Das Jahr 2020 fängt für die ehemaligen Mitglieder der Guerilla FARC-EP so an, wie es endete. Die Morde an ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfern reißen nicht ab. Am gestrigen Donnerstag meldete nun die Partei FARC den ersten Mord im Jahr 2020. Das erste Opfer im neuen Jahr war der 41-jährige Benjamin Banguera Rosales, der mit zwei Schüssen in der Gemeinde Guapi in der Provinz Cauca ermordet wurde. Erst am Jahresende haben die Vereinen Nationen, die mit einer Mission in Kolumbien sind, vor der Gewalt gewarnt. Die Überprüfungsmission übermittelt dabei vierteljährlich einen Bericht über die Umsetzungen des Friedensabkommens.
In dem Dokument wurde Besorgnis über die Ermordung ehemaliger Kämpferinne und Kämpfer sowie die Gewalt gegen schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen geäußert. Besonders trifft dies Regionen, wo der Staat nur mit wenigen Strukturen verankert ist. Die Gewalt konzentriert sich vor allem auf die ländlichen Gebiete der Provinzen Cauca, Nariño, Antioquia, Caquetá und Norte de Santander, in denen Faktoren wie die schwache Präsenz des Staates, illegale Wirtschaft und Armut zusammentreffen. Das Jahr 2019 war mit 77 Morden das gewalttätigste Jahr seit Unterzeichnung des Friedensabkommens an ehemaligen FARC-Mitgliedern, verglichen mit 65 im Jahr 2018 und 31 im Jahr 2017.
Die mangelnde Umsetzung des Friedensabkommens seitens der Regierung und die bedrohliche Situation für ehemalige Guerillakämpferinnen und –kämpfer sorgt für ein gestiegenes Maß an Unzufriedenheit und Misstrauen in der ehemaligen Guerilla. Auch innerhalb der Partei FARC sorgn die aktuelle Situation und das Agieren der Führungsebene für Unzufriedenheit. Im letzten Jahr gab es mehrere Treffen von Mitgliedern, die sich nicht mehr von der FARC-Partei vertreten sehen, aber ihren Prozess der Widereingliederung fortsetzen möchten. Diese Initiative kommt vor allem von ehemaligen Führungspersonen aus dem Südblock der FARC.
Zudem hat durch das öffentliche Bekenntnis von Iván Márquez, Jesús Santrich und anderen ehemaligen Kommandierenden der FARC-EP zur Wiederaufnahme der Waffen für eine neue Dynamik in den sogenannten dissidentischen Gruppen gesorgt. Auch sie berufen sich auf den Wortbruch der Regierung zum Friedensvertrag und der gefährlichen Situation der ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfer, denen sie ausgesetzt sind. Derzeit findet ein Kommunikationsprozess zwischen den verschiedenen Strukturen statt, um Kräfte zu bündeln und zu vereinen.