Derzeit ist der Friedensprozess zwischen dem Generalstab der Blöcke und Fronten (EMBF) unter dem Oberkommando von Calarcá etwas vakant. Dies hat mehrere Gründe, vor allem in der Intensivierung der politisch-militärischen Aktivitäten der aufständischen Organisation, dem schwierigen Prozess in der Region Catatumbo und auch durch die letzten Angriffe der 36. Front in der Provinz Antioquia im Nordwesten des Landes. Hier im Nordwesten hat sich als Bollwerk gegen den großen paramilitärischen Golfclan die 18. und die 36. Front etabliert. Zuletzt konnten die beiden Fronten, die zum Block Magdalena Medio Kommandant Gentil Duarte der FARC-EP gehören, sogar Boden gegenüber den Paramilitärs gut machen. Und auch in die nationalen und internationalen Medien hat es die 36. Front geschafft. Doch beginnen wir am Anfang.
Historisch war die FARC-EP in der Provinz Antioquia schon immer präsent. Im Nordosten kontrollierte sie den Nudo de Paramillo, eine strategisch wichtige Region, die Norden Antioquias mit dem Bajo Cauca und dem Süden der Provinz Bolívar verbindet. Nach dem Friedensabkommen der alten FARC-EP im Jahr 2016 blieben ein Teil der Milizionäre wach und organisierten sich nach 2016 militärisch neu. Bereits Ende 2017 gab es Hinweise auf eine Neuordnung der Strukturen von Milizionären aus der ehemalige 18. und 36. Front. Seitdem konnten sich die beiden Fronten mehr und mehr in kleinem Rahmen etablieren und aktuell sogar Boden gut machen. Der Schlüssel zum Erfolg lag jedoch in der Allianz mit der ELN, die sich in anderen Regionen gegenseitig bekämpfe, hier aber gegenüber der Paramilitärs eine Allianz eingegangen sind.
So kann auch aktuell festgestellt werden, dass die 36. Front laut Angaben der Sicherheitskräfte nur aus rund 250 Kämpfern besteht, dafür aber über ein gutes Netz an Milizionäre und vor allem über gute Kontakte zur ELN, die Absprachen treffen und gemeinsam gegen paramilitärische Gruppen agieren. Anfangs gab es gar einen Nichtangriffspakt mit dem Golfclan, doch das Vorrücken der Paramilitärs sorgte für eine Neuordnung. Die paramilitärische Expansion zwang die 36. Front zur Koordination mit der ELN, um diesen Akteur im Bajo Cauca und im Süden von Bolívar einzudämmen. So sind gemeinsame Aktivitäten der verfeindeten Guerillaorganisationen hier eine Normalität, während in Regionen wie Catatumbo, Cauca oder Arauca ein regelrechter Krieg um die politisch-militärische Kontrolle tobt.
In die Medien schaffte es die 36. Front durch spektakuläre Angriffe, die aber auch den Friedenswillen in Frage stellen. Eine der jüngsten Aktionen, ein Bombenanschlag in Medellín auf die Stromversorgung, oder der Angriff auf einen Hubschrauber der staatlichen Sicherheitskräfte in Amalfi mit 13 getöteten Polizisten sorgten für harte Diskussionen und der Oberkommandierende Calarcá versuchte die Aktionen klein zu reden, um den Friedensprozess nicht zu gefährden. Doch immer wieder gibt es Kämpfe, so auch im Süden von Bolívar, wo die FARC-EP gemeinsam mit der ELN ihre militärische Wirksamkeit unter Beweis stellen. Trotz der Aussagen von Calarcá könnten die Handlungen der 36. Front zu einem Dorn im Friedensprozess mit der EMBF werden, der gerade nach Monaten der Pause wieder ins Leben kommt.