Friedensgespräche und neue Hoffnungen?

Seit mehr als einem Jahr finden in Kuba die Friedensgespräche der FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Columbia – Ejercito del Pueblo) mit der kolumbianischen Regierung statt. Es sind bereits die vierten Verhandlungen, die die FARC-EP seit ihrem Bestehen führt. Die FARC-EP ist die älteste Guerilla Lateinamerikas und zugleich eine der bedeutendste oppositionellen Widerstandsbewegungen im Land.

Hervorgegangen ist die Guerilla in den Fünfzigerjahren aus dem Bürgerkrieg zwischen den Liberalen und den Konservativen, den beiden großen traditionellen Parteien. Die kommunistisch orientierten Personen kämpften während des Bürgerkrieges an der Seite der Liberalen. Es kam jedoch schnell zu einer Spaltung der bewaffneten Verbände mit den Liberalen wegen unterschiedlicher Auffassungen zur Agrarfrage, aus der die Mehrheit der Kommunisten stammte. Mehrmals versuchten die Regierungen, die selbstverwalteten Schutzgebiete der kommunistischen Bauern zu zerstören. Doch erst 1964 gelang es der Armee, unter anderem die Region Marquetalia zu erobern. Die Bauern flohen aus diesem Gebiet und änderten ihre Strategie des politisch-militärischen Kampfes. 1964 formierte sich die Guerilla neu und es folgte die Gründung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) unter der Leitung von Manuel Marulanda Vélez.

In den folgenden Jahren wuchs die Guerilla zum eigentlichen Volksheer und baute Einheiten im ganzen Territorium des Landes auf. Dabei erhielt sie Unterstützung, besonders von der Landbevölkerung. Militärischen Operationen sowie politische Arbeit in der Stadt und auf dem Land wurden Teil einer Gesamtstrategie. Auch wenn die Guerilla nach den Friedensverhandlungen von Caguán (1998-2002) militärisch an Spielraum verloren hatte, so zeigen die letzten Jahre, dass sowohl die militärische Schlagkraft und der Ausbau ihrer sozialen Base in einigen Regionen, als auch der soziale Protest im Land, der sich häufig in den Forderungen der FARC-EP wiederspiegelt, weiterhin präsent sind und sogar zugenommen haben. Die neuen Friedensgespräche sind sicherlich auch deswegen zustande gekommen, weil die Guerilla militärisch nicht besiegt werden kann und ihre Forderungen und der Anstieg der sozialen Kämpfe im Land Ausdruck von Ungerechtigkeit und Ungleichheit sind, die mit repressiven Mitteln nicht zu lösen sind.

Nun wurden vor wenigen Tagen verkündet, dass auch eine Einigung im zweiten Punkt der Agenda, dem der politischen Teilhabe, erfolgt ist. Dies würde die Gründung von politischen Organisationen, die Ausübung ihrer politischen Tätigkeit und deren Schutz bedeuten. Präsident Santos sagte, er würde die FARC-EP lieber im Kongress sehen, als mit Waffen. Doch wie ernsthaft können die Worte eines ehemaligen Verteidigungsministers sein und aktuellen Präsidenten sein, der weiterhin einen Krieg gegen Guerilla und Andersdenkende führt? Unter ihm wurden zwar die Friedensgespräche begonnen, aber unter ihm wird auch weiterhin ein blutiger und schmutziger Krieg geführt. Auch die Armee galt bisher nicht als eine Institution, die durch Neutralität oder Friedenszeichen auffiel. Im Gegenteil, große und namenhafte Generäle verkündeten ihre Version zur Beendigung des bewaffneten Konfliktes, nämlich mit Krieg als einzigem Mittel. Kann so die Sicherheit der Guerilleros und der politischen Opposition sichergestellt werden?

Bereits unter der Präsidentschaft von Betancur (1882-1986) wurden Friedensgespräche geführt und als Folge dieser entstand die Unión Patríotica (UP), die von Ex-Guerilleros der FARC-EP und anderen linken Gruppen und Personen gegründet wurde. Auf politischer Ebene und bei den Wahlen konnten erste Erfolge verbucht werden. Doch Ende 1984 formierte sich Widerstand in Armee und Wirtschaftskreisen. Ein klares Zeichen der Eskalation war die Zunahme der parastaatlichen Gewalt.
Bis zum heutigen Tage wurden rund 5000 Aktivisten und Sympathisanten der UP umgebracht, vor allem Kommunisten, Gewerkschafter und Bauern. Lange Zeit weigerte sich die Regierung, den politischen Genozid anzuerkennen. Letztendlich zogen sich die Guerilleros wieder in das illegale, aber sichere militärisch-politische Arbeit zurück. Weitere Gespräche Anfang der Neunzigerjahre und in Caguán scheiterten. Hoffen wir also, dass die Friedensgespräche und die eventuelle Umsetzung nicht wieder zu einem Desaster führen.

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Hommage an Esteban Ramírez

Am 5. November 2012 fiel Genosse Esteban Ramírez im Kampf in den Bergen von Morales in der Region Cauca. Esteban war ein Kämpfer, Anführer der Studentenbewegung, ein Dichter, eine Frohnatur, ein Fußballfan und er liebte Feiern. Heute vor einem Jahr starb er im Kampf für ein besseres Kolumbien in seiner militärisch-politischen Einheit, dem Block Comandante Alfonso Cano. Esteban war einer derjenigen jungen Leute, die inspiriert von den Reden eines Alfonso Cano oder Iván Ríos zu den Zeiten der Friedensverhandlungen von Caguán den Weg zur aufständischen Bewegung fanden. Er wurde Teil des Movimiento Bolivariano, welches zu dieser Zeit gegründet wurde. Er war ein fröhlicher und lustiger Mensch, stets hilfsbereit und mit seinen jugendlichen Idealen bereit, für ein gerechtes und demokratisches Land zu kämpfen. 
Esteban wurde nur 31 Jahre alt. Doch sein kurzes Leben war nicht umsonst und er gilt als Beispiel für viele andere junge Leute, die sich in den Milizen und Guerillaeinheiten der FARC-EP wiederfinden. Geboren in Caldas nahm er frühzeitig an politischen Veranstaltungen teil und übernahm führende Rollen. So war er maßgeblich am Aufbau des Movimiento Juvenil Bolivariano und anderen Jugendbewegungen im Südwesten Kolumbiens beteiligt. Trotz seines lockeren und heiteren Auftretens war er ein verlässlicher und disziplinierter Aktivist, der stets die Interessen seiner Genossen und aller Kolumbianer im Blick hatte.

Esteban: Hasta la victoria siempre!
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Wer wir sind und warum wir kämpf(t)en?

