Wir als Solidaritätsnetzwerk Kolumbieninfo sehen, genau wie viele andere Genoss*innen in Kolumbien, die Arbeit und das Auftreten der neugegründeten Partei durchaus kritisch. Vor allem die Führung, ihre fehlende Durchsetzungskraft im Kontext der Umsetzungen der Vereinbarungen und dem fehlenden Kontakt zur Basis, sowie strategische Fehler im Umgang mit nationalen und internationalen sozialen und politischen Bewegungen sowie in der eigenen politischen Ausrichtung sind hier zu nennen. Trotzdem ist die Partei FARC ein Produkt des Willens nach Frieden und im Zuge des in wenigen Tagen stattfindenden Plenums soll es Zeit sein, einen organisatorischen Überblick zu geben.
Mit dem Friedensprozess und der Zehnten Guerilla-Konferenz, dem höchsten Gremium der ehemaligen Guerilla FARC-EP, welche im September 2016 stattfand, entschied sich die Organisation zur Waffenniederlegung und zum Friedensabkommen. Unter dem Kapitel V in den Diskussionsthesen der Organisation, im speziellen unter dem Thesenpunkt 25, wurde als Ziel die offene politische Legalität bestimmt. Mit diesem Thesenpunkt wurde der Weg zu einer politischen Bewegung, zu einer politischen Partei gelegt.
Doch wie steht es jetzt organisatorisch um die neue Partei FARC, die in wenigen Tagen vom 14. bis 16. Dezember 2018 ihre dritte Plenartagung der sogenannten „Räte des Volkes“, also ihrer territorialen Mitgliedsverbände als Partei durchführen wird?
In Übereinstimmung mit den Definitionen des konstituierenden Kongresses wurde mit der ersten Plenartagung des Nationalen Rates des Volkes, dem höchsten Gremium als Partei, am 4. September 2017, die Einrichtung der Kommissionen der Organisation und Arbeit der Massen und der Kommission für Strukturierung der Partei geschaffen. Mit der zweiten Plenartagung vom 31.August bis zum 2. September dieses Jahr wurden Berichte vorgelegt, die einen Zustand darüber geben, wie die Fortschritte und Schwierigkeiten des Aufbaus der Partei verliefen.
Die wichtigsten Errungenschaften wurden bei der Strukturierung der Partei registriert, ohne die Arbeit mit den Massen zu ignorieren. Trotzdem wurde deutlich, wie schwierig sich der Weg in die Legalität gestaltete, denn alte zum Anfang der Partei bestehende Strukturen sind weggebrochen, wie zum Beispiel in der Provinz Huila oder es gibt nur ungenaue Informationen, obwohl augenscheinlich eine politische Arbeit wie in La Guajira stattfindet. Auch ist es bisher nicht gelungen, in wichtigen Provinzhauptstädten wie im Süden in Florencia (Caquetá) oder Mocoa (Putumayo) präsent zu sein, wo die FARC als Guerilla eine gute soziale Basis hatte.
So konnten bisher Räte der Partei in folgenden Provinzen gebildet werden: Antioquia, Chocó, Córdoba, Caldas, Risaralda, Valle del Cauca, Cauca, Cundinamarca, Tolima, Meta, Bolívar, Magdalena, Boyacá, Bogotá, Sucre, Santander, Guaviare und Atlántico. Dies sind insgesamt 18 von 32 Provinzen (Departamentos) plus den Hauptstadtdistrikt. Im Aufbau befinden sich immer noch Parteistrukturen in den Provinzen Nariño, Putumayo, Caquetá, Cesar und Arauca. Ohne Informationen, aber mit Anwesenheit von Parteistrukturen gibt es laut der FARC in La Guajira, Vaupés, Casanare und Vichada.
In den Hauptstädten der Provinzen gibt es Räte in Popayán, Cali, Manizales, Quibdó, Medellín, Santa Marta, Cartagena, Barranquilla, Tunja, Bucaramanga, Neiva, Ibagué, Pereira und Villavicencio. Hauptstädte ohne Rat der Partei sind beispielsweise Sincelejo, Montería, Riohacha, Valledupar, San José, Mocoa und Florencia.
In den lokalen Parteistrukturen, die auf eine Gesamtzahl mit 1.160 beziffert werden, sind insgesamt 10.130 Mitglieder*innen organisiert. Dies ist zumindest ein Anfang, doch die internen Debatten innerhalb der Partei, die beiden Strömungen, die geringen Erfolge bei den letzten Wahlen und die an Zulauf gewinnenden dissidentischen Gruppen, die vor allem wegen des geringen Vertrauens in den Friedensprozess und in die Führung der FARC die Seiten wechseln, zeigen, dass noch viel Arbeit besteht.