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Friedensbotschaft der FARC-EP
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Bezüglich der Nachrichten über die einseitige und humanitäre Freilassung der kriegsgefangenen Soldaten und Polizisten durch die FARC-EP in den letzten Tagen, zeigen sich die Notwendigkeit eines Austauschs der Gefangenen und ein Blick hinter die Kulissen.
Freilassung der beiden Polizisten am Freitag in Cauca durch Guerilleros der FARC-EP
Am vergangenen Freitag wurden durch die FARC-EP die beiden Polizisten Cristian Yate und Víctor González in den Bergen der Gemeinde Miranda im Norden von Cauca an eine humanitäre Kommission übergeben. Beide wurden am 26. Januar zwischen den Gemeinden Pradera und Florida in der Provinz Valle del Cauca gefangen genommen. Zuvor gab es, wie bei anderen unilateralen Freilassungen auch, die Bedingung, dass militärische Operationen für eine befristete Zeit in dem Gebiet der Übergabe zu unterlassen sind. An eine humanitäre Kommission unter Führung des Internationalen Roten Kreuzes und der Organisation Kolumbianer und Kolumbianerinnen für den Frieden werden dann von Seiten der FARC-EP die Koordinaten für den Ort der Freilassung benannt. Wie häufig zuvor wurde die Freilassung auch diesmal von der örtlichen Bevölkerung und einigen Medien begleitet. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, in der die Aufständischen und die Bevölkerung auf Probleme aufmerksam machen und ihre politischen Ziele nach außen tragen können. Am Samstag wurde schließlich der Soldat Josué Álvarez Meneses in den Bergen der Provinz Nariño freigelassen. Er wurde bei Kämpfen der Armee mit der 29. Kampffront der FARC-EP am 30. Januar gefangen genommen. Seit Freitag durften deshalb keine militärischen Operationen mehr in der Region stattfinden.
In den Medien wird mit nicht einer Silbe erwähnt, dass die Freilassungen von den im Kampf festgenommenen Soldaten und Polizisten durch die FARC-EP einen unilateralen Charakter haben, auf Freiwilligkeit beruhen und eine Geste des guten bzw. humanitären Willens sind. Die kolumbianische Oligarchie mit ihren Medien verschweigt dies aus gutem Grund, wird so doch der humanitäre und politische Charakter der FARC-EP vernebelt und das sonst so grauenvolle Bild der Terroristen könnte aufbrechen. Auf der anderen Seite kommt es für die Regierung nicht in Frage, sich mit dem Thema der politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen der sozialen Bewegungen und der Guerilla in den staatlichen Gefängnissen zu befassen, sonst könnte man ja eine Verbesserung ihrer unmenschlichen Situationen oder gar einen humanitären Austausch verlangen. Die Medien verzerren so die Realität und helfen der Oligarchie, ihren Krieg nicht nur mit der Armee, sondern auch in den Gefängnissen zu führen.
Warum die einseitigen Freilassungen ebenfalls nicht in einem politischen und humanitären Kontext erwähnt werden, hängt auch damit zusammen, dass im Falle einer Erwähnung zugleich Druck auf die Regierung aufgebaut werden würde. Während die FARC-EP immer wieder die kriegsgefangenen Soldaten und Polizisten freilässt, wird über die mehr als 9500 politischen Gefangenen, darunter 1000 Guerilleros der FARC-EP, keine Debatte geführt, ob ein Austausch stattfinden könnte. Während sich die freigelassenen Kriegsgefangenen in einem guten gesundheitlichen Zustand befinden, es kommt regelmäßig zu Untersuchungen durch das Internationale Rote Kreuz bei der Freilassung, werden die politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen in den staatlichen Gefängnissen misshandelt und fristen ein unwürdiges Dasein. Selbst Kommissionen, unter anderem des Roten Kreuzes, zur Begutachtung der Lebensumstände in den Gefängnissen werden häufig nicht zugelassen. Anscheinend verdienen die politischen Gefangenen und die politischen Gefangenen des Krieges keine Humanität.
Diese Doppelmoral verdient es näher beleuchtet zu werden. Warum sollen also die einseitigen und humanitären Freilassungen zukünftig fortgesetzt werden, während die mehr als 9.500 politischen Gefangenen (Gewerkschafter, Studenten, Journalisten, Bauern) und politische Gefangene des Krieges, also die Kriegsgefangenen aus den Reihend er Guerilla, ein politischer Status seitens des Staates aberkannt wird? Das Versagen einer Klassifizierung der Gefangenen ist eine Verletzung des internationalen Menschenrechts. Die politische Gefangene leiden unter den gerichtlichen Anordnungen und Verzögerungen ihrer oftmals konstruierten Verfahren. Sie leiden unter den unmenschlichen Haftbedingungen und der systematischen Folter. Ihnen wird die medizinische Versorgung verweigert, besonders kriegsgefangene Aufständische mit Schussverletzungen, die im Kampf festgenommen wurden, werden nicht versorgt, die Wunden verheilen nicht, es kommt zu Amputationen oder zu Todesfällen.