So wie Gaitán in der Mitte des letzten Jahrhunderts getötet wurde, so wurden mehr als 300.000 andere Kolumbianer auch getötet. Viele von ihnen waren einfache Menschen und Bauern. Sie hatten keine andere Wahl, als sich zu schützen und zu bewaffnen: Der bewaffnete Aufstand als Verteidigung ihres Lebens und ihrer Würde. Aus dieser anfänglichen Selbstverteidigung der Bauern wuchs eine politisch-militärische Organisation, damals noch in enger Verbindung zur Kommunistischen Partei, die FARC-EP. In Solidarität wurde vor über zwei Jahren von einigen Leuten das Projekt Kolumbieninfo geboren, um ein andere Sicht auf Guerilla und den bewaffneten Konflikt zu geben. Nun hören wir auf.
In Lateinamerika hört man einen Ruf der Hoffnung. Es ist eine lebende Stimme und es ist die Stimme des Volkes. Diesen Ruf, ja gar ein Weckruf, hört man lauter als je zuvor. Es sind die einfachen Menschen, die unterdrückten Menschen, es sind Indígenas und Bauern, die Afrokolumbianer und alle jene, die über Jahrhunderte bedroht und ihrer Existenz, ihres Landes und ihrer Kultur beraubt wurden. Es ist ein Ruf der als Symbol für Freiheit und Gerechtigkeit gilt. Auch wenn die letzten Seiten des großen Projektes noch nicht geschrieben sind, so sind der wachsende soziale und politische Protest sowie der Kampf und die Gespräche der aufständischen Bewegung mit der Regierung ein großes Projekt für ein neues Kolumbien.
Dieser Ruf wird nie aufhören, das hat die Geschichte gelehrt. Ob im Krieg der Tausend Tage, im Kampf gegen die United Fruit Company in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, im wie oben erwähnten Bürgerkrieg der sogenannten Violencia oder in den Bauernprotesten, die uns bis heute begleiten, es ist ein Kampf der Bauern gegen die Großgrundbesitzer und gegen ihre Repression und Gewalt, die Kolumbien in eine Kolonie verwandeln wollen und das Land ausplündern wollen. Es ist ein gerechter Kampf für ein gerechtes Land. Und einen gerechten Kampf kann man nicht verbieten. Genau so wenig kann man den Kampf gegen ein ganzes Volk gewinnen. So lange Ungerechtigkeit, Armut und Hunger herrschen, so lange wird es auch Widerstand dagegen geben.
Doch nicht nur die Bauern, die gegen gerade mal 3 Prozent der Bevölkerung als besitzende Klasse von mehr als 70 Prozent Land kämpfen, auch die arbeitende Klasse organisiert sich im sozialen und politischen Protest gegen das neoliberale Wirtschaftssystem. Millionen Kolumbianer sind unterbezahlt und haben keinen oder nur geringen Zugang zu den sozialen Dienstleitungen. Mit dem Abschluss der Freihandelsverträge hat sich die Situation noch einmal verschärft. Doch statt den Ruf der Menschen nach würdigen Arbeits- und Lebensbedingungen zu erhören, sieht die Regierung im Land eine kommunistische Bedrohung und entfesselt eine Welle der Gewalt, wie sie die Geschichte schon lange nicht mehr gesehen hat.
Die FARC-EP sind als Folge der Notwendigkeit einer systematischen Gewalt gegen die Kolumbianer vor 50 Jahren entstanden und aufgrund der aktuellen politischen und sozialen Situation haben sie auch heute noch ihre Daseinsberechtigung. Ihr Wesen besteht darin, eine revolutionäre politisch-militärische Organisation zu sein. Sie sind eine kommunistische Partei unter Waffen. Die revolutionäre Situation ist nicht einfach so entstanden, sondern wie oben beschrieben, sind ist die Wirkung auf die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit und Rückständigkeit des Landes. Die Entrechteten, Armen und Besitzlosen sind es, die eine revolutionäre Armee aufgebaut haben und unter der Losung von Bolívar für ein Land in Würde, Souveränität, Gerechtigkeit und echte Demokratie kämpfen.
Nach mehr als zwei Jahren beenden wir von Kolumbieninfo unsere Tätigkeit. Angefangen haben wir im Jahr 2011 zu einem Zeitpunkt, als die FARC-EP in den Medien als eine politisch und militärisch abgeschriebene Organisation dargestellt wurde, die stark an Einfluss verloren hätte und militärisch kurz vor dem Ende stehen würde. Tatsächlich war es so, dass es militärisch einige Rückschläge gab. Erinnert sei an das verlustreiche Jahr 2008, in dem einige Führungspersonen ihr Leben ließen, an 2010, als Mono Jojoy bei einem Militärschlag getötet wurde und an 2011, wo nach einer langen Jagd von Polizei, Militär und Geheimdienst Alfonso Cano in den kolumbianischen Bergen umgebracht wurde. Doch jener Alfonso Cano sorgte in den Jahren zuvor für einen Umbau der revolutionären Organisation und wir von Kolumbieninfo wollten über Veränderungen und die reale Situation berichten.
Die politische Massenarbeit wurde verstärkt, die Früchte sehen wir heute bei den politischen und sozialen Protesten im ganzen Land. Die FARC-EP sind nicht nur bei der ländlichen Bevölkerung so stark verankert wie schon lange nicht mehr, sondern auch die Zusammenarbeit mit bzw. die Zugehörigkeit innerhalb der politischen und sozialen Organisationen konnte intensiviert werden. Auch wenn die Agrarproteste, Bildungsstreiks oder andere soziale Kämpfe teilweise nicht primär von den FARC-EP organisiert werden, so verlaufen sie zumindest nicht an ihnen vorbei, sondern einzelne Personen oder Strukturen sind eng damit verflochten. Inwieweit der soziale und politische Kampf der FARC-EP auch ein Kampf des kolumbianischen Volkes ist, zeigt aktuell die Diskussion und Beteiligung bei den Foren zur Agenda der Friedensverhandlungen zwischen Guerilla und Regierung.
Auch militärisch konnten sich die FARC-EP konsolidieren und in einigen Provinzen ihre Rückzugsräume und militärisch-politische Basis ausbauen. Während die Regierung verkündet, dass die FARC-EP kurz vor ihrer Niederlage stehen, zeichnet sich im alltäglichen Leben und bei den Statistiken verschiedenster Stellen ein anderes Bild ab. In den Jahren 2010 und 2011 gab es eine hohe Zahl an Angriffen und Zusammenstößen, sowie eine hohe Zahl an verlustreichen Kämpfen für die staatlichen Sicherheitskräfte. Hier änderte sich die Taktik der FARC-EP von Großangriffen mit Hunderten Kämpfern hin zu Guerillataktik, mit wenigen und mobilen Einheiten dem Gegner nadelstichartig zuzusetzen. Die zahlenmäßig permanent erweiterte, hochgerüstete und technologisch voll ausgestattete kolumbianische Armee konnte die Guerilla nicht besiegen.
Kolumbieninfo begann die Berichterstattung zu einem Zeitpunkt, als in der Öffentlichkeit der Weg zu einem Friedensprozess noch weit entfernt erschien. Doch schon damals machten wir auf die Notwendigkeit von Frieden und sozialer Gerechtigkeit aufmerksam und klärten auf, dass die FARC-EP für den Frieden kämpfen und nicht wie in den Medien dargestellt, nur eine Bande von Terroristen seien. In den deutschen Medien, selbst in scheinbar alternativen Zusammenhängen, wurde selten oder manipulativ über Kolumbien und die aufständische Bewegung berichtet. Mit uns, und dass zeigen uns die Kontakte, Informationen und Zuschriften, wurde das Thema wieder präsenter und objektiver in den Vordergrund geholt.
Ja, Kolumbieninfo ist angetreten, ein parteiisches Organ für den politisch-militärischen Kampf der FARC-EP zu sein. In einer Zeit, in der der Medienkrieg zugunsten der neoliberalen Systeme geführt wird und die kapitalistische Propaganda den politischen Status einer mit dem Volk verbundenen aufständischen Bewegung delegitimiert, bleibt uns keine andere Möglichkeit, als Partei zu ergreifen und eine andere Sicht auf bestimmte Dinge darzulegen. Trotzdem haben wir natürlich auch Dinge kritisiert und nur zu gut wissen wir, wie die Bevölkerung in diesem Bürgerkrieg Leid ertragen muss und des Krieges müde ist. Schlussendlich bleibt, dass es mittlerweile viele Medien gibt, die unabhängiger und kritischer über Kolumbien berichten und die wissen, dass die FARC-EP mitnichten nur eine Bande von Drogenterroristen ist. Hier, so denken wir, konnten wir unseren Bildungsauftrag erfüllen und zu einem Bild beitragen, welches die Guerilla im Kontext der Geschichte und der politischen und sozialen Situation sieht.
Dies liegt natürlich nicht nur an uns, sondern auch an den allgemeinen Voraussetzungen, nachdem die Guerilla in Friedensverhandlungen mit der Regierung getreten ist. Ein Ziel unsererseits war es, mit der Guerilla und ihren nahestehenden Organisationen für eine politische Anerkennung zu kämpfen. Seitdem die FARC-EP auf die Liste der terroristischen Organisationen gesetzt wurden, ist die politische Arbeit gerade im internationalen Kontext schwer geworden, Repression, Cyberangriffe, Reisebeschränkungen und Verhaftungen sind keine Seltenheit. In der Öffentlichkeit Partei für die FARC-EP zu ergreifen ist verboten. Doch mittlerweile ist das Klima nicht nur in Kolumbien, sondern auch hier in Europa ein anderes. Zwar ist die Guerilla in der Linken immer noch Vorurteilen ausgesetzt, doch die Diskussionen der letzten Zeit zeigten durchaus eine Akzeptanz und Verständnis für den bewaffneten Kampf und ihre Ziele. Auch in der allgemeinen Öffentlichkeit und in der Mainstreampresse können wir positive Veränderungen feststellen.
Aus unterschiedlichen Gründen hören wir nun auf. Wir werden uns aus der Solidaritätsarbeit jedoch nicht zurückziehen, sondern hoffen, dass die auf linken und alternativen Nachrichtenportalen die kritische Informationspolitik fortgesetzt wird und es weitere Personen oder Gruppen gibt, die sich solidarisch mit dem Kampf der FARC-EP zeigen und dies auf welche Art auch immer in die Öffentlichkeit tragen. Wir haben damals ein zeitlich befristetes Projekt beschlossen und stehen auch dazu. Auch wenn wir gerade von der anderen Seite des Atlantiks zum Weitermachen ermuntert wurden, so gibt es derzeit genug Gründe, den Beschluss auch umzusetzen.
„Die Freundschaft ist das einzige Band zwischen Waffenbrüdern, Aktivisten und Brüdern im Geiste.“ Simón Bolívar
Für eine interkontinentale bolivarische Bewegung!
Für das Neue Kolumbien!
Wir sind FARC-EP!
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Wie weiter in Catatumbo?

