In der östlichen Kordillere Kolumbiens, die vor allem zwischen den Provinzen Huila, Cundinamarca, Caquetá und Meta seit jeher eine Hochburg der Guerilla war, befinden sich heute die Strukturen des Südöstlichen Blocks der FARC-EP, Zentraler Generalstab, mit dem Namen „Jorge Suárez Briceño“. Benannt sind sie nach dem ehemaligen Oberkommandierenden des Ostblocks der alten FARC-EP, die 2016 das Friedenabkommen mit der kolumbianischen Regierung unterzeichnete und sich entwaffnete. Jorge Suárez Briceño alias Mono Jojoy war eine schillernde Figur und jahrelanger Kommandant im Osten, wo die Guerilla ihre kampfstärksten Strukturen hatte. Er selbst starb 2010 bei einem Bombenangriff im kolumbianischen Dschungel.
Der Zentrale Generalstab hatte sich unlängst in zwei Teile gespalten. Auf der einen Seite die Blöcke des Südostens und des Magdalena Medio, die weiterhin Friedensgespräche mit der Regierung unter Petro führen möchten. Auf der anderen Seite die Blöcke im Westen und Zentralkolumbien sowie im Osten des Landes, die noch unter dem Kommando von Iván Mordisco stehen. Aktuell ist nicht klar, inwieweit die Spaltung konkret aussieht, ein geeintes Kommando gibt es nicht mehr zwischen allen Blöcken. Stattdessen wird abzuwarten sein, wie sich auch die Fronten innerhalb des Südostblocks verhalten oder es nicht auch hier Tendenzen zur Weiterführung des Krieges gibt.
Bisher scheint der Oberkommandierende Alexander Díaz alias Calarcá noch die Kontrolle über die Strukturen im Südosten zu haben. Er gilt als politisch kompetent mit guten Kontakten in die politischen und sozialen Organisationen der Provinzen Caquetá, Meta und Huila. Was den Friedensprozess hindern könnte? Die Angst vor einem Bruderkampf mit den anderen Fraktionen der FARC-EP unter dem Kommando von Iván Mordisco. So gibt es wohl wenig Interesse an einer Entwaffnung. Zudem muss die Regierung eines der Hauptziele einhalten, die Transformation der Territorien, wo die Guerilla über viel macht und ihre Basis verfügt.
Dies ist auch der Unterschied zu den Strukturen im Westen des Landes. Mit dem Südostblock gibt es seit dem Bestehen der ersten neuen Fronten ab 2016 und später dann mit der Gründung des Zentralen Generalstabs eine gute politisch-militärische Arbeit. Dies bedeutet, dass die Guerilla enger mit der lokalen Bevölkerung vernetzt ist, als im Westen. Calarcá war in dem Prozess des Neuaufbaus der FARC-EP von Anfang an mit dabei und kritisierte zum Schluss den Fokus auf illegale Wirtschaft und Krieg, wie im Westen des Landes. Doch er selbst gilt auch als autoritär. Es bleibt also abzuwarten, ob er die Fronten in seinem Machtbereich und den politischen Weg zu einem (Teil-)Frieden halten kann.
Der Südostblock Jorge Suárez Briceño besteht heute aus den Fronten:
- Front Jhon Linares (bestehend aus Personen der ehemaligen Fronten 7, 40, 62 – vor allem im Süden von Meta und Caquetá aktiv)
- 62. Front „Kommandant Rodrigo Cadete“ (Westen von Caquetá bis in die Llanos del Yarí aktiv)
- Front Carolina Ramírez (aktiv im Süden von Caquetá)
- Front Darío Gutiérrez (aktiv im Norden von Huila, Norden von Caquetá und westlichen Teil von Meta – ehemals Front Angelino Godoy)
- Front Iván Díaz (Mitte von Huila und Westen Caquetás im ehemaligen Gebiet der Mobilen Kolonne Teófilo Forero)
- Front Gaitán Gutiérrez (aktiv im zentralöstlichen Huila und auch in Meta)
- Mobile Kolonne Miller Perdomo (Caquetá)
- Front Edison Cinco Mil (Caquetá)
- Front Jorge Suárez Briceño (Caquetá und Meta)
- Front Marco Aurelio Buendía (Meta)
Dabei gibt es selbstverständlich Kontinuitäten in der politisch-militärischen Arbeit mit der alten FARC-EP. Schon damals agierte im Norden von Huila in der östlichen Kordillere die 17. Front „Angelino Godoy“. Früher war im Süden und Osten Huilas die 13. Front „Cacica Gaitana“ und eher zentral im Osten im Bereich von Gigante und Garzón die 61. Front „Cacique Timanco“ aktiv sowie die Mobile Kolonne Teófilo Forero entlang der östlichen Kordillere im Osten Huilas, vor allem in Algeciras. Diese hatte auch Milizen in der Großstadt Neiva. Die östliche Kordillere war immer ein Epizentrum des aufständischen Kampfes, doch bleibt sie es auch?