Die südkolumbianische Provinz Caquetá ist eine der Regionen Kolumbiens, die am schwersten vom bewaffneten und sozialen Konflikt betroffen sind und die wiederum dadurch eine wichtige Funktion mit Symbolwirkung in der Friedensbildung einnehmen könnte. Hier gibt es exemplarische positive und negative Beispiele des Konfliktes und in der Friedensbildung, bzw. in der Umsetzung des Friedensabkommens, die nun kurz umrissen werden sollen.
Caquetá ist wie ein Spiegel, denn auf andere Regionen Kolumbiens treffen die nun beschriebenen Verhältnisse ähnlich zu. Im Caquetá gibt es mehrere Wiedereingliederungszonen der ehemaligen Guerilla FARC-EP, aber auch dissidentische Gruppen der Post-FARC, die in einigen Gebieten wieder die politisch-militärische Hoheit erringen. Die Probleme in den Umsetzungen des in Havanna Vereinbarten treffen auf Caquetá besonders zu. Bisher gibt es kaum Investitionen in die soziale und ländliche Infrastruktur, der Staat ist vor allem militärisch, also repressiv, präsent und grundlegende Veränderung für die Friedensbildung, wie in der Substitution von illegalen Drogenpflanzen und dem Anbieten von Alternativen gibt es kaum Fortschritte.
Doch zuerst zum Positiven: In der territorialen Ausbildungs- und Wiedereingliederungszone (ETCR) von Miravalle im Nordwesten des Gemeindebezirkes von San Vicente del Caguán gründeten fünf FARC-Mitglieder, die sich im Prozess der Wiedereingliederung befinden und drei Mitglieder der Gemeinde, darunter eine Frau, ein Abenteuertourismus-Projekt, das Rafting-Touren durch den Fluss Pato anbietet. Diese Region ist ein Symbol für die Geschichte des bewaffneten Konflikts in Kolumbien, den El Pato, wie die Region nach dem Fluss heißt, war eine der Epizentren des Konfliktes seit den 1960er Jahren, eine der sogenannten unabhängigen kommunistischen Republiken und permanenter Rückzugsraum für die FARC-EP. Mehrere große Bombardierungen erlebte diese Region, doch Guerilla und Bevölkerung waren für ihren Widerstand und ihre Organisierung bekannt.
Unterstützung erhielt das Abenteuertourismus-Projekt von internationaler Seite, so von einer Organisation aus Costa Rica, die alle Teilnehmenden schulten. Mittlerweile sind sie von der International Rafting Federation (FIR) als Rafting-Guides zertifiziert und bieten ihr Tourismusprojekt auch öffentlich an. Ebenso erhielt das Projekt Unterstützung vom Ministerium für Handel, Industrie und Tourismus, der Nationalen Agentur für Wiedereingliederung und Normalisierung oder auch der UN-Verifizierungsmission in Kolumbien. In Anerkennung ihrer Bemühungen lud die Internationale Rafting Federation (FIR) das Rafting-Team von Miravalle zu den Rafting-Weltmeisterschaften 2019 in Tully, Australien, ein. Dies wird eine Gelegenheit für die Beteiligten sein, andere Teams zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und ihre Geschichte zu teilen.
Caquetá ist aber auch bekannt als eine der Regionen, in der seit den 1980er Jahren massiv Koka angebaut wurde, was die FARC-EP später besteuerte und reglementierte. Koka war oftmals die einzige Einnahmequelle für die Bauern in den ärmlichen und entlegenen Regionen und umso größer war das Interesse, dieses Problem im Friedensabkommen verankern zu können und mit den lokalen Gemeinschaften zu bearbeiten. Dazu sollte es ein großflächiges Programm der freiwilligen Substitution der illegalen Pflanzen geben, mit gleichzeitiger Entschädigung für die Bauern und Investitionen in die Landwirtschaft. Nun gab es wieder Proteste der ehemaligen Koka-Bauern, unter anderem in San José del Fragua, um gegen die Versäumnisse zu protestieren, die der Regierung mit dem nationalen Programm zur Substitution, PNIS, angelastet werden.
Ihr Protest richtet sich gegen die fehlenden Entschädigungszahlungen, gegen die Repression von Armee und Polizei und vor allem auch gegen die neue Debatte zum Einsetzen von Glyphosat zum Besprühen von Landwirtschaftsflächen. Von den 34.767 Hektar, die von den Bauern freiwillig zerstört, ersetzt und von unabhängigen Organisationen bestätigt wurden, sind 29.393 Hektar von der UNODC mit einer Einhaltung von 94 Prozent überprüft worden. Von diesen 29.393 Hektar überprüften Anbauflächen befinden sich 17.311, fast 60 Prozent, in Putumayo, Caquetá, Meta und Guaviare im Süden des Landes. Hier haben sich also viele Bauern an die freiwillige Substitution gehalten. Auch wenn die Neuanpflanzungen im Süden Kolumbiens noch nicht ein hohes Maß erreicht haben, so zeigt die Problematik, dass die Regierung hier effektiv handeln könnte, um zur Befriedung beizutragen und nur das Umsetzen muss, was schließlich auch vereinbart wurde. Wenn nicht, dann müssen die Bauern wieder Koka zur Lebenssicherung anbauen und öffnet dies bewaffneten Gruppen die Türen.
Und auch der Krieg im Caquetá geht weiter. So bestätigten die Behörden den Tod von José Nencer Salgado Aragón, bekannt auch als „Chamo“, ein Anführer der FARC-Dissidenten im Caquetá. Er soll bei einer Militäroperation mit sieben Mitgliedern seiner Gruppe getötet worden sein. Alias „Chamo“ war der Nachfolger seines Bruders „Rodrigo Cadete“ und in der Region Caquetá aktiv. Die Militäroperation, zuerst ein Luftangriff der Armee mit anschließender Bodenoffensive, fand bei dem Dorf Mandalay, im Gemeindebezirk von San Vicente del Caguán, statt.