Die Dialoge zwischen den Sprechern der Bauern in Catatumbo und der Regierung begannen langsam einzufrieren, bis sie vor einigen Tagen erst einmal auf Eis gelegt wurden, beendet ist der Dialog damit jedoch nicht. Seitens der Bauern werden Klagen laut, dass Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Außerdem verschwinden immer wieder Personen und Protestierende durch Polizei- und Militäraktionen.  
Vor rund 100 Jahren wurde in der Region Catatumbo, dem Siedlungsgebiet der indigenen Gemeinschaft Barí, das schwarze Gold entdeckt. Mit der Entdeckung des schwarzen Goldes dauerte es auch nicht lang, dass die ersten Siedler auftauchten und sich in dem Gebiet an der Grenze von Kolumbien zu Venezuela niederließen. Doch mit der Ausbeutung des Erdöls und anderer natürlicher Ressourcen begann auch die Tragödie der lokal angestammten Gemeinschaften. Einzige Nutznießer des Erdöls wurde die kolumbianische Oligarchie und die transnationalen Konzerne, während die lokale Bevölkerung, im Widerstand dazu stehend, bedroht, vertrieben und vernichtet wurde.
Die Jahre vergingen und nun wiederholt sich die Geschichte, auch in ihren Hauptdarstellern.  Während die Bevölkerung Widerstand und Rebellion gegen ihr Schicksal leistet, setzt der Staat alles daran, um mit Repression und Unterdrückung den Widerstand zu brechen und die Interessen der Wirtschaft durchzusetzen. Zur Seite stehen ihr dabei nicht nur die staatlichen Sicherheitsbehörden, sondern auch die Medien. Mit den Medien werden falsche Bilder transportiert, Unwahrheiten berichtet und der soziale Protest delegitimiert.
Doch nicht nur Erdöl gibt es in Catatumbo. Es werden auch Kohle Coltan und Eisenerze abgebaut sowie weitere wichtige Mineralien wie Platin gefunden. Kein Wunder also, dass die geostrategisch wichtige Region das Interesse der Regierung und der transnationalen Konzerne weckt. Für die Bevölkerung führt das Interesse zu tiefgreifenden Veränderungen und Problemen. Der Fluss Catatumbo ist eine der Hauptzuflüsse für den Maracaibo-See und für das Grundwasser der Region enorm wichtig. Doch mit der Wassernutzung für den Bergbau sinken Jahr für Jahr die Wasserstände und nehmen die Verschmutzungen und Vergiftungen, wie durch Glyphosate, stark zu.
Für die einen gibt es Reichtum, für die anderen Armut und Elend. Während die Regierung und die Konzerne Millionen einnehmen, werden in der Region die Bauern vom ihren Land vertrieben und nicht ein Peso in die soziale Infrastruktur investiert. Schulen werden geschlossen, keine Straßen gebaut, Hospitäler haben keine Ärzte und Medikamente und es wird kein Geld für Bildung und Gesundheit ausgegeben. Dies sind die Auswirkungen eines neoliberalen Modells, schnell und viel Geld auf dem Rücken der Bevölkerung und Armen zu machen. Investiert wird nur in Infrastruktur zur Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, was in den Medien anders verkauft wird, und die Erhöhung der staatlichen Sicherheitskräfte, die nur dem Zweck dienen, die Ausbeutung abzusichern.
Am 28. Mai 1999 begann in einer konzentrierten Aktion von der kolumbianischen Armee, der Polizei, dem Geheimdienst und paramilitärischen Verbänden die Eroberung Catatumbos. Was folgte waren seit dem rund 5000 Tote, 3000 Verschwundene und 20.000 Vertriebene. Mit der logistischen Unterstützung der staatlichen Sicherheitskräfte übernehmen die Paramilitärs die heimliche Macht und Ausplünderung der Region. Mit Blut und Feuer bemächtigten sie sich des Eigentums der Bevölkerung und raubten was sie nur konnten.
Koka ersetzte Mais, Kakao, Bananen, Kaffee, Reis und Bohnen. Die Zahl der in der Viehzucht tätigen Bauern ging schlagartig zurück. Auch Holz verschwand immer mehr aus den Bergen und Tälern. Der funktionstüchtige Staat zog sich vollkommen zurück. Der Protest und Widerstand gegen diese Lebensbedingungen und die Armut wurde mit Terror und Repression beantwortet. Die Antwort des Staates gegen den Protest der Landbevölkerung war immer die gleiche: Keine Schulen, keine Ärzte und kein sozialer Fortschritt, sondern mehr Militärbasen, Polizeistationen und Bomben. Die Drecksarbeit verrichteten die paramilitärischen Einheiten.
Die kolumbianische Regierung zeigt heute, wie gestern, keinen politischen Willen, um die Forderungen der Bevölkerung anzuhören und zu erfüllen. Auch wenn die Gefahr einer weiteren militärischen Zuspitzung droht, so sind die Bauern und die gesamte Bevölkerung nicht bereit, kampflos ihr Leben und das ihrer Region hinzugeben. Wer erinnert sich nicht an den Verlauf der Geschichte und dem Massaker der in der Bananenindustrie arbeitenden Menschen im Jahr 1928, nur um die Interessen der großen Konzerne zu befriedigen?
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Kommuniqué zur Freilassung von Kevin Scott

