Mal wieder gab es mediale Debatten darüber, dass die aufständische Bewegung eine revolutionäre Finanzierungspolitik in den Regionen betreibt, wo sie mehr oder weniger ihre politisch-militärische Macht ausübt. Vor weg gilt die Frage, wir hatten dies in den letzten Jahren häufig in unseren Artikeln gestellt, welche legale Finanzierungspolitik soll eine illegalisierte aufständische Organisation denn betreiben? Demzufolge sind in einer illegalen Organisation alle Tätigkeiten illegal, nicht nur die der politischen Arbeit und Rekrutierung, sondern eben auch die der Finanzierung.
Im konservativen Huila, eine zentralen Provinz in Kolumbien, die jedoch eine wichtige geostrategische Rolle der aufständischen Bewegung spielt und die an ihren Rändern mit den Kordilleren bedacht ist, ein wichtiges Rückzugsgebiet der FARC-EP und zugleich Korridor zwischen den verschiedene Strukturen der Guerilla, ereifert man sich wieder einmal an der revolutionären Praxis zu Finanzierung. Im Mittelpunkt steht das Gebiet rund um die Gemeinde Villavieja, kontrolliert durch die Front Darío Gutiérrez, die dem Ostblock Jorge Suárez Briceño unter dem Zentralen Generalstab der FARC-EP zugehörig ist.
Hier werden seit einiger Zeit bestimmt Händler, Transportunternehmen und Wirtschaftsleute mit einer Revolutionssteuer bedacht, die sich an dem Gewinn des jeweiligen Unternehmens orientieren. Darunter fallen durchaus bekannte Transportunternehmen, die auch am Tourismus der nahen Sehenswürdigkeit der Tatacoa-Wüste verdienen, sowie reiche Viehhändler und Wirtschaftsunternehmen. Die einfache lokale Bevölkerung ist von der Revolutionssteuer ausgenommen, was soll bei dem Ärmsten der Armen auch geholt werden?
Angewiesen werden die diejenigen Personen, die von der Revolutionssteuer betroffen sind, häufig mittels persönlicher Ansprache oder durch Mitteilungen in Form von Anschreiben, um an einem Treffen mit weiteren Informationen teilzunehmen: „Freunde, ihr sprecht mit Cristian von der hiesigen Front Darío Gutierrez der Farc Ep. Ich schreibe ihnen, um sie darüber zu informieren, dass wir sie brauchen, um an einem Treffen teilzunehmen, wie es jeder tut. Der Grund des Treffens ist, damit sie uns kennen und wissen, dass wir hier sind und das andere ist, um das Thema der jährlichen Steuer zu besprechen.“
In den Treffen stellt sich dann häufig einer der Kommandierenden der Front vor, erklärt die Präsenz einer Struktur und die Modalitäten der Regeln des Zusammenlebens, aber eben auch der Möglichkeiten der Bezahlung der Steuer, so zum Beispiel in Raten. Es sind natürlich je nach Umsatz unterschiedliche Summen. Im Fall der Front Darío Gutierrez stellte sich der Kommandierende Sergio Carvajal vor, in Anwesenheit von rund 20 Guerilleros. Zudem gab es Gespräche mit dem Finanzverantwortlichen, der ebenfalls anwesend war.
Die FARC-EP haben es seit den 1980er Jahren geschafft, eine Finanzpolitik zu strukturieren, in der sie selbst eine Reihe von Regeln und Verhaltensweisen für die Erreichung, Kontrolle, Ausgaben und Investitionen festgelegt haben, eingebettet in einem Gesamtplan. Die Mittelbeschaffung auf der Grundlage der zentralen Planung und Verwaltung wurde vom höchsten Gremium der FARC-EP, ab den 1990er Jahren vom Sekretariat des Zentralen Generalstabs, festgelegt. Darin enthalten waren jährliche Mindestziele für jede Front, je nach eigener Kraft und Region, die sehr unterschiedlich gestaltet waren.
Vor allem in den 1990er Jahren, mit dem großen Wachstum der aufständischen Bewegung, entwickelte sich eine Praxis der Gefangennahme von reichen Personen, die sich später nur noch auf eine politische Ebene bezog. Gefangene reiche Personen mussten freigekauft werden. Später wurde dieses Prinzip als Strategie zur Freilassung eigener Kämpfer bzw. zu einem Gefangenenaustausch genutzt. Diese Praxis wurde jedoch eingestellt, gefangengenommene Personen, vor allem der staatlichen Sicherheitskräfte, werden regelmäßig in humanitären Missionen freigelassen.
Andere Formen der auch derzeit bestehenden Finanzierung sind neben der Revolutionssteuer auch die Besteuerung von Koka und anderen Rauschmitteln, je nach Menge. Weiterhin werden, je nach Region, auch Ländereien über Mittelspersonen gekauft, die sich im Besitz der Guerilla befinden. Neben der klassischen Landwirtschaft wird so auch eigener Viehhandel betrieben. Zuletzt machten die FARC-EP, wir berichteten in einem Artikel, wieder einen Angriff auf eine Filiale der kolumbianischen Agrarbank, eine Praxis, die früher wesentlich häufiger ausgeübt wurde.