Während Kolumbien in der Öffentlichkeit den 5. Jahrestag des Friedensabkommens feiert, wird im ländlichen Gebiet La Macarena einmal mehr deutlich, wie fragil der Frieden ist. Während Politiker und Prominente den Frieden loben, griffen am 18. November bewaffnete Gruppen das kollektive Sicherheitssystem der Friedensunterzeichner in einem Dorf in dem Gebiet von La Macarena an und setzten es in Brand. Dort befindet sich eine ehemalige Wiedereingliederungszone für ehemalige Guerilleros der FARC-EP, die seit ihrem Bestehen der Gefahr von sich wieder bewaffneten Gruppen der FARC ausgesetzt sind. Das Gebiet La Macarena, im Dreieck der Provinzen Caquetá, Meta und Guaviare gelegen, ist seit jeher eine Bastion der aufständischen Bewegung. Sie ist derzeit das Epizentrum des sogenannten südöstlichen Blocks um Gentil Duarte Iván Mordisco. Sie sind hier unter anderem mit der 1., der 7. und der 16. Front aktiv. Unter ihrem Kommando steht auch die Front Kommandant Jorge Briceño, ein Zusammenschluss aus Personen der alten Fronten 7, 40 und 62, die ihr Aktionsgebiet in La Macarena hat.
Der Zulauf in diese in den Medien als dissidentische Gruppen der FARC bezeichneten Strukturen kommt aber nicht von ungefähr, sondern hat mit dem fehlenden Vertrauen in den Staat, mit der Sicherheitslage und der Nichterfüllung des Abkommens zu tun. Es ist also eine Spirale in einem komplexen Konflikt. Von der neuen aufständischen FARC-EP werden die Friedensunterzeichner nicht mehr als Gesinnungsgenossen, sondern als Verräter und Kollaborateure angesehen. So kam es zu der Situation wie im Yarí, also dem Gebiet im südlichen La Macarena. Die sich verschlechternde Sicherheitslage der Bevölkerung, die Tatsache des Angriffs und der Druck der bewaffneten Gruppen haben nun dafür gesorgt, dass sich über 100 Familien, darunter viele Kinder, zu einer kollektiven Zwangsumsiedlung in die Gemeinde El Doncello in Caquetá gezwungen sahen. Damit steht die Existenz der Wiedereingliederungszone Urías Rondón auf dem Spiel, aus der die Vertriebenen kamen.
Daraufhin kam es in der Kleinstadt El Doncello zu einem Treffen mit mehreren Institutionen, darunter Führungspersonen aus der Wiedereingliederungszone, der staatlichen Behörde für die Wiedereingliederung, Mitgliedern aus dem Rat für Wiedereingliederung der Partei Comunes, Mitgliedern aus dem Stadtrat von El Doncello und auch Personen der Zweiten Mission der Vereinten Nationen (UN). Dort wurde auf diese Notsituation eingegangen und die Notwendigkeit zur Umsetzung eines sofortigen humanitären Plans für die Umsiedlung der Gemeinschaft gefordert. Bei dem Treffen wurde deutlich, dass die Schwierigkeit in der nahezu kaum geschehenen Umsetzung des Friedensabkommens hinsichtlich der Sicherheitsmaßnahmen liegt, die die Integrität und das Leben der Friedensunterzeichner garantieren sollen. Deutlich wurde, dass es zwar eine übermäßige Militarisierung der Region gibt, diese aber die Sicherheitsprobleme für die Gemeinden und für die Friedensunterzeichner erhöht, weil Benzin ins Feuer gegossen wird und sich die Spirale der Gewalt dadurch nur erhöht.
Immer wieder wird klargemacht, dass eine Militarisierung der ländlichen Region nicht gleich Sicherheit bedeutet, sondern vor allem Repression, Einschüchterung und Stigmatisierung. Häufig führt es dazu, dass sich Personen der aufständischen Bewegung anschließen, die staatlichen Sicherheitskräfte als Okkupationsarmee angesehen wird. Tatsächlich sorgen erzwungene Zerstörungen von illegalen Kulturen wie Koka nicht zur Problemlösung, sondern schaffen neue. Es liegt in der effektiven Umsetzung des endgültigen Friedensabkommens mit alternativen Agrarprogrammen, der Zuteilung von Landbesitz und dem Fördern einer Infrastruktur für die Regionen, um den Konflikt zu minimieren und den Bauern zu helfen. Würde das Friedensabkommen richtig umgesetzt und die Punkte erfüllt werden, dann wäre dem Frieden wesentlich mehr geholfen, als in permanenten Militäroperationen, die hier die einzige staatliche Intervention darstellen.