In einem Kommuniqué des Sekretariats der FARC-EP vom heutigen Tag äußert sich die Guerilla in vier Punkten zur Freilassung des im Juni gefangengenommen US-Bürger und Soldaten Kevin Scott. Die Freilassung ist eine einseitige Entscheidung der FARC, die nur auf humanitäre Erwägungen basiert. Dadurch will man zu einem positiven Klima für den Frieden in Kolumbien beitragen. Bisher seien durch die kolumbianische Regierung keine guten Voraussetzungen für ein Freilassungsverfahren geschaffen worden, so die Guerilla im zweiten Punkt. Im dritten Punkt geht die FARC-EP auf die öffentliche Äußerung der ehemaligen Senatorin Piedad Córdoba ein, die ihren Rückzug an der Beteiligung der humanitären Mission verkündete. Hier ist es notwendig, um eine zuverlässige Alternative zu finden, um diese Angelegenheit lösen zu können. Im letzten Punkt hat sich die FARC-EP entschieden Jesse Jackson als Person zu bevollmächtigen, um die Freilassung zu beschleunigen. Mit ihm steht Carlos Lozano Guillén, Mitglied der Organisation Kolumbianerinnen und Kolumbianer für den Frieden, an der Seite.
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Fußballfans unterstützen landesweiten Streik

Der landesweite Agrar-und Volksstreik in Kolumbien erfährt immer mehr Solidarität auf verschiedenen Ebenen. In den wichtigsten Städten des Landes, solidarisieren und unterstützen zum Beispiel die aktiven Fußballfans in den Fankurven, die barristas, den Streik und mobilisieren nicht nur zu den Demonstrationen, sondern auch mit Gesängen in den Stadien, mit Transparenten und Geldsammlungen unterstützen sie die Protestierenden.
„Barra brava“ ist der Name für die organisierten Fangruppen der Fußballmannschaften in Kolumbien. Die Art der Unterstützung und das Phänomen selbst sind sehr ähnlich zu den europäischen Ultras. Die „barristas“ (aktiven und fanatischen Fußballfans) haben ihren Ursprung in den 50er und 60er Jahren in Argentinien und Uruguay, konnten sich aber erst Ende der 80er Jahre und in den 90er Jahren auf den ganzen lateinamerikanischen Kontinent ausgebreiten.
Häufig gibt es bei den Vereinen nur eine barra brava, die wiederum verschiedene Fangruppen vereint. So gesehen kann die barra brava auch als die organisierte Kurve angesehen werden, in der zwar nur die aktiven Fans die Möglichkeit haben direkt in der Barra zu partizipieren, die Sympathisanten und Fans (Hinchas) in der Kurve aber eine wichtige Rolle spielen. Von daher ist der Standort der meisten Barras auch die Tribüne, wo traditionell die meisten Fans anzutreffen sind.
Häufig ist das soziale Netz innerhalb einer Barra so stark, das eine eigene Infrastruktur mit Arbeitsplätzen, eigenen Treffpunkten und Läden, gegenseitiger Hilfe und Freizeitgestaltung existiert. Einige Barras versuchen sich in ihren Städten oder Stadtteilen sozial zu engagieren. Dies dient sowohl der Rekrutierung neuer Fans, als auch der Öffentlichkeitsarbeit um hierbei im Besonderen das eigene, meist negative Image in der Öffentlichkeit, zu verbessern.
Schon in den Ursprüngen hat der barrismo eine wichtige politische Komponente. Große Gruppen wie Putería Roja (Fans von Independiente Medellín), Guardia Albi Roja (Fans von Santa Fe de Bogotá) oder Revolución Vinotinto (Fans von Deportes Tolima) sind aufgrund ihrer vielen antifaschistischen und sozialen Aktivisten in ihren Reihen politisiert. Viele der barras bravas haben in jedem Fall eine Ablehnung gegen die Polizei und den staatlichen Sicherheitsapparat. Dies kommt besonders in der regelmäßigen Konfrontation mit der Polizei und den Behörden zum Ausdruck. In den Medien haben sie mit einer Kriminalisierung ihrer Mitglieder durch die staatlichen Kräfte zu rechnen.
Fast 20 Jahre nach dem Entstehen der barras bravas bedeuten ihre sozialen Manifestationen und die wachsende Politisierung der Kurven einen weiteren Anstieg des sozialen Protestes in Kolumbien. Aufgrund der Popularität von Fußball in Kolumbien bilden sie einen guten Multiplikator für das Ansehen und Wachsen des sozialen und politischen Widerstandes.
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Besuch von Politikern in Havanna

Eine politische Kommission, bestehend aus Politikern verschiedener Parteien aus dem Kongress, wird am 18. September nach Havanna reisen, um dort Gespräche mit der Friedensdelegation der FARC-EP über den Friedensprozess und die politischen Forderungen zu führen. Dies verkündete Jesús Santrich, Mitglied der Friedensdelegation aus Havanna in Kuba. Bisher wurde der Termin von der Regierung noch nicht bestätigt. Hauptsächlich wird auch über die Kritik der FARC-EP an einem von der Regierung vorgeschlagenen Referendum zur Bestimmung eines Friedensabkommens diskutiert werden. Die Guerilla fordert statt eines Referendums eine verfassungsgebende Versammlung. Anfang des Monats haben die FARC-EP Politiker der Unión Patriótica und der im Kongress vertretenden Parteien für Gespräche in Kuba eingeladen. 

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Die bolivarische Bewegung aufbauen!

