In der nordostkolumbianischen Provinz hat es zwischen ELN und FARC-EP schwere Kämpfe gegeben. Besonders betroffen war die Gemeinde Puerto Rondón, nahe der Grenze zur Gemeinde Tame. Es scheint also, als ob die ELN damit ihre einseitig verkündete Waffenruhe ad acta gelegt hat. So meldeten lokale Bewohner Kämpfe und mindestens zehn Leichen, die in diesem Sektor abgeladen wurden. Die von den Toten getragenen dreifarbigen Armbinden und deren Tarnkleidung zeigen, dass sie Mitglieder der FARC-EP waren. Laut lokalen Journalisten und anderen Quellen sind unter den Toten auch Führungskommandeure der 10. Front, darunter alias Solín, der wohl als Verstärkung aus dem Süden des Landes von der 1. Front in den Nordosten geschickt wurde.
Seit Beginn der Konfrontationen vor einem Jahr hat die FARC-EP versucht, sich mit der ELN zusammenzusetzen und mit der ELN zu sprechen. Auch zuletzt wurde ein Nichtangriffspakt angeboten sowie die Aufteilung der territorialen Kontrolle der Provinz ins Spiel gebracht. Dies vereinbarte bereits die „alte“ FARC-EP vor ihrem Friedensschluss mit der kolumbianischen Regierung. Offensichtlich gibt es aber bei der ELN die unverrückbare Position, nicht zu verhandeln. Dies bestätigen auch Quellen aus der katholischen Kirche, die hier in der Region enge Kontakte mit der ELN pflegt. „Was die ELN sagt, ist, dass sie gehen oder sterben. Sie konzentrieren sich darauf, sie, die FARC, endgültig zu vertreiben“, wird eine Quelle zitiert.
Damit dürfte sich in der Provinz der Konflikt wieder verschärfen. Die ELN erwartet von der Regierung, die FARC-EP in dieser Region zu bekämpfen. Dies soll wohl auch ein wesentlicher Punkt in den Verhandlungen zwischen ELN und Regierung sein, die gerade in Friedensgesprächen sind. So ist die ELN dagegen, dass politische Verhandlungen mit der FARC-EP aufgenommen werden und sie nicht als aufständische Bewegung anzuerkennen. Ein Punkt, der absurd und nicht realistisch erscheint. Fakt ist, für beide Organisationen ist die Provinz Arauca, an der venezolanischen Grenze, strategisch enorm wichtig und beide haben hier eine soziale Basis.
In Saravena, Arauca, wurde Mitte Dezember einer von fünf Ende November verschwundenen Jugendlichen ermordet aufgefunden. Obwohl die ELN zugab, vier von ihnen festgenommen zu haben, mit Ausnahme desjenigen, der tot aufgefunden wurde, ist die Version der Menschenrechtsverteidiger in der Gemeinde, dass sie es waren, die ihn getötet haben. Und in der ländlichen Gegend zwischen Tame, Arauquita und Puerto Rondón, wo die ELN und FARC-EP miteinander kämpfen, sind etwa 20.000 Menschen in den Konflikt geraten, die nur zwei Möglichkeiten haben: sich einzusperren oder Risiko geraten in einen Checkpoint der einen oder anderen Gruppe zu geraten, wo sie der vermeintlichen Kollaboration verdächtigt werden.
Am 29. Dezember meldeten die Einwohner der Dörfer Santo Domingo und Normandía das Verschwinden von vier Personen. Die Leiche eines von ihnen, einem Milchmann, tauchte vor zwei Tagen zwischen den Dörfern Caño Verde und Lejanías de Tame auf. Der Ombudsmann von Puerto Rondón schreibt dies der ELN zu. Warum es diesen scheinbar sinnlosen Mord gab, ist unbekannt. Sinnlos war ebenso das, was Bastos passiert ist. Der 19-jährige junge Mann verließ sein Dorf in Richtung Zentrum von Puerto Jordan, um sich die Haare schneiden zu lassen und einige Dinge für das Haus zu kaufen. Er war auf einem Motorrad. Wie ein Dutzend anderer Bewohner des Sektors hatten Bastos und seine Mutter das Pech, in einen Kontrollpunkt der ELN zu geraten, als sie auf der Straße unterwegs waren.
Wie es an diesen Kontrollpunkten der einen oder anderen Gruppe üblich ist, wurden sie verhört, nach ihren Handys gefragt, beschlagnahmt und am Ende alle außer Bastos freigelassen. Laut einer Quelle von Menschenrechtsverteidigern, die die Aussagen einiger anwesender Bauern hörte, war der Grund für seine Festnahme einfach der Name des Dorfes, aus dem er stammte. „Ich war jung und lebte in einem von der FARC-EP dominierten Dorf. Das war genug. Der bloße Verdacht“, sagt eine Quelle aus. Am selben Tag verschwanden zwei weitere Männer und eine Frau im Dorf Santo Domingo nach einer weiteren Straßensperre. Die Fälle zeigen die Sinnlosigkeit des Konfliktes, der nun von Seiten der ELN verschärft wird.
Unterdessen ließ die FARC-EP einen von zwei gefangengenommen Soldaten frei. Den ersten Vorfall gab es vor kurzem in der Provinz Bolívar, Gemeinde Santa Rosa del Sur, wo ein Soldat von der 37. Front der FARC-EP festgesetzt, aber in der vergangenen Nacht wieder freigelassen wurde. Der Soldat berichtete per Video kurz vor seiner Freilassung: „Im Moment bin ich von der FARC festgehalten, bisher haben sie mich auf die beste Art und Weise behandelt, sie waren respektvoll zu mir und sie respektierten mein Leben, nachdem ich versucht hatte zu fliehen, (…) sie haben mich nicht geschlagen, sie haben nicht misshandelt“. Ein weiterer Soldat wurde von der Front Carlos Patiño in der Provinz Cauca festgenommen, als er in einem Bus auf der Straße, die El Bordo mit der Gemeinde El Tambo in Cauca verbindet, unterwegs war. Hier steht eine Freilassung noch aus.