Der Oberkommandierende der FARC-EP, Néstor Gregorio Vera alias Iván Mordisco, gab ein Interview für das kolumbianische Massenmedium Caracol Radio, in dem er unter anderem über seinen angeblichen Tod redete, auf die Regierungen Uribe, Santos und Duque zurückschaute und auf das Projekt vom „totalen Frieden“ vom aktuellen Präsident Gustavo Petro sprach. Dies ist ein Novum, denn bisher vermied es die kolumbianische Medienlandschaft mit einer in alter Ansicht nach kriminellen Person zu sprechen. Das nun der Oberkommandierende der sogenannten dissidentischen FARC-EP interviewt wird, zeugt auch von einer gewissen politischen Anerkennung der Organisation.
In den Interview macht er den ehemaligen Präsidenten Iván Duque und seinen damaligen Verteidigungsminister Diego Molano schuldig, das Land mit Militäroperationen überzogen und in seinem konkreten Fall, das Land mit seiner angeblichen Neutralisierung im vergangenen Juli belogen zu haben. „Duque und Molano haben das Land und die Welt belogen. Ihr Eifer war die ausgesetzte Belohnung“, erklärte er, der nun Präsident Gustavo Petro bat, die 3.000 Millionen Pesos, die für ihn ausgesetzt wurden, in die Sozialhilfe für die Schwächsten zu investieren. Selbst aktuell ist noch unklar, was mit dem Geld passiert ist.
Weiter sprach er über die Gründe, warum er die Entscheidung getroffen hat, sich von der alten im Friedensprozess befindlichen FARC-EP zu trennen und eine neue Guerilla zu gründen. Dabei bekräftigte er, dass diese Organisation immer noch dieselbe ist wie in ihren Anfängen. „Wir sind die gleiche FARC wie 1964“, versicherte der Oberkommandierende. „Die FARC-EP sind ein Volk, das Veränderungen fordert. Deshalb ist es gut, dass die politische Charakterisierung unseres Kampfes berücksichtigt wird, um über Friedensdialoge sprechen zu können“, sagte Mordisco. Damit erfolgt also ein Gegengewicht zur Darstellung der Medien, die die Guerilla als rein kriminelle Gruppe betrachtet.
Aus dem Osten des Landes gibt es ebenfalls eine öffentliche Mitteilung in Form eines Kommuniqués, welches über die Lage und die Kämpfe zwischen FARC-EP und ELN aufklären soll. In dem Kommuniqué des Generalstabs des Östlichen Einheitskommandos wird aber ebenso betont, dass man offen für den Frieden ist. Wir dokumentieren das Kommuniqué:
Kommuniqué an die Öffentlichkeit
Brüderlicher und bolivarianischer Gruß an alle Einwohner der Provinz Arauca, an die sozialen Führer und ihre verschiedenen Organisationen, Verteidiger der Menschenrechte, indigene Gemeinschaften, Bürgermeister, Stadträte und andere lokale Behörden, an die nationale und internationale Gemeinschaft.
Die Leitung des Östlichen Einheitskommandos verdeutlicht dem Volk Araucas und der internationalen Gemeinschaft, dem Hohen Kommissar für Frieden, Danilo Rueda, dass die FARC-EP zu keinem Zeitpunkt der ELN den Krieg erklärt hat, sondern wir das heilige Recht genutzt haben, uns und die Zivilbevölkerung zu verteidigen, und wir haben versucht alle Mittel der bewaffneten Konfrontation zu vermeiden, aber während der Hochkommissar mit dem Zentralkommando der ELN über Frieden in Havanna spricht, entführt die Front Domingo Laín Sáenz Bauern, verdrängt und massakriert sie, wobei wir uns auf die letzten beiden Fälle beziehen. Am 29. September entführten sie in der Ortschaft Las Nubes Herrn José Andrés Parada Parada, Vater mehrerer minderjähriger Kinder, und am 5. Oktober entführten sie Herrn Brayan Yesid Enciso Gutiérrez in Flor Amarillo, Vater von drei minderjährigen Kindern und Unterstützer seine Frau Mutter. Ohne all die Morde zu zählen, die jeden Tag in der Provinz Arauca begangen werden, sind wir das Östliche Einheitskommando, offen für den Dialog, um einen Ausweg aus dem Konflikt zu finden, der dem Volk Araucas nur Elend, Vertreibung und Schmerz hinterlassen hat.
Berge und Savannen des östlichen Kolumbiens
Generalstab des Östlichen Einheitskommandos
6. Oktober 2022