Leitartikel zur Geschichte, zur Organisationsstruktur und zum Aufbau der Bolivarischen Bewegung in Kolumbien und weltweit. Mit ihr erfolgen aktuell im Land der politische und soziale Kampf sowie die Vermittlung der revolutionären Sache.
Vorgeschichte
Seit Juli 1964, als die Regierung Kolumbiens unter dem konservativen Präsidenten Guillermo León Valencia und mit Hilfe der USA, die Bauern von Marquetalia angriff, gibt es die Idee einer offenen und breiten politischen Bewegung mit dem Ziel der Einheit aller linken Oppositionellen und um eine Front gegen die traditionellen Parteien zu bilden. Die Ereignisse mit dem Plan LASO (Latin American Security Operation), dem militärischen Vernichten der aufständischen und selbständig agierenden Bauern in einigen Gebieten, brachte zuerst die Gründung von bewaffneten Bauernverbänden und die Verabschiedung eines Agrarprogramms zum Ausdruck. Aber schon damals wurde im siebten Punkt des Agrarprogramms die Realisierung einer Allianz zwischen Bauern und Arbeitern in einer Einheitsfront aller Kolumbianer zum Wechsel der Regierung gefordert und um die alten Strukturen des Großgrundbesitzes zu zerschlagen. In dieser breiten und offenen Front sollten alle demokratischen, progressiven und revolutionären Kräfte vereinigt werden, um das Land zu befreien.
Später, in der siebten Konferenz der FARC-EP im Jahr 1982, redete Jacobo Arenas, Politstratege der Guerilla, von der Bolivarischen Einheit der Kolumbianer als eine Form der politischen Organisation. Seinen Vorstellungen zugrunde sollte diese Organisation die Ideologie von Simón Bolívar und die fundamentalen Aspekte des Antiimperialismus, der staatlichen Souveränität, der sozialen Gerechtigkeit und der lateinamerikanischen Einheit verinnerlichen. 1987 wurde mit der Guerillakoordination „Simón Bolívar“ ein Instrument geschaffen, in der fast alle politisch-militärischen Organisationen unter der bolivarischen Idee vereint gegen das kolumbianische Regime auftraten. Zuvor gab es bereits andere Versuche zur Vereinheitlichung demokratischer und revolutionärer Kräfte. Erinnert sei hier vor allem an die Linkspartei „Unión Patriótica“, die auf politischer Ebene und bei Wahlen große Erfolge erzielen konnte, aber faktisch mit ihrer Gründung durch den Staat und paramilitärische Gruppen bekämpft wurde.
Das Projekt einer legalen politischen Partei als Alternative zum bestehenden politischen System war damit gescheitert. Während sich die FARC-EP zunächst wieder aufgrund des staatlichen Terrors aus dem politischem Leben zurückziehen musste, versuchten sozialdemokratische Initiativen wie die von Luis Carlos Galán (Neuer Liberalismus) oder Carlos Pizarro (ehemalige Guerilla M-19), eine politische Alternative im Land darzustellen. Doch die politischen und sozialen Bedingungen waren noch nicht reif für Veränderungen. Entweder charismatische Führungspersonen wurden ermordet oder die Bedingungen von Seiten des Staates wurden so reglementiert, dass keine ordentliche politische Arbeit möglich war. Zudem waren diese Initiativen nicht breit genug gefächert, um für die Massen zu sprechen, die sich in jenen Zeiten radikal gegen die Anfänge des Neoliberalismus stellten.
Im Plenum des Zentralen Generalstabs der FARC-EP im November 1997 beschloss man die Gründung einer breiten politischen Organisation, mit der Perspektive, in Opposition zu den klassischen, korrupten und verbrauchten politischen Parteien treten zu können. Aber es wurde außerdem beschlossen, dass diese Bewegung vorerst klandestin organisiert werden sollte, um nicht ein Angriffsziel für den Staatsterrorismus und die paramilitärischen Handlanger zu sein. Die Erfahrungen mit der Unión Patriótica sollten nicht noch einmal wiederholt werden und noch war das Klima für eine offen agierende politische und revolutionäre Bewegung nicht reif genug. So wurde am 29. April 2000 in San Vicente del Caguán die „Bolivarische Bewegung für ein Neues Kolumbien – Movimiento Bolivariano por la Nueva Colombia“, kurz MB, gegründet. Ideologisch war die MB, wie der Name schon verriet, den Idealen Simón Bolívars angelehnt und solidarisierte sich mit dem revolutionären Kampf der Guerilla.
Politische Taktik
In Kolumbien gibt es zahlreiche Organisationen, die sich mit politischen und sozialen Themen beschäftigen. Sie befassen sich mit den alltäglichen Problemen der Menschen und sie arbeiten Tag für Tag für soziale Gerechtigkeit und die Verbesserung der Lebenssituation der Menschen. Aber diese Organisationen kennen auch den Schmerz ihrer Arbeit, wenn sie von ihren Feinden bedroht, eingeschüchtert, gefoltert oder ermordet werden. Kolumbien gehört zu jenen Ländern, in denen eine kritische und oppositionelle Arbeit gefährlich und eine politische Betätigung lebensbedrohend ist. Immer wieder werden politische und soziale Organisationen in ihrer Arbeit gehindert, sowie ihre Mitglieder und Sympathisanten ermordet.
Deshalb ist die Idee der Schaffung einer Organisation wie der MB den aktuellen Bedingungen angepasst. Auf der einen Seite soll die Organisation eine breite Masse ansprechen und sie für den sozialen und politischen Kampf aufmuntern, auf der anderen Seite sind die Bedrohungen durch den Staat und paramilitärische Kräfte so groß, dass die Sicherheit der Aktivisten gefährdet ist. Unter dem Deckmantel der Verteidigung der Interessen der transnationalen Konzerne und des Antiterrorismus werden sie sozialen Kämpfe gegen das neoliberale Wirtschaftsmodell kriminalisiert und verfolgt. Der Kampf für eine gerechte Gesellschaft und für ein neues Kolumbien kann also nur auf breiter Basis geführt werden, in der Einheit der Menschen, in einer modifizierten und geheimen Organisation, aber zugleich in einer Bewegung, die es schafft die Massen zu mobilisieren.
Es ist wichtig, eine Organisation zu schaffen, die alle ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Belange vertritt. Die MB soll die Gesellschaft transformieren und eine neue politische Macht im Land darstellen. Dafür ist es notwendig, dass die MB als breit aufgestellte Organisation in den verschiedenen Gruppen und Sektoren des Landes vertreten ist, um die oben dargestellten Belange vertreten und beeinflussen zu können. Die Mitglieder der MB erachten die Bildung und Schulung für den politischen und sozialen Kampf als eine wichtige Aufgabe an. Auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sollen die Interessen und Ziele mittels Bildung und Propaganda bekannt gemacht und damit neue Personen für den bolivarischen Kampf gewonnen werden.
Obwohl die MB kein Statut besitzt und die Bolivarischen Zellen der MB diverse Formen haben können (klandestin, friedlich, radikal), so sind das Ziel die Einheit der Massen und die politische Arbeit. Die praktische Arbeit (Propaganda, Aktionen) in Verbindung mit der Theorie (Bildung, Schulung)sorgt für die Politisierung der Menschen und soll die Gesellschaft transformieren. Zudem soll die Solidarität von Menschen aus anderen Gruppen und Sektoren, sowie generell aller Menschen erzeugt werden. Damit einhergehend wird die Organisation gestärkt und unter den Aspekten von Einheit, Organisierung und Mobilisierung der politische und soziale Kampf gefördert, bis ein politischer und sozialer Wechsel stattfindet.
Der Bolivarismus
Der Bolivarismus ist eine theoretische Strömung im aktuellen politischen Denken,  die auf das Leben und das Werk von Simón Bolívar beruht. Der Bolivarismus wurde im Laufe der Jahre zu einer politischen Denkweise in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern. Die bolivarische Ideologie beruft sich auch auf die Revolutionäre Jean-Jacques Rousseau, Karl Marx oder Lenin. Zu den wichtigsten Dokumenten und Quellen Bolívars gehören das Dokument „Carta der Jamaica“ (Brief von Jamaika), „Discurso de Angostura“ (Überlegungen von Angostura) und das „Manifiesto de Cartagena“ (Manifest von Cartagena). Besonders „das Recht auf freie, obligatorische und öffentliche Bildung“ und die Vermeidung der Einmischung „fremder Länder in den bolivarischen Idealismus“ in den bolivarischen und allen anderen amerikanischen Ländern sowie „die wirtschaftliche Dominanz der europäischen Mächte oder eines jeden anderen Landes“ sind wichtige Punkte. Außerdem soll die Integration und Zusammenarbeit der lateinamerikanischen Länder in den Bereichen Energie, Wirtschaft und Politik bis zu einer bolivarischen Einheit gefördert werden.
