Während man den regierungsnahen Medien und den großen Presseagenturen Lateinamerikas entnehmen kann, dass die Aufständischen in Kolumbien nach dem Tod ihres Oberkommandierenden Alfonso Cano und nach dem Tod von vier Kriegsgefangenen ihre politische und moralische Daseinsberechtigung verloren haben, sieht die Lage vor Ort etwas anders aus. Im folgenden Artikel soll kurz und aus anderer Sicht dargestellt werden, wie es um die Lage der Aufständischen in Kolumbien bestellt ist.
Vor wenigen Tagen zum Beispiel berichtete die holländische Kämpferin Tanja in den Reihen der FARC-EP, dass die Aufständischen gestärkt seien und mit mehreren militärischen Aktionen Ende November auf den Tod ihres Anführers antworteten. In einem Interview, welches am Mittwoch im holländischen Fernsehsender NOS ausgestrahlt wurde, sagte sie, „dass das Ende der FARC-EP weit weg sei“. Das Interview zeigt Tanja mit einem Maschinengewehr in einem dichtbewaldeten Camp, kämpfend sagt sie: „Wenn du im Dschungel bist, Bomben hörst, später Waffen hörst, die einzige Antwort ist schießen.“ Weiterhin berichtet Tanja über die Militäroperation, bei der im September 2010 der Militärchef der FARC-EP Mono Jojoy getötet wurde und sie zum Sicherheitskreis gehörte. Tanja schloss sich im Jahr 2002 den FARC-EP an.
Ein weiteres Ereignis zog Debatten in den Medien nach sich. Ende November kam es bei dem Versuch einer Befreiungsaktion des Militärs im Süden der Region Caquetá (Gemeinde Solano) zum Tod von vier Kriegsgefangenen. Die Kriegsgefangenen, die seit mehreren Jahren in den Händen der Aufständischen waren, sollten einem Angebot der FARC-EP zur Folge freigelassen werden, um politische Verhandlungen mit der Regierung führen zu können. Stattdessen erfolgte die Militäroperation mit dem bewussten Ziel einer Konfrontation. Die Aktion der Befreiung der vier Kriegsgefangenen sollte allem Anschein nach die politische Lösung torpedieren, die zuvor angeboten worden ist. Das Angebot zur Freilassung wurde der Öffentlichkeit aber erst später bekannt gegeben, der Tod der Kriegsgefangenen wurde so einzig und allein der Guerilla zugeschoben, um öffentlich Stimmung machen zu können. Im Zuge dessen wurde seit 2008 erstmals wieder öffentlich und medienwirksam zu Demonstrationen gegen die FARC-EP in allen großen Städten des Landes aufgerufen. Am Dienstag zogen dann mehrere Tausende Menschen durch die Straßen, aber es war sichtlich erkennbar, dass die Mobilisierung des Staates das Ziel verfehlt hatte. Mit bis zu 1 Million Teilnehmenden hatte die Regierung gerechnet, doch nicht mehr als 10.000 gingen zum Beispiel in Bogotá auf die Straßen. Viele Organisationen von Studierenden, Gewerkschaften und linken Gruppen riefen dazu auf, nicht die Regierungspropaganda zu unterstützen.
Und tatsächlich war, anders als noch 2008, wo sich jeder der sich öffentlich dagegen aussprach sofort politisch diskreditiert wurde, die Stimmung so, dass wer zu der Demonstration geht, er/sie die Kriegspolitik Kolumbiens unterstütze. Demzufolge war die Beteiligung schwächer als angenommen, obwohl wieder viele öffentliche und staatliche Einrichtungen ihren MitarbeiterInnen frei gaben. In einigen Kommuniqués der FARC-EP, unter anderem des neuen Kommandierenden Timoleón Jiménez alias „Timochenko“ vom 07.12., bekräftigen sie auch weiterhin das Ziel, die Gefangenen frei zu lassen und sich für eine politische und friedliche Lösung einsetzen zu wollen. Außerdem appellierte „Timochenko“ sowohl an die Teilnehmenden und jene, die sich weigerten, gemeinsam die kriegerische Politik zu beseitigen. In einem anderem Kommuniqué vom 01.12., gerichtet an Piedad Cordoba als Vermittlungsperson und andere Führungspersonen der internationalen Friedensbewegung, verurteilen sie den Einfluss des Militärs auf die Politik und den fehlenden Willen für eine friedliche Lösung und einen humanitären Gefangenenaustausch.
