Im Kontext der Umsetzung des Friedensabkommens und der Sicherheit nicht nur der ehemaligen Kämpfer der FARC-EP, sondern auch der gesamten Bevölkerung, gibt es weiterhin große Probleme. Dies ist auch immer wieder Thema bei den Vereinten Nationen (UNO). So erklärte die UNO zuletzt diese Woche, dass die Umsetzung der Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC erste Priorität hat und darin bestehe, „die Sicherheit in den historisch vom Konflikt betroffenen Gebieten zu verbessern“. Immer wieder werden ehemalige Kämpfer der aufständischen Bewegung, die sich im Prozess der Wiedereingliederung befinden, ermordet, vertrieben oder bedroht.
„Auf nationaler Ebene gibt es Indikatoren für die Reduzierung von Tötungsdelikten, für eine Reduzierung der Gewalt im nationalen Durchschnitt in Kolumbien, aber in Konfliktgebieten (…) ist die Unsicherheit sehr hoch“, sagte auf einer Pressekonferenz in Brüssel der Vertreter des UN-Generalsekretärs in Kolumbien, Carlos Ruiz Massieu. So gibt es dort im ländlichen Bereich immer noch einen gemeinsamen Nenner, nämlich die Präsenz bewaffneter Gruppen, geringe Entwicklungsmöglichkeiten und illegale Wirtschaft, sei es Drogenhandel oder illegaler Bergbau, so die Aussage.
Nicht nur er, sondern auch Nichtregierungsorganisationen, die aus der FARC-EP herausentstandene und nun umbenannte Partei Comunes, aber auch andere Kollektive im Prozess der Wiedereingliederung fordern schont seit Langem eine größere Präsenz des Staates in den vom Konflikt betroffenen Gebieten. In den Gebieten, in denen die FARC-EP historisch präsent war und im Rahmen des Friedensabkommens die Waffen niederlegte, wurde das Machtvakuum nicht vom Staat geschlossen, sondern andere bewaffnete Gruppen nutzten die Gelegenheit in diesen Territorien zu wachsen.
Nach Angaben des Instituts für Entwicklungs- und Friedensforschung (Indepaz) sind seit dem 24. November 2016 über 270 ehemalige Kämpfer der FARC-EP ums Leben gekommen. Obwohl diese Zahl kaum mehr als zwei Prozent aller Unterzeichner des Friedensabkommens ausmacht, von insgesamt 13.589, haben die Häufigkeit und die Ausdehnung der Gebiete, auf dem die Morde stattfinden, Alarm ausgelöst. In diesem Jahr wurden bisher jeden Monat neue Fälle von ermordeten Ex-Kämpfern gemeldet: sieben im Januar, vier im Februar, zwei im März, zehn im April, drei im Mai und zwei im Juni. Diese 28 Morde ereigneten sich in Antioquia, Arauca, Caquetá, Cauca, Chocó, Meta, Nariño, Norte de Santander, Putumayo, Tolima und Valle del Cauca.
Besonders gefährdet sind jene Personen, die nicht in den ehemaligen Widereingliederungszonen (ETCR) leben. Neben den ETCRs gibt es auch Neue Wiedereingliederungspunkte (NAR), kollektive Siedlungen, die von der Regierung nicht anerkannt und von ehemaligen Kämpfern geschaffen wurden, die sich entschieden haben, die ETCRs zu verlassen, weil sie Zweifel an ihrer Kontinuität hatten, weil es Diskrepanzen gab, weil ihre Sicherheit nicht garantiert werden konnten oder andere Beweggründe. Letztes Jahr gab es rund 90 NARs im gesamten Staatsgebiet und immerhin noch knapp über 20 ETCRs. Personen, die einer ETCR angehören, haben ein geringeres Risiko, angegriffen zu werden, als jene, die individuell leben oder außerhalb von ihnen leben.
Über die Hintergründe der Täter ist oft wenig bekannt und die Sicherheit generell ein großes Problem. Dies macht die Wiedereingliederung schwierig, auch wenn ein Großteil der ehemaligen Kämpfer weiterhin dieses Ziel verfolgt. Immer wieder gibt es auf dem Land von Seiten der Ex-FARC-EP Akte der Versöhnung und Wiedergutmachung. Mit Kunst wurde zuletzt unter anderem in San Adolfo (Acevedo in der Provinz Huila) an die Opfer und die Taten erinnert. Ein Ort, der zwei Mal in den Jahren 1987 und 2001 von der FARC-EP eingenommen. Dazu wurde durch Malereien und Graffiti die Schule gestaltet.
Auch sozioökonomische Projekte der ehemaligen Kämpfer, oft in Kooperation mit der lokalen Bevölkerung, sollen diesem Zweck dienen und allen das Alltagsleben erleichtern. Ende Juni wurde zum Beispiel das Tourismusprojekt Oriente Verde („Grüner Osten“) in der Hauptstadt der Provinz Meta, Villavicecio, präsentiert. Oriente Verde ist ein produktives Gemeindetourismusprojekt in der ETCR Georgina Ortiz im Dorf La Cooperativa in der Gemeinde Vista Hermosa, Meta. Diese Initiative möchte durch eine Reise voller Kunst, Kultur, Abenteuer und Geschichte eine Verbindung des Friedens und der Versöhnung mit der Gemeinschaft und der Umwelt herstellen. Es soll sowohl die Kultur der Guerilla, als auch die Natur kennengelernt werden.