In Kolumbien sind die Ideen des Bolivarismus nicht nur Hauptbestandteil der politischen Theorie der Guerilla und der Massenorganisation MB. Doch die FARC-EP und die MB haben in Bezug auf die Interpretationen der Schriften von Simón Bolívar im Laufe der Zeit die bewährten politischen bolivarischen Ideale mit ihren eigenen politischen Betrachtungsweisen weiter entwickelt. Wichtige Punkte in der Programmatik sind unter anderem die politische und wirtschaftliche Souveränität Kolumbiens, die politische Teilhabe der einfachen Bevölkerung an politischen Prozessen (zum Beispiel im Hinblick auf Volksabstimmungen), eine gerechte Verteilung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die Bekämpfung der Korruption und die Vermittlung eines humanistischen und bolivarischen Patriotismus unter dem Mantel von sozialer Gerechtigkeit.
Die Klandestinität
Die Klandestinität und die Arbeit aus dem Untergrund spielt eine wichtige Rolle in der Konzeption von politischen und sozialen Kämpfen in Kolumbien, so auch in der MB. Der Schutz der Mitglieder und Sympathisanten gilt als enorm wichtig und so lange die Konditionen in Kolumbien nicht für legale und oppositionelle politische Arbeit gegeben sind, so lange wird die MB die Funktion einer klandestinen und geheimen Organisation bilden, die den politischen und sozialen Aufstand auf verschiedenen Wegen propagiert. Ohne die Klandestinität würden politische Anführer, Mitglieder und Sympathisanten, sowie die organische Struktur der gesamten Organisation sofort durch den Staat und deren paramilitärischer Helfer zerstört werden. Die Klandestinität ist kein Zeichen von Schwäche, sondern mit ihr kann der Staat seine reale Gefahr weniger gut einschätzen.
Die Vorteile der Klandestinität sind nicht nur der Schutz, sondern mit der Bildung von verschiedenen Gruppen und Zellen auf breiter Ebene wird auch die Kommunikation in den Zeiten der Überwachung auf ein Nötiges reduziert. Die Kommunikation in der MB erfolgt von oben nach unten oder im Bedarf von unten nach oben. Nie darf die Kommunikation auf horizontaler Ebene erfolgen, also zwischen den verschiedenen Gruppen und Zellen. So wird die organische Struktur der Organisation weniger gefährdet. Logischerweise wissen die Mitglieder einzelner Zellen auch nicht über die Mitglieder anderer Zellen Bescheid. Das Risiko einer Zerschlagung von vielen Zellen oder der gesamten Organisation wird dadurch minimiert. Jedes Mitglied darf nur das Nötigste über die Arbeit seiner Zelle wissen, die goldene Regel ist die klandestine Arbeit. Die Koordination und Einheit der Arbeit übernehmen die höheren Instanzen auf regionaler und nationaler Ebene.
Die Bolivarische Bewegung aufbauen
Die Movimiento Bolivariano (Bolivarische Bewegung) wird in den Regionen des Landes unter der jeweiligen Orientierung und Initiative der Kampffronten der FARC-EP erschaffen. Bedarf, Unterstützungsmöglichkeiten, Rekrutierung, Kommunikation, Schutz und Logistik werden erkannt und fließen in die Schaffung mit ein. Die Bolivarische Bewegung kann unter verschiedenen Aspekten geschaffen werden. Grundlegendes Mittel sind die Schaffung von Zellen, die kleinste Einheit in der Bolivarischen Bewegung. Die Organisation richtet sich an Anhänger aller linken Gruppen mit Sympathie für den bewaffneten Kampf, eine Mitgliedschaft in der FARC-EP ist nicht notwendig. Hierfür gibt es von Führungspersonen Gespräche mit potentiellen Mitgliedern. Diese müssen als zuverlässig gelten und von mindestens einer Person bekannt sein. Mit der MJB (Movimiento Juvenil Bolivariano), der Jugendorganisation, gibt es eine Alternative für junge Menschen. Das Mindestalter sind 15 Jahre.
Weiterhin gibt es Möglichkeiten der Schaffung von Zellen und Arbeitsgruppen im Umfeld von politischen Führungspersonen innerhalb der kolumbianischen Linken, außerdem in bereits bestehenden politischen und sozialen Organisationen, sowie in lokalen Initiativen, Gewerkschaften, Komitees, Kooperativen. In ihnen kann die politische Arbeit offener erfolgen und ein Klima für die Guerilla und den politischen Umschwung geschaffen werden. Geheimer indes muss die Arbeit im Umfeld von politischen Parteien und Politikern und bei Personen sein, die in administrativen und verwaltungstechnischen Ämtern ihre Profession haben. Hier ist eine schleichende Unterwanderung und politische Indoktrinierung möglich, um bolivarische Ideen zu verbreitern. Letzte Möglichkeit sind die Schaffung von Zellen und Gruppen innerhalb von Familien oder anderen sozialen Zusammenhängen.
Die Propagandaarbeit
Wichtiger Bestandteil in der politischen Arbeit ist die Propagandaarbeit. Hierfür sind die Herausgabe und Verbreitung von Zeitschriften und Aufrufen, das Erstellen von Wandbildern und Schriftzügen und das Produzieren von Videos und Musik vorgesehen. Materialien, Aufrufe oder Zeitschriften, wie „Dignidad“ oder „Identidad“entstehen vorzugsweise in den Direktiven der MB und werden an die Zellen und Mitglieder verteilt. Diese nutzen die Materialen zur eigenen Schulung und zur Propagandaarbeit unter der Bevölkerung. Jede Zelle soll in ihrem Umfeld oder Viertel aktiv werden. Die Arbeit erfolgt je nach Situation mit Gewerkschaften, Universitäten, Schulen, in den Dörfern, Stadtvierteln, Firmen, Fabriken, landwirtschaftlichen Betrieben, usw. Wie oben beschrieben erfolgt die Arbeit auf klandestine Art und Weise.
Propagandaarbeit kann auch durch Verteilen und Verkleben von Flugblättern auf öffentlichen Toiletten und öffentlichen Gebäuden, das Werfen von Propagandaarbeit von Dächern hoher Gebäude, dem Untermischen und Einwerfen von Aufrufen und Erklärungen in Zeitungsläden oder Briefkästen geschehen. Materialen können an politische und soziale Organisationen versendet werden. Wandbilder und politische Schriftzüge werden vorzugsweise an den Einfahrten zu Städten und Dörfern, an vielbefahrenen Straßen, in der Nähe von Schulen und Universitäten und an allen Orten, wo viel Menschen den Ort passieren. Musik und Videos werden im Internet oder mittels enger Freundschaften an viele weitere Personen transportiert. Bei öffentlichen Veranstaltungen und Kundgebungen sollen, je nach Sicherheitslage, Grußbotschaften und Erklärungen kommuniziert oder verteilt werden. Immer soll der öffentliche Raum versucht werden politisch zu beeinflussen.
Kurzdefinition
Mit der Gründung der „Partido Comunista Clandestino de Colombia“ (kurz: PCCC oder PC3) wurde im Jahr 2000 eine klandestine Partei gegründet, die sich vorrangig aus AnhängerInnen der FARC-EP rekrutiert. Wichtigster Bestandteil der PCCC ist die politische Zelle, die sich aus 3-5 und in ländlichen Regionen aus bis zu 7 Personen zusammensetzt. Die PC3 gilt als reine Kaderpartei klassischen Typs, die Ziele sind die politische Rekrutierung und die heimliche Besetzung von hohen Positionen. Politisch ist diese Partei allerdings nur im Untergrund tätig, eine Massenbasis ist aufgrund des Anspruchs zur Herausbildung von politischen Kadern eher nicht gewollt. Weil der FARC-EP bis dato also immer noch eine politische Struktur nach außen fehlte, wurde die „Movimiento Bolivariano por la Nueva Colombia“ gegründet. Die MB ist keine Partei, sondern soll den bewaffneten Kampf über eine breite Basis stärken, so gesehen gilt diese Bewegung eher als eine Plattform. Die Klandestinität soll die Sicherheit die Mitglieder schützen. Zudem wird die Guerilla von Kolumbien, den USA und den europäischen Ländern als terroristische Organisation eingestuft, weshalb ihre nahestehenden Organisationen verboten sind. Vereinstypische Merkmale wie Mitgliederzahlen, Statuten oder Vereinsstrukturen sucht man deshalb vergeblich. Aktueller Vorsitzender der Movimiento Bolivariano ist Pablo Catatumbo. Die Mitglieder der MB machen Propagandaaktionen, unter anderem bei Demonstrationen, in den Vierteln, in den Schulen und in den Universitäten. Weitere Ziele sind Veranstaltungen, politische Schulung, Rekrutierung und die gesellschaftliche Einflussnahme zugunsten der Guerilla, besonders in den urbanen Zentren, denn die FARC-EP sehen sich historisch eher auf dem Land verortet.
„Alle sind eingeladen das neue Werkzeug im Kampf zu organisieren, welches wir „Movimiento Bolivariano por la Nueva Colombia“ nennen werden und mit dem wir die neue Zukunft auf unsere historischen Werte des Landes begründen werden. Um die Kräfte und Hoffnungen zu bündeln und das zu vollenden, was Simón Bolívar einst begann und zu Ende gebracht gehört: Die lateinamerikanische Integration, die nationale Unabhängigkeit und die soziale Gerechtigkeit.“
Aus: Manifiesto Bolivariano por la Nueva Colombia, 25. März 2000
Für den Aufbau der Bolivarischen Bewegung in Kolumbien und weltweit!
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Musik von Lucas Iguarán

