Wie steht es derzeit um die Friedensverhandlungen mit den unterschiedlichen Fraktionen der FARC-EP? Dies ist ein Thema, welches sich die Stiftung Frieden und Versöhnung auf die Fahnen geschrieben hat und wir ebenso. In den letzten Monaten haben zwei Ereignisse die beiden Verhandlungstische der Abspaltungen der FARC-EP ins Wanken gebracht. Zum einen die Festnahme von alias Araña, einem Verhandler der Nationalen Koordination Bolivarische Armee, einer Gruppe, die nach der Fragmentierung der Zweiten Marquetalia entstanden ist. Dies warf ernsthafte Zweifel an den Garantien für die Verhandlungsprozesse auf. Zum anderen der Angriff der ELN in der Region Catatumbo auf die 33. Front der FARC-EP des Zentralstabs der Blöcke und Fronten (EMBF). Die 33. Front wurde stark geschwächt und die staatlichen Sicherheitsorgane reagierten nur zögerlich auf das Ereignis, obwohl sich die FARC-EP bereit erklärte, nicht offensiv zu reagieren.
Am 14. und 15. März 2025 trafen sich erneut die Delegationen der Nationalregierung und der Nationalen Koordination Bolivarische Armee, um den Verhandlungstisch zwischen den Parteien wiederzubeleben. In den Vereinbarungen wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, die am 12. Februar 2025 unterzeichneten Verpflichtungen wieder aufzunehmen. Zu diesen Verpflichtungen gehört die Einrichtung von drei Schlüsselunterkommissionen: die Unterkommission des Abkommens über territoriale Transformationen, vor allem den Ersatz von illegalen Pflanzungen in den Provinzen Putumayo und Nariño, die Unterkommission des Abkommens über Sicherheitsgarantien für die Friedensgespräche, also Planung und Umsetzung eines bilateralen, temporären und lokalen Waffenstillstandes sowie die Unterkommission über den rechtlichen Rahmen des totalen Friedens, wo es um die rechtliche Situation der Kämpfer geht.
Im April sollen zu den verschiedenen Themen Workshops umgesetzt werden, teilweise geleitet von der Schweizer Botschaft und den Vereinten Nationen. Es soll unter anderem um den Waffenstillstand gehen. Eine weitere Sitzung des Verhandlungstisches soll dann zwischen dem 7. und 9. April mit der Teilnahme der Garantiestaaten, begleitenden Institutionen und militärischen Beobachtern stattfinden. Schließlich wird am 10. April die offizielle Wiederbelebung des Friedensdialogtisches stattfinden, um die Fortschritte zu bewerten und die erreichten Verpflichtungen zu präsentieren, wobei die Unterstützung der Gemeinschaften als ein Schlüsselfaktor für die Nachhaltigkeit des Friedensprozesses angesehen wird. Die Gemeinschaften, also die Bevölkerung mit ihren vertretenden Organisationen, waren bisher immer in Friedensprozessen der FARC-EP einbezogen. Ein Schwerpunkt wird sicher zudem die rechtliche Komponente sein, also die Sondergerichtsbarkeit der Kämpfer.
Die Verhandlungsdelegationen des Zentralstabs der Blöcke und Fronten unter dem Oberkommando von alias Calarcá (EMBF) und der nationalen Regierung trafen sich am vergangenen Wochenende in La Macarena, Meta. Zusammen mit staatlichen, regierungsnahen und bäuerlichen Organisationen aus verschiedenen Teilen der Amazonasregion nahmen sie an der Entwicklung gemeinsamer territorialer Vorschläge teil. In dem dreitägigen Treffen wurden wesentliche Verpflichtungen zur Verteidigung der Menschenrechte und zur Garantie der Rechte der Bauern im Einklang mit dem Schutz der Natur gefestigt. Auch hier ging es um Nachhaltigkeit, das Wohl der Bevölkerung und eine territoriale Transformation. Zu den zentralen Themen der Diskussion gehörte die Schaffung von bäuerlichen Schutzgebieten und der Ausbau des bilateralen Waffenstillstandsabkommens, da dieses am 15. April ausläuft.
In den kommenden Wochen wird der siebte Verhandlungszyklus zwischen der Regierung und dem EMBF erwartet, in dem die Möglichkeit einer Verlängerung des Waffenstillstands sowie andere wichtige Themen zur Konsolidierung von Vereinbarungen behandelt werden sollen. Dieser neue Zyklus stellt eine Gelegenheit dar, die in La Macarena übernommenen Verpflichtungen zu vertiefen und einen Rahmen von Garantien zu entwickeln, der einen stabileren und dauerhafteren Frieden in den Gebieten ermöglicht. Die Erwartung der an der Veranstaltung beteiligten Gemeinschaften und Organisationen ist, dass diese Verhandlungen zu konkreten Ergebnissen im Bereich des Territorialschutzes, der Bauernrechte und der Reduzierung des bewaffneten Konflikts führen. Erstmals wurden Eigentumstitel an Bauern in der Region Yarí, Caquetá, überreicht. Dies ist ein Fortschritt bei der Anerkennung der Rechte der ländlichen Gemeinschaften im Kontext der wichtigen Punkte Landreform und territoriale Transformation.
