Indigene Bevölkerung mitten im Konflikt

Vor einem Monat, am 15. Mai2024, veröffentlichte die FARC-EP, Zentraler Generalstab, unter der Führung von Iván Mordisco auf ihrem Account im sozialen Netzwerk X, einen Beitrag, in dem die Asociación de Cabildos Indígenas del Norte del Cauca (ACIN) öffentlich angegriffen wurde. Bei der Vereinigung ACIN handelt es sich um den Zusammenschluss der Indigenen Räte im Norden der Provinz Cauca, einer der wichtigsten indigenen Organisationen des Landes. Besonders im Norden von Cauca ist der Anteil der indigenen Bevölkerung besonders hoch, es gibt zudem viele autonome Territorien der Indigenen.

Bei der Anschuldigung und den öffentlichen medialen Angriff geht es vor allem um den Kampf um Deutungshoheit und Macht, denn beide sich konträr gegeneinanderstehende Akteure, ACIN und FARC-EP, duellieren um Territorien und ihre dortige Einflussnahme. Dabei stehen die der Indigenen im Wiederspruch zu den Regeln und Zielen der FARC-EP. Verschärfend kommt hinzu, dass die Indigene Garde als Sicherheitsapparat die Guerilla aus ihren Territorien rauswirft, gar schon Guerillakämpfer ausgeliefert hat.

Im Zuge des Konfliktes zwischen den Akteuren warf die ACIN den FARC-EP in mehreren Schreiben vor, die indigene Bevölkerung zu terrorisieren und warf der Guerilla vor, ihren politischen Anspruch zu verlieren. Dazu antwortete nun die FARC-EP: „Die FARC-EP hat nichts erfunden, die Instrumentalisierung der indigenen Wächter durch bewaffnete Gruppen und Militärs, die von uns abgelehnt und von einigen indigenen Führern unterstützt werden, reicht weit zurück. Zwei Beweise. Das Phänomen zu leugnen, wird uns nicht erlauben, es zu überwinden.“

Nun folgte wohl die Antwort der anderen Seite. Bei den Beweisen handelt es sich um zwei Bilder. Auf dem ersten sind sechs Fotos zu sehen, drei von einem jungen Mann mit Abzeichen der Indigenen Garde und drei weitere von demselben jungen Mann in Tarnkleidung. Über den Fotos steht die folgende Bildunterschrift: „Edwin Campo: Mitglied der Indigenen Garde und des Zweiten Marquetalia in Caldono-Cauca.“ Das Zweite Marquetalia ist die verfeindete Fraktion der FARC-EP unter der Führung von Iván Márquez. Beide Fraktionen der FARC-EP bekämpfen sich in unterschiedlichen Landesteilen, so auch in Cauca.

Auf dem zweiten Bild ist eine Reihe von Elementen auf dem Boden zu sehen, darunter ein Gewehr, eine Militäruniform und zwei Halstücher der Indigenen Garde von Cauca. Im oberen Teil des Bildes ist zu lesen: „Bei der ELN sichergestelltes Material, darunter Symbole der Indigenen Garde (tagsüber Wächter und nachts Guerilleros?).“ Diese Veröffentlichung wurde über 10.000 mal aufgerufen und mehr als 100 mal kommentiert. Darunter befanden sich einige Kommentare, die die Stigmatisierung der Indigenen Garde weiter ausdehnten und auf ihr angebliches Bündnis mit der ELN hinwiesen.

Die ACIN weist die Vorwürfe hingegen zurück. Für sie ist diese Veröffentlichung Teil eines allgemeinen Stigmas. Um die Gewalt der Guerilla und die von ihnen begangenen Taten zu rechtfertigen, haben sie uns immer gesagt, dass wir zu dem einen oder anderen bewaffneten Akteur gehören, wird aus der ACIN deutlich. Heute hat sich dieses Stigma mit den verschiedenen bewaffneten Akteuren im nördlichen Teil des Cauca noch vertieft. Der Konflikt scheint so fest wie noch nie zu sein. Die einen Werfen der FARC-EP Morde, Vertreibungen und Zwangsrekrutierungen vor die anderen der ACIN Teil von paramilitärischen Bündnissen zu sein.

In Cauca kommt es zu einer Neuordnung der Gewalt seit dem Friedensabkommen mit der alten FARC-EP von 2016. Nach drei Jahren der Ruhe ist nun der Zentrale Generalstab mit den Fronten Jaime Martínez und Dagoberto Ramos präsent, das Zweite Marquetalia mit Strukturen und in Allianz mit der ELN. Der territoriale Streit zwischen ihnen allen wirkt sich auf das Leben der lokalen Bevölkerung und vor allem auf die indigenen Gemeinden aus. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht, obwohl unter der alten FARC-EP bereits Abkommen mit Indigenen durchgeführt worden sind.

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