Es war ein Paukenschlag an diesem Freitag, als sowohl die kolumbianische Regierung als auch die FARC-EP, Zweites Marquetalia, unter der Führung von Iván Márquez Friedensgespräche verkünden. Sie sind sich einig „über die Notwendigkeit, einen geordneten, zügigen, rigorosen und respektvollen Friedensprozess zu führen, der der kolumbianischen Gesellschaft Frieden und Sicherheit gibt“, so das gemeinsame Kommuniqué. Damit versucht Präsident Gustavo Petro seine umfassenden Friedensbemühungen zu vertiefen, in dem er die andere Organisation der FARC-EP an den Verhandlungstisch holt. Seit dem letzten Jahr gibt es bereits Friedensgespräche mit dem Zentralen Generalstab der FARC-EP unter dem Kommando von Iván Mordisco. Beide Seiten stehen verfeindet gegenüber und sehen sich je in der Tradition der alten FARC-EP, die 2016 in einem Friedensprozess die Waffen niederlegte.
In einem gemeinsamen Kommuniqué, das vom Hohen Kommissar für den Frieden, Otty Patiño, und Iván Márquez selbst unterzeichnet wurde, kündigten die beiden Parteien die formelle Einleitung eines Prozesses sozio-politischer Dialoge an, „um unverzüglich Vorabvereinbarungen zur Deeskalation des Konflikts und zur Durchführung von Transformationen für den sozialen und ökologischen Aufbau des Territoriums, die Festlegung der Agenda und der Verhandlungsprotokolle zu entwickeln.“ Sie bitten auch Kuba, Norwegen und Venezuela – die als Vermittler an den Dialogen der Regierung mit anderen bewaffneten Gruppen teilgenommen haben – um „ihre guten Dienste für die Entwicklung dieses Prozesses“, sowie um die Begleitung durch Carlos Ruiz Massieu, den Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs in Kolumbien sowie der katholischen Kirche.
Sie verpflichten sich „alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um das Leben der Kolumbianer zu würdigen und zur Lösung der Probleme beizutragen, die die Bedingungen der menschlichen Existenz betreffen.“ Gleichzeitig stellen sie fest, dass „das Leben und die Sicherheit“ aller Akteure, die sich für den Friedensprozess engagieren, „ohne Nichteinhaltung oder Einschüchterung“ garantiert werden müssen, um „das notwendige Vertrauen zu schaffen und die gegenteiligen und wiederkehrenden Praktiken derjenigen, die den kolumbianischen Staat regiert haben, zu überwinden.“ Bemerkenswert: Die FARC-EP, Zweites Marquetalia, bekräftigt sofort ihre Verpflichtung, keine Verhaftungen aufgrund finanzieller Interessen durchzuführen. Diese Entscheidung schließt sich anderen an, die von der Guerillagruppe ELN und der anderen FARC-EP bereits getroffen wurden.
Die FARC-EP, Zweites Marquetalia, ist eine politisch-militärische Organisation, die in mindestens fünf Regionen Kolumbiens präsent ist. Sie veröffentlichte ihr Gründungsmanifest am 29. August 2019, als Iván Márquez, Jesús Santrich, Romaña, El Paisa und andere bekannte ehemalige Guerillakommandeure ankündigten, dass sie trotz der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit der Regierung zu den Waffen zurückkehren würden. Der Wiederbewaffnung dieser Gruppe ehemaliger Guerillakommandanten ging der Versuch voraus, eine einheitliche Organisation zu schaffen, der auch diejenigen angehören sollten, die das endgültige Abkommen nicht unterzeichnet hatten, darunter Iván Mordisco und Gentil Duarte. Doch außer Annährungen kam hier kein Bündnis zustande, man ging im Bruderkrieg auseinander. Heute stehen sich beide Akteure feindlich gegenüber, mit gegenseitigen Anschuldigungen.