Im Südwesten nichts Neues

Warum die FARC-EP im Südwesten Kolumbiens so stark ist, werden wir immer wieder gefragt. Zwar ist der Osten des Landes mit seinen weiten Flächen und Wälder seit jeher die Basis der Guerilla, doch seit zwei Jahrzehnten ist der Fokus der politisch-militärischen Arbeit immer wieder in andere Landesteile gerückt worden, so auch in den Südwesten des Landes mit den Provinzen Nariño, Cauca und Valle del Cauca. Besonders aktuell, mit der Gründung des Bloque Occidental Comandante Jacobo Arenas (Westblock Kommandant Jacobo Arenas) und bereits Jahre zuvor mit der Tätigkeit des Westlichen Koordinationskommandos der FARC-EP, wurde deutlich, wie stark dort die aufständische Bewegung geworden ist, auch in der Neustrukturierung der FARC-EP nach dem Friedensabkommen von 2016.

Im Mai dieses Jahr verkündete die FARC-EP die Gründung des Westblocks „Kommandant Jacobo Arenas“ aus den Strukturen des Westlichen Koordinationskommandos. Damit verfügt die FARC-EP über diverse Blöcke, die ihrerseits verschiedene Strukturen wie Fronten und Mobile Kolonnen sowie Kompanien vereinen. Ebenso dazu zählen die politisch-militärischen Strukturen der Milizen, der Bolivarischen Bewegung (Movimiento Bolivariano) und der Klandestinen Kommunistischen Partei (Partido Comunista Clandestino). Neben des Westblock verfügt die FARC-EP auch über die sogenannten Blöcke im Osten, im Süden oder auch im Magdalena Medio. Der Westblock ist ein Ergebnis von mehr als sechs Jahren Arbeit.

Im Kommuniqué der Gründung heißt es dazu: „Wie es in unseren Statuten heißt, bestehen wir heute aus mehr als fünf Fronten, mehreren Kolonnen und Kompanien, voll von Männern und Frauen, die bereit sind, einen Dialog mit der nationalen Regierung unter der Führung unserer nationalen Führung, des Zentralen Generalstabs, aufzunehmen, die aber angesichts der Widrigkeiten und Risiken, die die Friedensaufgaben immer mit sich bringen, auch bereit sind, den Kampf für das Leben und den Frieden mit sozialer Gerechtigkeit fortzusetzen.“ Es wird deutlich, dass die Reorganisation der Guerilla voranschreitet und mit den Blöcken wieder die festen politisch-militärischen Einheiten durchgesetzt werden, streng untergeordnet unter dem Zentralen Generalstab mit seinem Oberkommandierenden Iván Mordisco.

Die FARC entstand aus bäuerlichen Selbstverteidigungseinheiten gegen die militärische Aggression eines korrupten Staates. Schnell wurde aus der sozialen Selbstorganisation ein nationales Projekt, was sich in dem revolutionären Agrarprogramm von 1964 ausdrückt. Allmählich wuchs dieses aufständische Projekt und in den Konferenzen der FARC wurden die Ziele festgelegt. Ein Meilenstein war sicherlich das Jahr 1971, in dem auch die Vierte Nationale Guerilla-Konferenz der FARC stattfand. In diesem Jahr begann das Wirken der 6. Front der FARC im Südwesten, vor allem im Cauca und Valle del Cauca, die den Namen Hernando González Acosta bekam. Dieser war studentischer Aktivist aus Bogotá, Mitglied im Kommunistischen Jugendverband und einer der zur Bauernguerilla gesendeten Abgeordneten. Er starb in Riochiquito, Cauca, im Jahr 1965.

In der Weiterentwicklung des so genannten „Strategischen Plans“ aus der 7. Konferenz wurde mit der 8. Konferenz neue „Mobile Blöcke“ geschaffen. Einer darunter war der Bloque Occidental, der Westblock. Er agierte vorrangig in den Provinzen Nariño, Cauca, Valle del Cauca, Tolima und Quindío. Zu ihm zählten die Fronten 6, 8, 29, 30, 60, die städtische Front „Manuel Cepeda Vargas“ in der Millionenstadt Cali und einige andere wichtige Strukturen wie der mobile Block „Arturo Ruiz“ und die mobilen Kolonnen „Gabriel Galvis“, „Daniel Aldana“, „Miller Perdomo“, „Jacobo Arenas“ und auch „Mariscal Sucre“. Damit festigte sich die Präsenz im Südwesten und diese Region wurde zu einer Hochburg der FARC-EP, so dass sich selbst der Oberkommandierende Alfonso Cano mit seinem Sicherheitsapparat hier niederließ.

Die Kommandanten des Westblocks waren Alfonso Cano, Pablo Catatumbo und Pacho Chino. Unter Alfonso Cano, der nach dem Tod von Manuel Marulanda im Jahr 2008 der Oberkommandierende der FARC-EP wurde, festigte die FARC-EP ihre Präsenz und politisch-militärische Arbeit. Durch neue Taktiken in kleineren operativen Einheiten konnten ganze Gebiete unter die Kontrolle der Guerilla gebracht werden. Alfonso Cano starb als brillanter politischer Kopf und Stratege durch eine Militäroperation im November 2011. Doch der Grundstein für die Strukturen war geschaffen, die teilweise bis heute existieren. Dazu zählten vor allem die Milizen und die Arbeit mit der lokalen Bevölkerung.

Im Zuge der Nichteinhaltung des Friedenabkommens und der Rückkehr zu den Waffen haben sich im Südwesten die Strukturen vor allem um die 6., 30. und 60. Front neu organisiert. Diese traten bereits 2018/19 zum Vorschein, jedoch zuerst nebenher agierten. Erst im August 2020 ist mit dem Westliches Koordinationskommando ein einheitliches Kommando der verschiedenen Gruppen entstanden, welches maßgeblich durch Abgesandte aus der 1. Front im Osten aufgebaut wurde und die sich schließlich den Strukturen aus dem Osten des Landes anschlossen. So gibt es hier nun die Mobilen Kolonnen Jaime Martínez, Dagoberto Ramos, Franco Benavides und Urías Rondón sowie die Fronten Rafael Aguilera, Carlos Patiño und Ismael Ruíz sowie die Kompanie Adan Izquierdo. Nichts Neues also, sondern Altbewährtes im Südwesten.

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