In der letzten Woche gab es auf kolumbianischen Territorium ein Treffen zwischen dem Oberkommandieren der FARC-EP, Zweites Marquetalia, welcher Iván Márquez ist, sowie dem kolumbianischen Hochkommissar für den Frieden für die Regierung unter Gustavo Petro, Danilo Rueda. Bei dem rund zweistündigen Treffen nahm für die FARC-EP auch der Kommandant José Vicente Lesmes, alias Walter Mendoza, teil. Er gilt, ebenso wie Iván Márquez als Ikone der alten FARC-EP. Bei dem Treffen ging es um Vorgespräche zu den Friedensgesprächen, in der unter anderem der Hochkommissar für den Frieden den von der Regierung ausgerufenen „totalen Frieden“ erläuterte. Unter dieser Bezeichnung fasst die Regierung Petro potenzielle Friedensgespräche mit verschiedenen bewaffneten Organisationen zusammen.
Das Treffen ist aus zweierlei Sicht interessant. Zum einen zeigte sich Iván Márquez seit langer Zeit wieder öffentlich und scheint gesund zu sein. Ende Juni dieses Jahr gab es einen Angriff auf Márquez und sein Lager, bei dem über seinen Tod spekuliert wurde. Später verdichteten sich die Hinweise, dass er schwerverletzt überlebt hatte und im Prozess der Genesung sei. Nun wurde klar, dass er bei dem Bombenangriff, die mittels einer mit Plastiksprengstoff gefüllten Tabakschachtel erfolgte, zwei Finger seiner rechten Hand verlor und Wunden an einem Bein davongetragen hatte. Bereits zuvor starben mehrere hochrangige Kommandierende der FARC-EP auf venezolanischem Territorium, darunter alias Jesús Santrich, alias El Paisa und alias Romaña, bei Kommandounternehmen und Angriffen, die nur unter Unterstützung von Geheimdiensten stattgefunden haben können.
Bei dem Treffen soll Iván Márquez noch einmal deutlich gemacht haben, warum er und andere Guerillakämpfer wieder zu den Waffen griffen und das Friedensabkommen verließen. Vor allem verwies er auf juristische Prozesse, die unter falschen Anschuldigungen und mit gekauften zeugen gegen ihn vorbereitet wurden und auch tatsächlich gegen Jesús Santrich geführt worden waren. Zudem gab es militärische Operationen in der Wiedereingliederungszone von Miravalle in der Provinz Caquetá, wo sich Iván Márquez zuletzt befand. Diese juristische und physische Unsicherheit sowie die Nichtumsetzung des Friedensabkommens bewogen ihn schließlich, den bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen. Sie gründeten daraufhin im Sommer 2019 die FARC-EP, Zweites Marquetalia, eine weitere neue Struktur der FARC-EP neben der dissidentischen 1. und 7. Front um Gentil Duarte.
Bereits zuvor gab es am 22. September ein Treffen von Kommandierenden der FARC-EP, Zweites Marquetalia, mit dem Ziel, die Friedenspolitik von Petro zu analysieren. Das Treffen mit dem Namen „Kommandant Oscar Montero (El Paisa)“ in Hommage an den am 5. Dezember 2021 Kommandierenden definierte, dass „die Bedingungen vorhanden sind, um alles für den Frieden zu riskieren“, so die politische Erklärung. Es gehe nun darum, die Details mit der Exekutive zu definieren, um mit den Friedensgesprächen zu beginnen. „Das wird keine leichte Aufgabe, da die kolumbianische extreme Rechte, angeführt vom Uribismo, weiterhin wie ein totes Maultier den Weg des Wandels durchkreuzen wird“ so das Kommuniqué, welches von verschiedenen dem Zweiten Marquetalia alliierten Strukturen wie den Bolivarischen Grenzkommandos unterzeichnet ist.