu schaffen, indem sie Stimmen des Friedens und des Widerstands vereinen“ sowie mit dem „Engagement bereit zu sein, Räume der Einheit zu konstruieren, zu artikulieren und zu fördern, die den Erwartungen von Sektoren entsprechen, die nicht durch die aktuellen organisatorischen politischen Formen repräsentiert werden.“
Benkos Biohó sagte, dass die Gruppe „eine Form der Zusammenlegung der ehemaligen Kämpfer ist, die das Friedensabkommen unterzeichnet haben, die immer noch im Rahmen dieses Abkommens bleiben und deren Lebensprojekt die Bestätigung dessen ist, was in Havanna unterzeichnet wurde und dem Aufbau des Friedens in Kolumbien dient.“ Senatorin Victoria Sandino erklärte auch, dass es eine kollektive Anstrengung ist, die viele unternommen haben, sowohl ehemalige FARC-Kämpfer als auch soziale Anführer und Prozesse aus Gemeinden, Nachbarschaften und Kollektiven von Frauen und Jugendlichen, die sich im Kontext des Friedensabkommens und der Wiedereingliederung bewegen.
Beide stellen heraus, dass der Unterschied zwischen der von ihnen geförderten Bewegung und der Partei Comunes darin liege, Offenheit und Debatte im politischen Kontext zu zulassen. Bei der Partei Comunes sei eine demokratische Beteiligung der Mitglieder nicht mehr erwünscht gewesen und es wurde eine vertikale und nicht horizontale Befehlslinie beibehalten. Zudem habe es die Partei nicht geschafft, die Interessen im Sinne der Wiedereingliederung durchzusetzen. Sie wollen dabei vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und lokalen Strukturen im ländlichen Bereich setzen.
Tatsächlich ist landesweit zu beobachten, dass vor allem im ländlichen Bereich die Partei Comunes an Rückhalt und Strukturen verloren hat. In vielen Provinzen ist sie nicht mehr arbeitsfähig und unterhält keine Büros und Arbeitsstrukturen. Vor allem im Süden Kolumbiens ist dies zu beobachten. Dieses politische Vakuum wollen immer wieder verschiedene neu gegründete Bewegungen ausfüllen. In diesem Sinne gab es bereits als größere Gründung und Abspaltung von der Ex-FARC die Bewegung Corpo-Reconciliación, als alternatives Projekt der Wiedereingliederung neben der FARC.