Die Nachrichten über die Verhaftung mehrerer teilweiser hochrangiger Mitglieder der 53. Front Édison Romaña der FARC-EP, Zweites Marquetalia, lassen aufhorchen. So muss das Zweite Marquetalia – Bolivarische Armee Verluste in einer ihrer stärksten Strukturen hinnehmen. Bemerkenswert ist vor allem, dass sich die 53. Front mittlerweile weit weg von ihrem angestammten Territorium bewegt. Ursprünglich galt es, die Neustrukturierung dieser Front in den bergigen Regionen der Provinzen Cundinamarca und Meta zu organisieren. Doch anscheinend war der Druck der staatlichen Sicherheitskräfte so groß, dass die 53. Front nun vor allem in den weit entfernten östlichen Provinzen wie Vichada und Guainía operiert. Dies sind auch zwei Provinzen, in denen das Zweite Marquetalia noch so etwas wie territoriale Kontrolle ausübt.
Nach einem schweren Angriff der Guerilla FARC-EP auf staatliche Sicherheitskräfte mit 5 toten Soldaten und mehr als 16 Verletzen in der Region El Plateado und im Cañón del Micay folgt nun ein neuer Konflikt zwischen der Guerilla und dem Zweiten Marquetalia, einer anderen Abspaltung der FARC-EP unter dem Oberkommando von Iván Márquez. Beide stehen in Konkurrenz und bekämpfen sich um territorialen Einfluss, so auch im Süden der Provinz Cauca. Auch die Zivilbevölkerung leistete Widerstand und setze Dutzende staatliche Sicherheitskräfte bei einer Militäroperation fest.
Aktuell steht die Gemeinde Argelia im Süden der Provinz Cauca im Fokus der Berichterstattung. Seit mehr als einem halben Jahr findet hier die Militäroperation Perseo statt, mit dem Ziel der Rückeroberung der ländlichen Gebiete und des größeren Ortes El Plateado von der Guerilla FARC-EP. Während der Ort unter Kontrolle des Militärs steht obgleich hier weiterhin die Milizen der Guerilla aktiv sind, sind die ländlichen Gebiete nur schwer unter Kontrolle zu bringen. Vor zwei Wochen begann eine weitere größere Militäroperation, um das Gebiet mit dem Namen La Hacienda zurückzuerobern. Dies ist ein wichtiges Gebiet, um die Kontrolle über El Plateado und den Cañón del Micay zu besitzen. So ist die Guerilla FARC-EP hier omnipräsent und auch die Bevölkerung, sowohl aus eigenem Interesse gegen eine Besatzungsarmee als auch durch Druck der Guerilla, stellt sich ebenso der Polizei und Armee entgegen.
Die südkolumbianische Provinz Huila, jedoch zentral gelegen zwischen zwei großen Gebirgszügen und geostrategisch wichtig für die aufständische Bewegung, rückt in den Fokus der konkurrierenden Abspaltungen der FARC-EP. Während der Osten von Huila mit der Östlichen Kordillere vor allem von der FARC-EP unter dem Kommando von Calarcá mit dem Block Jorge Suárez Briceño kontrolliert wird, ist der Westen Huilas mit der Zentralen Kordillere vor allem unter Kontrolle der FARC-EP unter dem Kommando von Iván Mordisco mit dem West- und Zentralblock. Beide Bewegungen konkurrieren um territoriale Macht und versuchen ihren Einfluss in den jeweils anderen Gebieten auszubauen.
In der Region El Plateado, in der ländlichen Zone der Gemeinde Argelia der Provinz Cauca, gibt es derzeit große Spannungen, nachdem Bauern gegen die staatlichen Sicherheitskräfte vorgegangen sind. Die Bauern protestieren gegen die Militarisierung der Region nach einer größeren Militäroperation, die in der letzten Woche begonnen wurde, um die Front Carlos Patiño der FARC-EP aus einer ihrer strategischen Punkte zu vertreiben. Die Ereignisse begannen in der Ortschaft La Hacienda, die etwa zwei Kilometer nördlich von El Plateado liegt. Die Bauern befürchten nicht nur Repression der staatlichen Sicherheitskräfte als potenzielle Unterstützer der Guerilla, sondern auch die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage. Es geht um Vertreibungen und auch die Zerstörungen von illegalen Pflanzen, welche die Bauern zum Überleben haben und die oftmals ohne Ersatz und Alternativen zerstört werden.
