In der ländlichen Region der Gemeinde Algeciras in der Provinz Huila hat die Gewaltwelle, die schon in den letzten Monaten zu beobachten war, nun ihren Höhepunkt mit einem Massaker, aber auch mit der Verhaftung von einem Anführer der dissidentischen Struktur der FARC-EP, Zweites Marquetalia, erreicht, der in der Nacht zuvor von Armee und Polizei gestellt wurde.
Vier Tote und zwei Verwundete sind bisher das Resultat eines Angriffs einer bewaffneten Struktur in der ländlichen Region von Algeciras, die seit Jahrzehnten ein Schauplatz des bewaffneten Konfliktes ist. Aufgrund seiner geostrategischen Lage in den Bergen der östlichen Kordillere zwischen den Provinzen Huila und Caquetá gilt sie als Bastion der Guerilla. Andere Nachrichten sprechen von zwei Toten und mehreren verschwundenen Personen.
Nun gibt es laut Augenzeugenberichten einen vorläufigen Höhepunkt, als bewaffnete Personen in einem viertürigen Auto und auf Motorrädern am Donnerstagabend in den Ort Quebradón Sur eindrangen und gezielt das Feuer auf die Familie des ehemaligen Mitglied der FARC, Nencer Barrera alias „Cuajo“, eröffneten. Dieser war Mitglied der mobilen Kolonne Teófilo Forero, aus der es wiederholt Übertritte zu den sich neu bewaffneten Strukturen gibt.
Noch sind die Meldungen unübersichtlich, aber bisher geht man bei einem Teil der Toten von Familienmitgliedern des ehemaligen FARC-Kämpfers aus. Seit einiger Zeit gibt es in der ländlichen Region Vertreibungen und Morde an ehemaligen Mitgliedern FARC, weil diese durch Entwaffnung und Mitarbeit zur Aufarbeitung des Konfliktes, aber auch durch ihre Friedensprojekte vor Ort als Verräter der neuen FARC-EP gelten, die den bewaffneten Kampf fortführen will.
Allen Anschein nach steht der Angriff auch im Zusammenhang mit der Festnahme von alias „Hermes Suárez“, dem derzeitigen Anführer einer bewaffneten Struktur der FARC-EP, Zweites Marquetalia, die sich Einheit Óscar Mondragón nennt. Diese war in der zurückliegenden Zeit für viele Angriffe bekannt. Mit alias „Hermes“ verliert die Guerilla eine Person mit langjähriger Erfahrung in der Guerilla, denn vor dem Friedensprozess war er Teil der mobilen Kolonne Teófilo Forero und in der Kompanie Ayiber González aktiv.
Aber die Neuformierung der Guerilla ist nicht nur mit Gewalt verbunden, mit der die territoriale Kontrolle wiederhergestellt werden soll. Auch unübersichtlich ist der Formierungsprozess an sich, denn in den zurückliegenden Jahren gab es auch Flugblätter der Einheit Manuel Marulanda Vélez. Noch ist also nicht ganz klar, wer die Verursacher sind, wie die Guerilla aufgebaut ist und vor allem zu welcher FARC-EP sie gehören, die sich in zwei derzeitige Linien gespalten hat.
Zudem zeigt der Fall, wie ernst die Bedrohung für sich im Wiedereingliederungsprozess befindlichen ehemaligen FARC-Mitglieder ist, die von der „neuen“ FARC-EP als Verräter angesehen werden. Besonders Algeciras steht für den Konflikt unter den ehemaligen Gesinnungsbrüdern, weil hier die mobile Kolonne Teófilo Forero als Eliteeinheit sehr stark war und es nun auf beiden Seiten Kämpfer für den Frieden oder Kämpfer mit der Waffe gibt.