Seit zwei Wochen befinden sich der Großteil der öffentlichen Universitäten Kolumbiens in einem unbefristeten Streik. Die Studierenden kämpfen damit gegen das sogenannte „Ley 30“ von 1992. Im ganzen Land solidarisieren sich Gewerkschaften, soziale und aufständische Bewegungen, wie das „Movimiento Bolivariano“ oder die FARC-EP.
Somit fällt die Bildung auch unter die Kontrolle der bestimmten kapitalistischen Reglementierungen, aktuell besonders die Hochschulpolitik. In den letzten verschiedenen Regierungen und mit der Zeit entstand durch die Reformen ein Bildungssystem, welches sich zunehmend als eine Dienstleistung und ein Geschäft entwickelte. Die Autonomie, der öffentliche Charakter und die staatliche Fürsorge werden so bei Schulen und Universitäten abgebaut und stehen nun vor einem Ausverkauf.
Unter diesen Aspekten hatte schon der Ex-Präsident Uribe Vélez den Ausverkauf des Bildungssystems vorbereitet, welcher nun durch die Regierung Santos fortgeführt wird. Im Speziellen geht es um die Reform eines Hochschulgesetzes, dass das Aus für die noch wenigen Universitäten öffentlichen und staatlichen Charakters bedeuten würde und hin zu einer Monopolisierung der Bildung im privaten und nichtstaatlichen Bereich führt. Beschlossen wurde dieser neoliberale Prozess zur Vernichtung des Bildungssystems in einer Abstimmung im Kongress am 20. Juli dieses Jahres.
Bei diesem neuen Gesetz wird der Staat aus der Verantwortung genommen und den privaten Sektoren und der Wirtschaft die Tür geöffnet. Diese sollen zukünftig in die Bildung investieren, was zugleich eine Vereinnahmung jener Institutionen in das Bildungssystem bedeuten würde. In einem Land und in einer Gesellschaft wie der kolumbianischen, in der Armut, soziale Ungerechtigkeit und ein bewaffneter Konflikt das alltägliche Bild prägen, sollte den Armen und sozial Schwachen sowie dem ethischen, politischen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes mehr Gehör geschenkt werden, als dem Profit, der Gewinnmaximierung und der Herausbildung von Arbeitskräften für die multinationalen Konzerne im Land. Was Kolumbien braucht ist Bildung für alle!
In der Wirklichkeit dirigieren die Leute mit Geld, die Oligarchie, die Geschicke des Landes und stehen damit im Gegensatz zu der Wirklichkeit, der Notwendigkeit und den Interessen des lateinamerikanischen Landes. Notwendig ist es, WissenschaftlerInnen, TechnikerInnen, ArbeiterInnen und HumanistInnen zu formen, um Kolumbien ökonomisch, politisch, sozial, kulturell und vor allem unabhängig und kritisch weiter zu entwickeln.
Deshalb ist es wichtig, den Kampf für eine gerechte Bildung und für ein neues Kolumbien weiterzuführen. In einem neuen Kolumbien, ganz so, wie es zum Beispiel vom „Movimiento Bolivariano“ und den FARC-EP, gefordert wird, soll das Bildungssystem öffentlich, muss kostenlos zugängig und kritisch reflektierend auf das Land sein. Es muss sich klar abgrenzen vom derzeitigen beziehungsweise angedachten System der Privatisierung, der sozialen Ungerechtigkeit, der Elitenförderung und des Konsums.
Es kann nicht sein, dass im öffentlichen Haushalt nur rund 0,7 Prozent für Bildung, aber fast 4 Prozent für die Militärausgaben investiert werden. Die Regierung will den Etat für Bildung weiter eingrenzen, private Investoren sollen anschließend den Topf ausfüllen. Die Zahl der Studierenden hat in den letzten 20 Jahren zugenommen, die finanziellen Mittel jedoch sind gleich geblieben. Die Gebühren der Hochschulen sind für viele Menschen nicht finanzierbar, Stipendienmöglichkeiten gibt es kaum noch. Wenn mit etwas Glück der Start in das Berufsleben glückt, haben viele ehemalige Studierende schon Schulden angesammelt. An den Universitäten wird im kulturellen, gesundheitlichen und wissenschaftlichen Bereich gekürzt, der Staat übernimmt nur noch etwa ein Drittel der Kosten.
Der Protest an den öffentlichen Hochschulen dauert nun schon zwei Wochen, bei den Demonstrationen in den verschiedenen Städten Kolumbiens gab es bereits mehrere Verletzte, in Cali sogar einen Toten. Der Staat versucht mit aller Gewalt die Proteste zu kriminalisieren und zu verhindern. Dennoch finden täglich an den Universitäten Vollversammlungen statt. In verschiedenen Runden Tischen werden Probleme und Lösungen diskutiert. Die Gewerkschaften und soziale Bewegungen, darunter auch die aufständischen Organisationen wie FARC-EP und deren politische Organisationen, solidarisieren sich mit den Studierenden und SchülerInnen. Mittlerweile gibt es aufgrund des unbefristeten Streiks Überlegungen, das laufende Semester zu annullieren. Nichts desto trotz, die Stimmung ist gut und kämpferisch.
Solidarität mit den Universitäten im Streik:
Universidad de Cartagena
Universidad de Atlántico
Universidad de Sucre
Universidad de Córdoba
Universidad de Pamplona (in Pamplona und Cúcuta)
Universidad Francisco de Paula Santander
Universidad Nacional (in Bogotá und Medellín)
Universidad Distrital
Universidad Pedagógica Nacional
Universidad Surcolombiana USCO
Universidad del Tolima
Universidad de Nariño
Universidad del Valle
Universidad Tecnológica de Pereira
Universidad de Antioquia
Folgende Universitäten haben keinen unbefristeten Streik ausgerufen, solidarisieren sich aber mit den Universitäten:
Universidad de Caldas
Universidad Industrial de Santander
Universidad Nacional (in Palmira und Manizales)
Universidad del Cauca
Universidad de Magdalena
Universidad del Quindío
Universidad Tecnológica del Chocó UTCH
Universitäten, die zwar noch nicht im Streik sind, aber weiterhin diskutieren und wo der studentischeTurnus gestört ist:
Universidad de Cundinamarca
Universidad Colegio Mayor de Cundinamarca
Universidad Pedagógica y Tecnológica de Colombia (Tunja) UPTC
Universidad de los Llanos
Universidad de la Guajira
Universidad de la Amazonía
Universidad Popular del Cesar
Gegen die Reform des Gesetzes 30 aus dem Jahr 1992!
Für ein neues Kolumbien!