Hinzu kommt eine ethische Frage. Sind bestimmte menschliche Wesen wertvoller als andere? Fast erscheint es so, dass Guerilleros und politische Gefangene von der Regierung anders gesehen und anders behandelt werden. Für die Regierung ist das Leben eines Soldaten oder Polizisten mehr wert als jenes eines Guerilleros oder Gewerkschafters. Die einen stehen im Dienst eines neoliberalen Systems und versuchen die Interessen der Regierung und der Konzerne zu schützen, die anderen kämpfen gegen diese soziale Ungerechtigkeit, gegen die Ausplünderung des Landes und gegen die staatliche Repression. Und hierin zeigt sich auch für die Regierung der politische als auch humane Unterschied. Wenn bei Kämpfen Soldaten ihr Leben verlieren, dann spricht man in den Massenmedien von ermordeten Soldaten, während Guerilleros von Armee und Polizei immer getötet werden. Gefangenengenommene oder getötete Guerilleros werden der Presse vorgeführt und als Trophäen präsentiert.
In der zurückliegenden Zeit gab es über 14 einseitige Freilassungen der FARC-EP. Teilweise wurden Dutzende Soldaten und Polizisten freigelassen. Diese Gesten des guten Willens und humanitären Charakters wurden von der Regierung nie beantwortet. Deshalb rumort es innerhalb der kolumbianischen Linken und der Guerilla, denn diese Ungleichbehandlung ist nicht fair. Gefangengenommene Guerilleros werden kaum wahrgenommen und es tut weh, um ihre Leiden und die ungleiche Bewertung menschlichen Lebens zu wissen. Ein humanitärer Austausch ist die einzig wirklich gerechte und humane Achtung von menschlichen Leben. Auch wenn bei den Freilassungen der Guerilla mittlerweile versucht wird, medial auf Missstände in der kolumbianischen Politik und Gesellschaft hinzuweisen, so kommt die Komponente der Notwendigkeit eines humanitären Austauschs der Gefangenen zu kurz.
Der Tod von Camilo Torres Restrepo stellte im Jahr 1966 einen schweren Schlag für die revolutionäre Bewegung dar. Doch bis heute ist sein Leben und Wirken unvergessen, nicht nur in der klassischen castristischen Guerilla ELN, sondern auch in der gesamten revolutionären Bewegung Kolumbiens.
Sein Leben
Camilo Torres Restrepo wurde am 3. Februar 1929 in Bogotá geboren und stammte aus einer der vornehmsten Familien Kolumbiens. Camilos Vater war Arzt, Professor für Medizin an der Nationaluniversität und einige Zeit ihr Rektor. Zudem war der Vater im diplomatischen Dienst tätig, so zum Beispiel in den 1930er Jahren als Konsul in Berlin. Die Mutter kommt ebenso aus einer angesehenen Familie wie der Vater.
Camilo lebte als Kind einige Jahre in Europa, zurück in Bogotá besuchte er das Colegio Aleman in Bogotá und absolvierte sein Abitur an einer Privatschule. An der Nationaluniversität begann er das Studium der Rechtswissenschaften, brach es jedoch nach einem Semester wieder ab. Stattdessen trat er dem Priesterseminar bei, studierte Theologie und wurde im Jahr 1954 zum Priester geweiht. Er blieb nicht lange in Bogotá, sondern wurde zur Vervollständigung seiner Studien nach Europa geschickt.
An der Katholischen Universität in Löwen (Belgien) studierte er Soziologie und Politikwissenschaft. Seine zahlreichen Reisen und Arbeitsaufenthalte machten ihn mit dem gesellschaftlichen Leben in den europäischen Ländern bekannt. Unter anderem arbeitete er als Seelsorger in Berlin. 1959 kehrte Camilo nach Kolumbien zurück. Erneute an der Nationaluniversität angekommen, wurde er deren Universitätspfarrer und gründete mit anderen Sozialwissenschaftlern, erwähnt sei hier Orlando Fals Borda, die Fakultät für Soziologie, wo er vier Jahre lang Professor war.