Lucas Iguarán stammt aus Villanueva, einer Gemeinde im Bundesstaat La Guajira, dem nördlichsten Teil der karibischen Region Kolumbiens. Seit 1987 ist er mit der aufständischen Bewegung der FARC-EP verbunden, um für Frieden und soziale Gerechtigkeit zu kämpfen. Im revolutionären Kampf helfen die Lieder, sie zeigen uns den Weg auf und sie unterstützen uns in guten und schlechten Tagen.
In chronologischer Reihenfolge wird im folgenden Link die musikalische Arbeit von Lucas Iguarán präsentiert, die in der FARC-EP aufgenommen wurden.
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Friedensgespräche und Proteste gehen weiter

Die FARC-EP kehren an den Verhandlungstisch, sagten am Montag aber, dass sie den einseitigen Vorschlag eines Referendums von Präsident Juan Manuel Santos nicht akzeptieren werden. Nun wollen sie im Sinne des kolumbianischen Volkes und des Friedens aber in Havanna weiter verhandeln. Währenddessen will die Regierung auch mit den Bauern einiger Regionen sprechen, die seit einer Woche im ganzen Land streiken und protestieren.
Die Delegierten der FARC-EP und der Regierung haben am Montag wieder die Gespräche nach einer kurzen Pause aufgenommen, die die aufständische Bewegung am vergangenen Freitag beschlossen hatten, um den Vorschlag zur Durchführung eines Referendum seitens der Regierung Santos zu diskutieren. Der Chef der Friedensdelegation der FARC-EP Iván Márquez verlas in Havanna eine Erklärung an die Medien, um zu bestätigen, dass sie „dem Verhandlungstisch getreu der Verpflichtung, den Frieden zu suchen“  erhalten bleiben. Dabei kritisierte er den einseitigen Vorschlag der Regierung.
Santos teilte am Donnerstag mit, dass seine Regierung dem Kongress einen Gesetzentwurf über ein  Referendum vorschlagen würde, um über ein mögliches Friedensabkommen abstimmen zu können. Das Referendum hätte demnach zusammen mit den Parlamentswahlen am 9. März oder mit der Präsidentschaftswahl am 25. Mai des kommenden Jahres durchgeführt werden können. Die FARC-EP sind jedoch der Auffassung, dass ein Referendum nicht politisch und technisch nicht ausreichend wäre. Ein Referendum bzw. Volksentscheid dient nur zur Gegenzeichnung eines bestimmten Themas bzw. einer bestimmten Frage, doch die Agenda der Friedensgespräche ist weitaus komplexer.
Die umfangreiche Agenda kann nicht auf einzelne Aussage oder Fragestellung reduziert werden. Und würde man die Aussage bzw. Fragestellung zu weit ausdehnen, dann würde sie eventuell nicht gelesen oder verstanden werden. Für die Veränderung einer Gesellschaft und zur Umsetzung eines dauerhaften Friedens sind weitreichende Transformationen notwendig. So bekräftigte die aufständische Bewegung ihren Vorschlag, dass eine verfassunggebende Nationalversammlung die am besten geeignete Möglichkeit wäre, um ein eventuelles Friedensabkommen und die sechs Punkte der umfassenden Agenda zu billigen und zu ratifizieren.
Währenddessen verkündete die Regierung Gesprächsbereitschaft bezüglich der Agrarproteste, die fast das ganze Land erfasst haben. Mit der Landbevölkerung solidarisieren Gewerkschaften, Studierende und Berufsbereiche, die nicht unmittelbar mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Landbevölkerung zu tun haben. Es geht hier vielmehr um Protest gegen eine verstaubte Politik der Regierung, die die Interessen der großen Konzerne vertritt, aber ein Großteil der Bevölkerung vernachlässigt. Gegen das neoliberale Politik- und Wirtschaftssystem gibt es derzeit die größten Massenmobilisierungen seit Jahren.
Besonders aus den Provinzen Boyacá und Cundinamarca, den Regionen nahe der Hauptstadt Bogotá, werden zum Teil schwere Zusammenstöße und Menschenrechtsverletzungen von staatlichen Sicherheitskräften an Protestierenden gemeldet. Einhergehend mit den Massenprotesten findet eine Kriminalisierung der Proteste und Repression gegen die protestierende Bevölkerung statt. Neben Toten und Verletzen werden immer wieder Streikführer und Personen aus den politischen und sozialen Bewegungen verhaftet. Doch die Einschüchterung bleibt ohne Erfolg. Selbst die Medien widmen sich mittlerweile den Ursachen des Aufstandes der Bevölkerung.
In allen großen Städten des Landes kam es am Sonntag zu Solidaritätsdemonstrationen mit den Protestierenden. Ging man zuerst davon aus, dass die Proteste nach geraumer Zeit im Sande verlaufen würden, so zeigt sich nun, dass mehr als gedacht das neoliberale kapitalistische Modell der letzten Regierungen in Frage stellen. Mit der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens wird sich die Situation nicht zum Positiven verändern. Während wenige Viehzüchter und internationale Großkonzerne riesige Flächen an Land besitzen, fehlt vielen Bauern das nötige Land, um sich und ihren Familien die Existenz zu sichern. Hinzu kommen die immer schlechter gewordenen Arbeits- und Lebensbedingungen im Agrarsektor.
In und um Tunja, der Provinzhauptstadt von Boyacá, halten die Straßenblockaden und Proteste weiter an. Mehr als 200.000 gingen am Sonntag, davon viele mit lautstarken Utensilien wie Kochtöpfen und Kochlöffeln, auf die Straße. Boyacá gilt als die wichtigste Agrarregion zur Versorgung der Hauptstadt Bogotá. Doch auch in den abgelegenen Provinzen wie unter anderem in Caquetá demonstrierten Zehntausende, so zum Beispiel allein rund 12.000 in der Provinzhauptstadt Florencia. Die Antwort der Regierung war jedes Mal gleich: Polizeiknüppel und Tränengas. Vor den Vereinten Nationen wurden die kolumbianische Regierung und die Sicherheitskräfte aufgefordert, die Rechtsstaatlichkeit einzuhalten.
Auch das in den scheinbar konservativen Regionen wie in der Kaffeezone, Nariño oder Boyacá die Proteste einen bisher nicht bekannten Grad erreicht haben, zeigt, wie groß der Unmut gegenüber der Regierung ist und wie unzufrieden die Bevölkerung mit der Privatisierung der Wirtschaft und den fehlenden Investitionen in öffentliche Dienstleitungen wie Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und Wohnungswesen ist. Hierzu fallen die Friedensgespräche der Regierung mit der FARC-EP in eine Zeit, in der die Regierung die Mobilisierungsfähigkeit und Akzeptanz der Guerilla in Teilen der Bevölkerung erkannt hat. Auch wenn die Regierung dies öffentlich immer wieder negiert, der Einfluss und die Sympathien der Bevölkerung mit der aufständischen Bewegung scheinen in den letzten Jahren rapide zuzunehmen.
So sind die FARC-EP in bestimmten Regionen ein wesentlicher Teil der Proteste, auch wenn jede Person nach Außen als Individuum auftritt. Aber aus den politischen und sozialen Bewegungen ist die Auseinandersetzung mit dem politischen Programm und Forderungen der Guerilla nicht mehr wegzudenken. Und was für die Medien und die Regierung Terroristen oder Milizionäre sind, sind einfache Bauern, Arbeiter oder Studenten, die für ein neues und gerechtes Kolumbien kämpfen und die Notwendigkeit erkannt haben, ihr Land zu verändern. Und so lange politische Teilhabe nicht garantiert wird und Andersdenkende verfolgt und ermordet werden, so lange wird für jene Bauern, Arbeiter und Studenten die Waffe ein Stück Sicherheit für ihre Forderungen sein.

