Mehrere Ereignisse sorgen dafür, dass der zwischen FARC-EP und kolumbianischer Regierung zum Jahreswechsel vereinbarte Waffenstillstand brüchiger wird. Zwar gibt es Meldungen aus vielen Regionen Kolumbiens, in denen klar ein Rückgang von gewalttätigen Vorfällen und auch militärischen Aktionen von beiden Seiten zu erkennen ist, doch immer wieder gibt es auch Ereignisse, die deutlich die Instabilität erkennen lassen.
Zum einen ist es das Militär selbst, so dass über Medien hochrangige Kommandierende äußern, dass sie unzufrieden mit dem Waffenstillstand und der Entscheidung des kolumbianischen Präsidenten Petro sind. Hier zeigt sich deutlich, dass der große Sicherheitsapparat von Armee und Polizei ein Innenleben führt, dass maßgeblich durch die Militärdoktrin der Aufstandsbekämpfung und des Krieges geprägt ist.
So kam es in den letzten Tagen immer wieder zu Vorfällen, die zwar teilweise nicht die Protokolle des Waffenstillstandes brechen, doch aber von Seiten der aufständischen Bewegung FARC-EP als Provokation angesehen werden. Hinzu kommen Konflikte mit dem ELN in Arauca, die vergangene Woche einen Angriff auf ein Lager der FARC-EP ausführten, indem sie dabei den Waffenstillstand ausnutzten, weil die FARC-EP auf offensive Aktionen nicht vorbereitet war.
Am vergangenen Mittwoch, den 11. Januar, wurde von der Front Carlos Patiño ein sich in einem Bus des öffentlichen Personennahverkehrs befindlicher Soldat festgenommen, als er von Popayán nach Pasto unterwegs war. Von dem Kontrollpunkt der Guerilla wurde er in ein Gebiet gebracht, dass unter Kontrolle der FARC-EP steht, nämlich die Gemeinde El Patía. Es gibt ein Video des Soldaten, in dem er sich an die Öffentlichkeit wendet und mit dem sehr wahrscheinlich eine Freilassung stattfinden wird.
Das Kommando der Gemeinsamen Streitkräfte im Süden Kolumbiens gab zudem die Festnahme von weiteren drei Soldaten bekannt. Diese wurden am Sonntag, den 15. Januar, von Einheiten der Front Carlos Patiño festgesetzt, als sie sich in einem Fahrzeug auf einem alternativen Korridor zur Panamericana zwischen den Gemeinden El Tambo und Patía, Provinz Cauca, fortbewegten. Auch hier waren die Soldaten in einem Gebiet unterwegs, dass von der Guerilla kontrolliert wird.
Es ist zwar davon auszugehen, dass sich die Soldaten in keinem Militäreinsatz befanden, wenn auch Spionage kaum nachweisbar ist, doch der Umstand, dass die Panamericana teilweise gesperrt ist und somit alternative Routen notwendig sind, die durch FARC-EP kontrolliertes Gebiet führen, sorgen für diese Umstände. Normalerweise werden Angehörige der staatlichen Sicherheitskräfte in Gebieten der FARC-EP festgenommen, denn in einem im Krieg befindlichen Land gelten sie als Feindeskräfte.
Bei einer Operation, die von der nationalen Polizei auf der Straße von Pasto nach Mojarras durchgeführt wurde, beschlagnahmten diese eine größere Anzahl an Waffen, Munition, Kommunikationsmittel und Uniformen der Guerilla. Bestimmt waren diese für das Westliche Koordinationskommando der FARC-EP. Auch diese Aktion, die zwar keinen Bruch des Protokolls des Waffenstillstandes darstellt, da es keine offensiv gegen die Guerilla gerichtete Aktion war, sorgt für Unruhe bei der FARC-EP.
Gestern wurde bekannt, dass durch die lokale Bevölkerung 30 Soldaten im ländlichen Gebiet der Gemeinde Vista Hermosa in der Provinz Meta festgesetzt wurden. Noch ist nicht genau bekannt, in welchem Einsatz sie sich befanden, doch die Bevölkerung sprach hier von einem Bruch des Waffenstillstandsabkommens. Das Gebiet wird von der FARC-EP kontrolliert. An der Aktion nahmen mehr als 300 Personen aus den Dörfern teil. Neben Militäraktionen gibt es in diesem Gebiet auch aggressive Operationen zur Zerstörung von Koka-Kulturen.