Ein Skandal der keiner ist

Wieder einmal berichtet die nationale Presse über die Ungeheuerlichkeit, dass sich die aufständische Bewegung FARC-EP an Infrastrukturmaßnahmen beteiligt. Und dies auch noch in einer Region, die jahrzehntelang vom Staat vernachlässigt wurde und wo die Guerilla deren Funktionen übernommen hat. Wir sind im Tal des Flusses Micay, Provinz Cauca, wo die FARC-EP, Zentraler Generalstab mit der Front Carlos Patiño seit Jahren präsent ist und das öffentliche Leben regelt. Dies geschieht deswegen, weil der Staat faktisch nicht präsent ist und so das Vakuum durch die FARC-EP besetzt wird. Sie regeln das Zusammenleben, versuchen die Kriminalität einzuschränken, diesen als Ordnungsmacht und unterstützen bei eigentlich staatlichen Aufgaben, wie dem Bau von sozialen Einrichtungen und auch Infrastruktur. So wurde vor wenigen Tagen eine Brücke in der Ortschaft Honduras über den Micay-Fluss eingeweiht, die auch mit Geld der Guerilla gebaut werden konnte.

Bei der Einweihung der Brücke, die auch für Kraftfahrzeuge genutzt werden kann, ließen sich bei der Zeremonie der Übergabe Guerilleros der Front Carlos Patiño blicken. Straßen und Brücken werden häufig im ländlichen Kolumbien von den lokalen Gemeinschaften gebaut oder instandgesetzt. Dort wo die Guerilla präsent ist, gibt es häufig Unterstützung. Zudem wurden Mautgebühren zum Passieren der Brücke erhoben. Fünf Monate dauerten die Bauarbeiten der Brücke, die nun die Gemeinden El Tambo und Argelia verbindet. El Plateado war in der letzten Zeit vor allem durch die Militäroffensive in den Fokus der Berichterstattung gerückt, die einzige staatliche Präsenz. Die Region ist stark von der Regierung vernachlässigt, kein Wunder also, dass die FARC-EP hier eine große soziale Basis besitzt. Für die Medien und Öffentlichkeit jedoch ist es ein Skandal.

Dieser Beitrag wurde unter General veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.