In jener Zeit wandte er sich mehr und mehr der Politik zu. Er war Teil des Instituts für gesellschaftliche Agrarreform und versuchte mit der Gründung einer Zeitung und einer Partei, die unterprivilegierte Bevölkerungsmehrheit zu mobilisieren. Die politische Betätigung führte zum Bruch mit der Institution Kirche und er verlor alle seine Ämter. Mit der Partei Frente Unido fand er in der Bevölkerung, besonders in den immer schneller wachsenden Elendsquartieren der großen Städte, großen Anklang. Doch mit der Popularität der Frente Unido wuchs auch die Repression des Staates, die alle Veranstaltungen und ihre Zeitung verbot. Ihn blieb keine andere Möglichkeit, als sich der Guerilla anzuschließen und mit der Waffe für seine Ziele zu kämpfen. Bei einem Gefecht mit der Armee wird er heute vor 47 Jahren getötet.
Camilo verband seine christliche Soziallehre mit der Analyse der sozialen Wirklichkeit in den Ländern des Trikont. Er kam zu dem Entschluss, dass der Kampf um soziale Emanzipation die Befreiung der strukturellen Abhängigkeit sein muss. Der bestehende Zustand eines Systems kann nur durch eine sozialistische Revolution erreicht werden. Er gilt somit als klassischer Befreiungstheologe, der sich in den letzten Jahren seines Lebens jedoch von einer aufklärerischen und reformistischen Art hin zu einer Person entwickelte, die den politischen und sogar bewaffneten Kampf befürwortete, nachdem er die politischen Spielregeln und dessen Fragwürdigkeit durchschaute.
Strategische Aspekte
Doch wir wollen Camilo nicht nur hochloben lassen, sondern auch nur kurz strategische Aspekte seines Wirkens für die Revolution betrachten. Als die Nachricht vom Tod Camilos die Kolumbianer erreichte, machte sich Trauer und Enttäuschung breit. Nicht nur die Anhänger der Guerilla ELN und die Sympathisanten der ehemaligen Frente Unido, auch die Menschen der unteren Bevölkerungsschichten verfielen in eine lähmende Frustration. Die verfestigten Strukturen der Oligarchie konnten nicht einfach besiegt werden, zu groß schien die Macht der Oligarchie und bestehenden Herrschaftsklasse in Kolumbien. Der Tod von Camilo war sinnbildlich das Scheitern des Versuchs, Bevölkerungsschichten für den politischen Kampf zu mobilisieren. Das Charisma seiner Person war für viele Menschen das Symbol eines sich abzeichnenden Erfolges eines politischen Umsturzes. Doch weder mit der Frente Unido, noch mit der Guerilla konnte dieses Ziel erreicht werden. Zu fest war das starre und korrupte System in Kolumbien.
Auch wenn sich die politische Bewegung und alle Guerillagruppen erst nach einiger Zeit sowohl politisch als auch militärisch erholen konnten, so war mit Camilo Torres eine Person entstanden, die Signalwirkungen für den gesamten Kontinent hatte. Camilo als Priester und Christ, Camilo als Revolutionär und politischer Kämpfer, hatte enorme Auswirkungen auf die Bewusstseinsbildung für Christen und die armen Menschen. Camilo verstand, dass die herrschende Klasse ihre Macht nicht abgeben wollte und die mittlere Klasse nur daran interessiert war, mehr an der Macht teilhaben zu wollen, nicht aber um strukturelle Veränderungen herbei zu führen. Es ging hier quasi um die Bewahrung des Status quo, während Camilo erkannte, dass die Beseitigung von Armut, Unterdrückung und die Unwissenheit der Bevölkerungsmehrheit nur mit den betroffenen Schichten zu ermöglichen sei.
Dieser Versuch drückte sich in der Gründung der Einheitsfront Frente Unido aus. Das Bewusstsein der Massen sollte geweckt und vereint werden. Zuerst sollte der Kampf auf demokratische Weise erfolgen, nach dem Erkennen der Ausweglosigkeit radikalisierten sich jedoch seine Ansichten. Die vereinzelten Guerilla-Aktionen führten aber selten zu dem gewünschten Ergebnis, um die Massen zu mobilisieren. Letztendlich dauerte der Kampf von Camilo in der Guerilla nur vier Monate. Seine strategischen Konzepte wurden zwar in den kommenden Jahren mehr und mehr von den christlichen Inhalten bereinigt, doch mit Camilo entstand einer der großen revolutionäre des Jahrhunderts. Viel mehr als seine theoretischen Leistungen blieben die Merkmale seines Charakters in den Köpfen der Bevölkerung haften, die Konsequenz seines Handelns und die Erkenntnis, dass auf demokratischem Weg ein struktureller Wandel nicht vollzogen werden kann.