Zwei ehemalige Kämpfer der FARC-EP, die sich im Rahmen des Friedensprozesses in das zivile Leben wiedereingegliedert haben, sind am Wochenende in separaten Vorfällen in den Provinzen Arauca und Casanare ermordet worden. Dies bestätigen offizielle Quellen und auch die Partei Comunes, die aus der FARC-EP heraus gegründet wurde. So ist am gestrigen Sonntag in der Gemeinde von Arauquita, Arauca, Danilo Benavides, ermordet worden. Seinen Prozess der Wiedereingliederung tätigte er in der Zone Filipinas im Osten des Landes. In der Nacht zum Samstag, den 1. März, wurde in Yopal, Casanare, Víctor Julio Jiménez Caballero von zwei Männern auf einem Motorrad angegriffen und starb.
Der Konflikt im Catatumbo in der Provinz Norte de Santander beschäftigt noch immer die Analysten und Medien. Der im Januar ausgebrochene Krieg der ELN mit der 33. Front der FARC-EP hat für mehr als 50.000 Vertriebene und 70 bestätigte Morde gesorgt, ganz zu schweigen von einer humanitären Krise für die lokale Bevölkerung. Die Zahl der Morde wird inoffiziell höher sein. Es ist ein dramatisches Ereignis gewesen, welches bis heute anhält und bei der die ELN in einer geplanten Operation die 33. Front in der Region vernichten wollte, um so die Kontrolle an der Grenze zu Venezuela zu übernehmen. Zwar sind über 1000 Soldaten der kolumbianischen Armee in das Gebiet entsendet worden, doch es wird klar, dass die ELN nicht entscheidend als Aggressor geschwächt wurde.
Welche die Rolle der FARC-EP in Sachen Kriminalitätsbekämpfung auf dem Land hat, wird über bestimmte Aktionen wie der systematischen Tötung von Kriminellen deutlich. Dabei ist für Außenstehende oft unklar, welchen Reiz für die lokale Bevölkerung ein Mord an kriminellen Menschen ausübt. Auch wir sehen das Ermorden von Menschen aufgrund krimineller Handlungen nicht als legitim an, im kolumbianischen Kontext betrachtet spielt dies jedoch eine wichtige Rolle in der Ausübung der politisch-militärischen Kontrolle und wird von großen Teilen der Bevölkerung gar akzeptiert und wohlwollend hingenommen.
Die 33. Front der FARC-EP im Block Magdalena Medio, die unter dem Oberkommando von Calarcá Córdoba steht und unter dem Titel Generalstab der Blöcke und Fronten firmiert (Estado Mayor de los Bloques y Frente – EMBF), existiert weiter. Damit trotzen sie den schweren Angriffen der ELN in der Region Catatumbo in der Provinz Norte de Santander, die vor einem Monat begonnen hatten. Laut Angaben der Militärs haben sich zwar 129 Mitglieder der 33. Front demobilisiert, was rund einem Drittel der Front ausmacht. Zudem wurden einige Guerilleros bei den Kämpfen getötet. Doch Kommuniqués der Guerilla und auch offizielle Aussagen, wie dem des Gouverneurs der Nachbarprovinz Santander Juvenal Díaz, berichten von einer Neustrukturierung. So sollen Guerilleros der 33. Front in der Gemeinde La Paz aufgetaucht sein und dort in der Öffentlichkeit präsent gewesen sein.
Der dritte Verhandlungszyklus zwischen der kolumbianischen Regierung und der Nationalen Koordination – Bolivarische Armee (Ejército Bolivariano) endete mit entscheidenden Fortschritten im Prozess eines potenziellen Friedens mit der Guerillaorganisation. Im Verlauf des Treffens vereinbarten beide Delegationen, den Plan zur Ersetzung illegaler Pflanzen in der Provinz Nariño zu verstärken, eine Initiative, die zwar bereits im Dezember beschlossen wurde, jedoch noch in der Phase der Abstimmung mit den lokalen Gemeinschaften ist. Außerdem wurden Sicherheitsgarantien für die Durchführung des Friedensprozesses festgelegt und die Schaffung von Unterkommissionen beschlossen, die sich mit den rechtlichen Hindernissen befassen, mit denen die Friedensgespräche permanent konfrontiert sind. Eine der größten Herausforderungen ist, dass die Mitglieder dieser Gruppe, die aus ehemaligen Kämpfern der FARC-EP bestehen, die nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens desertiert sind, nicht von den Vorteilen der Übergangsjustiz profitieren können.