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Pause, kein Abbruch

Nach der Mitteilung der Regierung, ein Referendum und keine verfassungsgebende Nationalversammlung zur Abstimmung über den Friedensvertrag durchführen zu wollen, haben die FARC-EP den Verhandlungstisch verlassen, um den neuerlichen Vorschlag der Regierung zu prüfen. Anbei das Kommuniqué der Friedensdelegation der FARC-EP.
Havanna, Kuba, Sitz der Friedensgespräche, 23. August 2013
Seit dem Beginn des Prozesses der Gespräche mit der kolumbianischen Regierung in Havanna war es unser primäres Anliegen, den Menschen die Beteiligung am Aufbau einer demokratischen Friedensregelung und der sozialen Gerechtigkeit die Türen zu öffnen.
Ausgehend davon und wegen der Bedeutung für das ganze Land sowie für die Zukunft unseres Landes ist die Frage der Beendigung des sozialen und bewaffneten Konfliktes mit der Herstellung von sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Souveränität, schlugen die FARC-EP verantwortungsvoll und nach reiflicher Überlegung die Einberufung einer verfassunggebenden Nationalversammlung vor, die souverän die entscheidenden Fragen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung aller Kolumbianer beschließt.
Wir haben auch gesagt, dass die konstituierende Versammlung, einzuberufen im Rahmen einer großen nationalen politischen Einigung, der Weg zu einem echten Friedensvertrag wäre, um gerecht und verbindlich die Besiegelung unserer Versöhnung zu erreichen, die das Schicksal der Nation regelt und in Richtung bis zu einer echten Demokratie lenkt.
Im Gegensatz dazu hat die Regierung gestern dem Land seine Entscheidung mitgeteilt, sich auf ein Referendum als Mechanismus zur Gegenzeichnung zu berufen, ohne vergeblich die demokratische Vorgehensweise zu erwähnen, die unterstützt werden solle.
Unter diesen neuen Umständen, zu einem Zeitpunkt, wo man aus allen Ecken Kolumbiens die Schreie des nicht mehr hinnehmbaren Volkes hört, diejenigen die protestieren gegen die Folgen einer katastrophalen Wirtschaftspolitik auf dem Rücken der Interessen der großen Mehrheit des Volkes und die die Teilhabe an großen nationalen Entscheidungenfindungen fordert,  hat sich die Friedensdelegation der FARC-EP entschlossen, eine Pause vom Verhandlungstisch einzulegen, um sich voll und ganz auf die Analyse der Tragweite des Vorschlags der Regierung zu konzentrieren, ohne den Blick auf die interne Befragung zu verlieren, die wir als Organisation machen müssen.
Wir werden diese Zeit auch nutzen, um die Meinungen zu hören, die sich mit Sicherheit aus dem Volk erheben inmitten der Glut des politischen und sozialen Kampf, den heute Kolumbien erschüttert.
Der Frieden Kolumbiens geht uns alle an.
Friedensdelegation der FARC-EP
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Agrarproteste in Kolumbien

Vor wenigen Tagen begannen in Kolumbien Massenproteste der Bevölkerung auf dem Land. Es sind die Proteste der Landbevölkerung, die in Vergessenheit geraten sind, keine Rechte haben und in der Misere leben müssen, während Kolumbien ein reiches Land ist mit Naturschätzen und natürlichen Ressourcen.
In 30 kolumbianischen Provinzen begannen am 19. August Streiks, Blockaden und Proteste der Landbevölkerung gegen ihre Arbeits- und Lebensbedingungen und der Kampf für mehr Gerechtigkeit. Verschiedene soziale und politische Organisationen des Landes, darunter auch die aufständische Bewegung FARC-EP, riefen zu den Protesten auf, an denen sich ein Großteil der Bauern und Landbevölkerung beteiligt. Mit den Protesten soll auch der Druck auf die Regierung verstärkt werden, den Krieg zu beenden und die Möglichkeit eines Friedens zu erhöhen.
Wie üblich in Kolumbien haben die Massenmedien die Proteste am Anfang verschwiegen oder stellen sie in ein kriminelles Licht. Kein Wunder, stehen die Massenmedien im Dienst der Regierung und Großgrundbesitzer. Die Medien riefen dazu auf, sich nicht an den Protesten zu beteiligen und versuchten die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Proteste eine Teilschuld an der Misere in der Landwirtschaft haben. Schon im Vorfeld wurden die Protestierenden nicht als die Vertretung der  Landbevölkerung, sondern sind nur als Teil einer Minderheit angesehen. Doch damit gelang es ihnen nicht den Streik zu brechen.
In vielen Kleinstädten und Ortschaften gab es schon Wochen zuvor Versammlungen und Komitees, um sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen der Landbevölkerung auseinanderzusetzen. Schon hier war absehbar, dass ein Großteil der Bevölkerung auf dem Land sich mit den Protesten zumindest solidarisch zeigen würde. Angefangen vom Transportwesen, bis hin zu den Erzeugern und Bauern von Milch, Kartoffeln, Reis, Zuckerrohr,  Zwiebeln, Baumwolle, Kaffee, Kakao, aber auch Berufe im Kontext des Bergbaus sind in den Protesten eingebunden.
Die Liste, die der kolumbianischen Regierung vorgelegt wurde, spiegelt die Wünsche und Bedürfnisse der Landbevölkerung und Bauern wieder:
  • 1. Die Umsetzung von Maßnahmen und Aktionen bezüglich der Krise der landwirtschaftlichen Produktion.
  • 2. Der Zugang zu Landbesitz.
  • 3. Anerkennung der ländlichen und bäuerlichen Territorien (ZRC – Agrarschutzgebiete, sowie die Erweiterung der indigenen und afroamerikanischen Gemeinderäte).
  • 4. Wirksame Beteiligung der Gemeinden und traditionellen kleinen Bergarbeiter an der Ausarbeitung und Entwicklung der Bergbaupolitik.
  • 5. Ergreifen von Maßnahmen und Sicherheiten bei der Ausübung der politischen Rechte der ländlichen Bevölkerung.
  • 6. Soziale Investitionen bei der ländlichen und städtischen Bevölkerung wie Bildung, Gesundheit, Wohnen, öffentliche Dienstleistungen und Verkehr.
Besonders Punkt 3 der Liste wird öffentlich diskutiert. Die „Zona de Reserva Campesina (ZRC)” ist eine bäuerliche Agrarschutzzone die versucht, eine Region der lokalen Entwicklung nach den Bedürfnissen der Landbevölkerung und Bauern zu konstruieren. Innerhalb des kolumbianischen Gesetzes ist es eines der wichtigsten Instrumente, um den Zugang zu Land für die Bauern zu garantieren sowie die Produktionsformen und Landwirtschaft der Bauern zu schützen. Mit diesen Schutzzonen soll eine Selbstbestimmung der Gemeinschaft und der bäuerlichen Wirtschaft erreicht werden und sie gewissermaßen als eine Form einer Agrarreform dienen. Sie ist Gegenstand und Forderung der FARC-EP bei den Friedensverhandlungen mit der Regierung.
Die Vorschläge der FARC-EP rühren aus der traditionellen Verbundenheit mit der Landbevölkerung, den historischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte und sind in Zusammenarbeit mit bäuerlichen Organisationen und den Interessensvertretungen der Indígenas und Afroamerikaner entstanden. Sie beinhalten unter anderem die Dezentralisierung der nationalen Landwirtschaftspolitik, den Zugang zu Land, Autonomie, verschiedene Punkte zur Landnutzung, Umweltschutz, die Produktion von einheimischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie die politische Teilhabe der Menschen auf dem Land.
 
Es gab ein allgemeiner Aufruf der politischen und sozialen Bewegungen an die Regierung, die Proteste nicht zu kriminalisieren und auch die Friedensdelegation der FARC-EP in Havanna ermahnte die Regierung die Proteste nicht allein als ein Schreckgespenst der FARC-EP zu stigmatisieren. Trotzdem gab es bereits in den ersten Stunden der landesweiten Proteste zahlreiche Verhaftungen, und Versuche, die Proteste zu unterdrücken. In vielen Gebieten kam es zu einer weiteren Militarisierung und Repressionen gegen die Bevölkerung.
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