Während es die Regierung und die Medien nicht auslassen können zu betonen, wie wichtig der Kampf gegen die terroristische Guerilla sei und alle Anstrengungen nötig sind um Frieden und Fortschritt zu erreichen, bleiben die Nachrichten und öffentliche Empörung über Verbrechen der Paramilitärs außen vor. Dabei reißen die Meldungen über Massaker und Verbrechen der Paramilitärs nicht ab. Ein Beispiel ist die Region Putumayo an der Grenze zu Ekuador. Aus ihr wird berichtet, dass allein in den letzten zwei Wochen mehr als 10 junge Menschen aufgrund von sozialen Säuberungen getötet worden sind. Am 9. November wurde im Dorf Sibundoy ein Mädchen aus einer indigenen Gemeinschaft entführt und sie zwei Tage später tot und mit schweren Verletzungen im Intimbereich aufgefunden. Der Paramilitarismus ist in Kolumbien weiter auf dem Vormarsch und hat sich bezüglich der sozialen Kontrolle in den Gemeinden laut der Organisation „Indepaz“ in diesem Jahr weiter erhöht.
Doch es gibt auch gute Nachrichten zu vermelden. So hat sich in den letzten Tagen der Erzbischof von Cali zu Wort gemeldet. In einem Brief der Diözese fragt er, warum Alfonso Cano nicht lebend gefangen genommen wurde und klagt die Konfrontation der Regierung Santos im Fall der vier Kriegsgefangenen an. Die Hoffnung auf ein humanitäres Abkommen sollte nicht aufgegeben werden, der Teufelskreis der Aufrüstung führe nicht zum Ziel.
Außerdem äußerten sich die FARC-EP in einem Kommuniqué des Sekretariats des Zentralen Generalstabs vom 01.12. zur Gründung der neuen lateinamerikanischen und karibischen Staatengemeinschaft CELAC und begrüßen diese. Dies sei ein Signal für die lateinamerikanische und karibische Einheit und ein Weg hin zu einer neuen Welt, in welcher der alte Kontinent und die USA eine andere Rolle spielen werden. Zudem machen sie auf den Konflikt in Kolumbien aufmerksam und ermutigen alle Beteiligten zu einer politischen Lösung im Land.
Zu guter Letzt veröffentlichten FARC-EP und ELN am 05.12. ein gemeinsames Kommuniqué, was die neue Stärke der aufständischen Gruppen symbolisieren soll. Dieses soll hier dargestellt werden. Zum Schluss gibt es ein Link zu einem Video, welches die Guerilla von Innen zeigen soll und welches mit typischer farianischer Musik untermalt ist.
Die ELN und die FARC-EP im Magdalena Medio informieren die Öffentlichkeit
Wir haben das Treffen der Führungen von der Kampffront „Darío Ramírez Castro“ der ELN und dem militärischen Block des Magdalena Medio der FARC-EP in einer Atmosphäre der revolutionären Brüderlichkeit, der Solidarität und dem Versprechen für den Kampf um tiefgreifenden Veränderungen erfolgreich beendet, um Frieden und soziale Gerechtigkeit für das Land zu schaffen.
Diese Tat der Stärkung der revolutionären Einheit ist Teil der Ehrung und Anerkennung der Aufständischen in Kolumbien, die wir für unseren Kommandierenden Alfonso Cano machen, der in einem ungleichen Kampf gefallen ist, konfrontiert mit einer Maschinerie des Krieges, die von den USA im Land aufgefahren wird.
Angesichts des Todes des Kommandierenden wachsen die Verpflichtung und die Moral für den Kampf der kolumbianischen Aufständischen, dies ist die Stimmung, die bei diesem Treffen zum Ausdruck kam.
Die tiefe Krise des unhaltbaren und räuberischen kapitalistischen Modells, der Aufstand der Besitzlosen und Wütenden, die Mobilisierung von Jugendlichen und Studierenden, Bauern, der indigenen und schwarzen Gemeinschaften für Frieden und Boden im Land sind ermutigend um die Idee zur Schaffung eines gerechten Kolumbiens weiterhin hoch zu halten.
Mit dem Erbe des Befreiers Simón Bolívar, Manuel Marulanda Vélez, Manuel Pérez Martínez und allen, die ihr Leben für die Gerechtigkeit gegeben haben, setzen wir den Weg der Einheit und des Kampfes für die zweite und endgültige Unabhängigkeit fort.
Kolumbien den Arbeitern.
Nicht einen Schritt zurück, Freiheit oder Tod.
Kampffront Darío Ramírez Castro.
Nationale Befreiungsarmee ELN
Gegen den Imperialismus … für das Vaterland.
Gegen die Oligarchie … für das Volk.
Hasta la victoria siempre!
Block des Magdalena Media – FARC-EP
In den Bergen des Magdalena Medio
Dezember 2011