Ein Land, dass seine Gebiete aufgibt

In dieser Woche wurde in den Medien polemisch über eine Eröffnung einer Landstraße von der aufständischen Bewegung FARC-EP in der Provinz im Norte de Santander berichtet. Aus einem Kommuniqué und Video der Guerilla wird klar, dass der Kommandant Andrey Avendaño von der 33. Front vor einer großen Menge diese Infrastrukturmaßnahme erklärt und die Straße, die durch die FARC-EP geschaffen wurde, freigibt. Zu dem Fest gab es noch weitere Aktivitäten in der vom Konflikt betroffenen Region Catatumbo.

Diese Infrastrukturmaßnahmen und Übernahme von eigentlichen staatlichen Aufgaben ist dabei nichts Ungewöhnliches für die Guerilla. In ihren Territorien versucht die FARC-EP seit jeher mittels eines Justizsystems für Ordnung zu schaffen, regelt den Warenverkehr, beeinflusst den Naturschutz und versucht, die öffentliche Infrastruktur auszubauen. Dazu gehören der Bau oder die Unterhaltung von Landstraßen, aber früher auch der Gesundheits- und Bildungssektor mit dem Bau von kleinen Schulen oder das Entsenden von mobilen Gesundheitsbrigaden in entlegene Gebiete.

Nun gibt es eine Aussage vom Hochkommissar für Frieden, Danilo Rueda, dass der Akt der FARC-EP in der Region Catatumbo „der Ausdruck unseres Landes ist.“ Und weiter berichtet der Staatsbeamte: „Dies ist ein echtes Land, ein Land, in dem viele Gebiete aufgegeben wurden, in dem es nur vorübergehend eine Präsenz der öffentlichen Gewalt oder der Polizeikräfte gab, aber in dem die gesamte Institution noch nicht angekommen ist und dann eine bewaffnete Gruppe diese Verantwortung übernimmt.“

Damit relativiert Danilo Rueda gewissermaßen den öffentlichen Skandal und bestätigt die Realität in diesem Land. In vielen Regionen ist der Staat, wenn überhaupt nur durch die staatlichen Sicherheitskräfte präsent, die gerne als Besatzungsarmee auftreten, denn als Unterstützer eines Rechtsstaates. Kein Wunder also, wenn eine Selbstorganisation stattfindet oder eine politisch-militärische Organisation ihre Aufgaben wahrnimmt, wo sie faktisch die Kontrolle ausübt.

In diesem Zuge wurde auch vor zwei Tagen skandalös über die Gemeinde Los Andes-Sotomayor im Nordwesten der Provinz Nariño berichtet. Hier patrouillierten Mitglieder der FARC-EP auf Motorrädern sowie uniformiert und bewaffnet durch die Straßen. Dabei ist auch das nichts Ungewöhnliches, sondern nur ein Spiegelbild des Landes, wo der Staat seine Regionen aufgibt und die Guerilla die Kontrolle übernimmt. Ein Friedensprozess, die Wiedereingliederung der FARC-EP in das soziale und politische Leben und eine wirkliche Reformbereitschaft könnten Abhilfe schaffen.

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